Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückwirkende Änderung der Arbeitszeit durch TV
Leitsatz (amtlich)
Auf Grund der tariflichen Regelungen des TV-Ärzte-KF ist der Arbeitgeber nicht berechtigt, das Gehalt des Arztes anteilsmäßig um den Betrag zu kürzen, welcher der Arbeitszeit entspricht, die der Arzt infolge der tariflich rückwirkend erhöhten Arbeitszeit in der Vergangenheit nicht gleistet hat; der Arbeitgeber ist allein berechtigt, im tariflichen Ausgleichszeitraum die nicht gleistete Arbeitszeit nachzufordern.
Normenkette
TV-Ärzte-KF
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Teilurteil vom 27.05.2009; Aktenzeichen 4 Ca 2767/08) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Teilurteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 27.05.09 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einbehaltenes Februarentgelt.
Der Kläger ist seit Mai 1994 bei der Beklagten als Oberarzt in der Anästhesie im Herzzentrum L.-X.-Krankenhaus tätig.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Bundesangestelltentarifvertrag für die Angestellten im Bereich der evangelischen Kirche im Rheinland (BAT-KF) aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung Anwendung. Durch Beschluss der arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22.10.2007 wurde der BAT-KF mit Wirkung vom 1.7.2007 durch den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF) ersetzt. Der TV-Ärzte-KF wurde am 15.1.2008 im kirchlichen Amtsblatt verkündet.
Die Beklagte leistete gegenüber dem Kläger im November 2007 die im BAT-KF vorgesehene Sonderzahlung.
Gemäß § 19 des TV-Ärzte-KF wird bis zum 31.12.2009 eine Jahressonderzahlung nicht gewährt.
Mit der Gehaltsmitteilung für Februar 2008 hielt die Beklagte vom Februarentgelt die geleistete Zuwendung von Euro 4.900,11 brutto ein.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Euro 4.900,11 brutto zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat unter Bezugnahme auf die den Parteien bekannte Entscheidung der ersten Kammer des Arbeitsgerichtes in dem Verfahren 1 Ca 1992/08 – die Klage abgewiesen und hierbei tragend darauf abgestellt, dass die Kürzung von Gratifikationen nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zulässig gewesen ist. Insbesondere könne auch nicht von einer Regelungslücke hinsichtlich der Jahressonderzahlung 2007 in Form einer unterbliebenen anteiligen Auszahlung, beispielsweise einer hälftigen Jahressonderzahlung für das erste Halbjahr 2007 ausgegangen werden, weil die Regelung des TV-Ärzte-KF eindeutig eine vorübergehende Regelung hinsichtlich der Jahressonderzahlung der Ärzte, nämlich den Entfall bis zum 31.12.2009 ausdrücklich festgeschrieben habe.
Wegen der weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichtes verwiesen.
Mit der zulässigen Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klageziel unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter.
Er weist insbesondere darauf hin, dass im Streitfall entgegen der seitens des Arbeitsgerichtes vertretenen Auffassung die tarifliche Regelung nicht als angemessen und billig habe angesehen werden können. Im Unterschied zu der Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 19.02.2003 – 4 AZR 12/02 – sei es vorliegend nicht darum gegangen, durch den Wegfall der Jahressonderzahlung freiwerden Finanzmittel zu erhalten, um hierdurch betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.
Hinzu komme, dass die Gewährung der Zuwendung zumindest habe anteilig erfolgen müssen, weil sie bis zum Inkrafttreten der neuen Arbeitsrechtsregelung „verdient” worden sei.
Er beantragt,
das Teilurteil des Arbeitsgericht Duisburg vom 27.05.2009 – 4 Ca 2767/08 – abzuändern und nach dem Antrag erster Instanz zu erkennen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil erster Instanz und weist insbesondere darauf hin, dass angesichts erfolgten Kompensation insbesondere in Form einer höheren Grundvergütung nicht von einer unbilligen Regelung gesprochen werden könne. Auch bestehe kein Anspruch auf eine anteilige Jahressondervergütung angesichts des insoweit eindeutigen tariflichen Wortlautes.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.
I.
Das Arbeitsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die ausdrücklich Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen.
II.
Ergänzend hierzu und zu den Einwänden der Berufung ist festzustellen:
1. Die Kammer lässt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes im Streitfall dahinstehen (vgl. dazu BAG vom 19.02.2003 – 4 AZR 11/02 –), ob die inhaltliche Kontrolle von kirchlichen Arbeitsrechtsregelungen durch staatliche Gerichte als eine – eingeschränkte – Billigkeitskontrolle nach §§ 317, 319 BGB vorzunehmen ist oder ob es sich – wie bei Tarifverträgen – auf eine Rechtskontrolle zu beschränken hat. Denn die hier vorgenommene Str...