Revision
Entscheidungsstichwort (Thema)
Reichweite der Unterrichtungspflicht gemäß § 613 a V BGB
Leitsatz (amtlich)
1. Gemäß § 613 a Abs.5 Nr. 3 BGB ist nur über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsüberganges zu unterrichten. Über einen zwischen dem Betriebsrat und dem Betriebsveräußerer abgeschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan, der Abfindungsregelungen für die Arbeitnehmer vorsieht, denen aufgrund ihres Widerspruches gegen den Betriebsübergang aus betriebsbedingten Gründen gekündigt wird, ist nicht gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB zu unterrichten, da es sich insoweit nicht um die Folgen des Betriebsüberganges sondern um die Folgen des Nichtüberganges handelt.
2. Der Inhalt der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB bestimmt sich nach dem Kenntnisstand des Veräußerers und Erwerbers zum Zeitpunkt der Unterrichtung. § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB beinhaltet keine nachträgliche Unterrichtungspflicht für den Fall, dass der mitzuteilende Sachverhalt sich nach der Unterrichtung verändert hat.
3. Eine gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 4 „in Aussicht genommene” Maßnahme setzt neben einer objektiven Konkretisierung eine hinreichend verfestigte subjektive Absicht voraus, auf die gegebenenfalls aus objektiven Indizien geschlossen werden kann.
Normenkette
BGB § 613a Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 09.11.2004; Aktenzeichen 7 Ca 3503/04) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichtes Wuppertal vom09.11.2004 7 Ca 3503/04 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin rechtzeitig einem Betriebsübergang gemäß § 613a Abs. 6 BGB widersprochen hat und das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als Betriebsveräußerin fortbesteht.
Die Klägerin war seit dem 01.04.1980 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin im Bereich der Küche beschäftigt. Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus mit mehr als 1400 Arbeitnehmern. In dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Klägerin, die Mitglied der Gewerkschaft ver.di ist, befindet sich hinsichtlich der anzuwendenden Tarifverträge in § 1 u. a. folgende Regelung:
„Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G II) vom 31.01.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge – insbesondere der Anlage 9 zum BMT-G II und des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G/NRW) – in ihrer jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung.”
Hinsichtlich des weiteren Wortlautes des Arbeitsvertrages wird auf Bl. 88 ff. d. A. Bezug genommen. Das Krankenhaus wurde im Jahre 1997 durch die Beklagte von der Stadt S. übernommen. Aus diesem Anlass ist unter dem 25.06.1997 eine freiwillige Betriebsvereinbarung zur Garantie der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit dem Sanierungskonzept für die Kliniken S. GmbH nebst Anlage 1 abgeschlossen worden. Die § 5 und 6 der Betriebsvereinbarung haben folgenden Wortlaut:
„§ 5
Die Klinikum S. GmbH garantiert den unter § 4 der Betriebsvereinbarung genannten Beschäftigten auf Dauer die Beschäftigungsbedingungen des öffentlichen Dienstes (unwiderrufliche Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband [KAV]), Anwendung des BAT/BZT-A und BMT-G/BZT-G, Versicherung der Beschäftigten in der Rheinischen Zusatzversorgungskasse (RZVK).
§ 6
Die Klinikum S. GmbH verpflichtet sich, grundsätzlich keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen und die verschiedenen Beschäftigungsgruppen gleich zu behandeln.”
In § 7 der Betriebsvereinbarung sind besondere Voraussetzungen dafür geregelt, dass ausnahmsweise abweichend von § 6 im Einzelfall doch eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden kann. In § 8 der Betriebsvereinbarung wird auf die Anlage 1 und die dort festgelegte Abfindungsregelung Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Wortlautes der Betriebsvereinbarung vom 25.06.1997 nebst Anlage wird auf Bl. 83 ff. d. A. verwiesen.
Mit Schreiben vom 07.05.2004 hat die Beklagte sich an die Klägerin gewandt und mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, den Bereich der Speisenversorgung auf die H. Krankenhaus Service GmbH (H.KS) zum 01.02.2004 zu übertragen. Das Schreiben vom 07.05.2004 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
„Geplanter Übertragungsstichtag ist der 01.07.2004. Ihre vertraglichen Ansprüche werden in ihrem derzeitigen Bestand nach Maßgabe des § 613 a BGB überführt.
Bei der H.KS sollen allerdings die Tarifverträge NGG gelten. Diese sollen die bisherigen tariflichen Regelungen ablösen. Der Tarifvertrag wird Ihnen in geeigneter Form zugänglich gemacht und kann beim Personalmanagement des R.KR jederzeit eingesehen werden.
Die H.KS bietet Ihnen neue Arbeitsverträge entsprechend den NGG-Tarifen NRW an, aus denen Sie Ihre zukünftigen Rechte entnehmen können. Bis zum 30.06.2005 ändert si...