Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflösungsvereinbarung. Sozialplanabfindungsanspruch bei Tod des Arbeitnehmers vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt des Arbeitsvertrages
Leitsatz (amtlich)
Wird die im Aufhebungsvertrag vorgesehene Abfindungszahlung an das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag aus betrieblichen Gründen zum vereinbarten Zeitpunkt als Gegenleistung geknüpft, so wird die Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers hinfällig, wenn der Arbeitnehmer vor diesem Zeitpunkt verstirbt.
Verfahrensgang
ArbG Duisburg (Urteil vom 20.07.1995; Aktenzeichen 4 Ca 1417/95) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 20. Juli 1995 – 4 Ca 1417/95 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung zu einer Abfindungszahlung an die Ehefrau des verstorbenen Arbeitnehmers der Beklagten aufgrund eines mit diesem abgeschlossenen Aufhebungsvertrages.
Der Ehemann der Klägerin (Arbeitnehmer) war seit dem 15.05.1970 bei der Beklagten beschäftigt. Er ist am 06.10.1994 verstorben.
Am 26.10.1993 schloß die Beklagte mit ihrem Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, der die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.1995 und Abfindungszahlungen auf der Grundlage des Sozialplanes der Beklagten vom 28.02.1992 aufgrund einer vorläufigen Berechnung in Höhe von 57.316,12 DM vorsah.
Mit Schreiben vom 26.10.1993 bestätigte die Beklagte ihrem Arbeitnehmer die getroffene Aufhebungsvereinbarung im wesentlichen wie folgt:
„Aufhebungsvertrag
Sehr geehrter Herr B.
die gegenwärtige wirtschaftliche Lage der deutschen Eisen- und Stahlindustrie macht es auch für die T. AG notwendig, die Belegschaft der eingeschränkten Beschäftigungsmöglichkeit anzupassen.
Unter Berücksichtigung dieser Entwicklung werden wir, wie am 26. Oktober 1993 vereinbart, das mit Ihnen bestehende Anstellungsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen und mit Zustimmung des Betriebsrates zum 30. Juni 1995 beenden.
Im Bemühen, soziale Härten zu vermeiden, die sich aus diesem Aufhebungsvertrag ergeben können, gewähren wir Ihnen auf Grundlage unseres Sozialplanes vom 28.02.1992 folgende materielle Leistungen:
- Abfindungszahlung für die Zeit der Arbeitslosigkeit
- Pauschalzahlung
- Anteilige Jahresabschlußvergütung
Es wird darauf hingewiesen, daß ein Anspruch (auch anteilig) auf die betriebliche Sonderzahlung (Ablösung der Sozialzulagen) nicht besteht.
Die beiden möglichen Zahlungsweisen der unternehmerseitigen Leistungen haben wir Ihnen im einzelnen bereits mündlich näher erläutert. In diesem Zusammenhang haben Sie sich für eine Einmalzahlung entschieden.
Der Erhalt der vorgenannten Sozialplanleistungen setzt voraus, daß Sie sich spätestens am ersten Tag nach Ausscheiden beim zuständigen Arbeitsamt arbeitslos melden und einen Antrag auf Leistungen (Arbeitslosenunterstützung und ggf. MUV-Beihilfen etc.) stellen; neben der Arbeitslosenunterstützung bestehende Ansprüche treten Sie bis zur Höhe der unternehmerseitigen Leistungen an das Unternehmen ab. Die Bescheide über die Gewährung von Leistungen des Arbeitsamtes etc. sind der zuständigen Personalabteilung unverzüglich vorzulegen.
Der genaue Betrag unserer Leistungen kann erst nach Vorlage der vorgenannten Bescheide errechnet werden und ist anschließend aus Ihrer Entgeltabrechnung ersichtlich.
In Ergänzung zum Sozialplan gelten für Werksrentenansprüche im übrigen die Bestimmungen der Pensionsordnung. Als anrechnungsfähige Dienstzeiten gelten demnach die tatsächlich erreichten Dienstjahre bzw. die Jahre, die bis zum 60. Lebensjahr erreicht worden wären.
Weitere Einzelheiten entnehmen Sie bitte den Regelungen unseres Sozialplans, der Ihnen ausgehändigt worden ist.
…”
Wegen der Regelungen des Sozialplans vom 28.02.1992 wird auf dessen Wortlaut, ersichtlich aus Blatt 10 bis 12 der Akte Bezug genommen. Wegen der vorläufigen Berechnung der Sozialplanleistungen an den verstorbenen Arbeitnehmer wird auf Blatt 7 der Akte verwiesen.
Die Beklagte verweigert eine Zahlung der Sozialplanleistungen an die Klägerin, weil deren Ehemann nicht gemäß dem Aufhebungsvertrag aus betriebsbedingten Gründen zum 30.06.1995 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei und machte zudem die verspätete Geltendmachung dieser Ansprüche nach den tariflichen Verfallfristen des § 22 des MTV für die Eisen- und Stahlindustrie geltend.
Die am 27.04.1995 beim Arbeitsgericht Duisburg eingereichte Zahlungsklage mit dem Antrag:
Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 56.316,12 DM sozialabgabefrei und hinsichtlich eines 24.000,– DM übersteigenden Betrages nur mit dem halben Einkommenssteuersatz belastet, nebst 6 % Zinsen p.a. aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab dem 01.07.1995 zu zahlen,
hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 20.07.1995 – 4 Ca 1417/95 – im wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, da der Arbeitnehmer vor dem vorgesehen Ausscheidensdatum durch Tod und nicht aus betrieblichen Gründen zu...