Entscheidungsstichwort (Thema)
Benachteiligung. Teilzeitkraft. kirchliche Einrichtung
Leitsatz (amtlich)
Die Herabsetzung der Vergütung für Teilzeitkräfte im Bereich der AVR-Caritas verstößt gegen das Benachteiligungsverbot des § 4 TzBfG und ist nichtig, § 134 BGB.
Normenkette
TzBfG § 4; AVR Caritas
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 25.08.2010; Aktenzeichen 4 Ca 3317/10) |
Tenor
1) Die Berufung des beklagten Vereins gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.08.2010 – 4 Ca 3317/10 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2) Die Revision wird für den beklagten Verein zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über Zahlungsansprüche der Klägerin aus Gleichbehandlungsgrundsätzen.
Die am 07.12.1949 geborene Klägerin ist auf der Grundlage eines Anstellungsvertrags vom 25.08.2008 seit dem 28.08.2008 bei dem Beklagten als „Betreuerin” im Projekt „Schule 13 plus” beschäftigt. Seit Februar 2009 ist sie in der L. Hauptschule J. straße als Nachmittagsbetreuung für den pädagogischen Mittagstisch und die Hausaufgabenbetreuung tätig. Die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin betrug zuletzt 7,3 Stunden. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden im Übrigen kraft vertraglicher Bezugnahme die Arbeitsvertragsrichtlinien der D. (im Folgenden AVR genannt) Anwendung.
Gemäß § II a der Anlage 1 zu den AVR erhalten teilzeitbeschäftigte Mitarbeiter von den Dienstbezügen, die für entsprechende Vollzeitbeschäftigte festgelegt sind, den Teil, der dem Maß der mit ihnen vereinbarten durchschnittlichen Arbeitszeit entspricht. Für geringfügig Beschäftigte galt bis zum 31.10.2009 die Anlage 18 zur AVR, die zum genannten Zeitpunkt außer Kraft gesetzt wurde. Der Erzbischof des Erzbistums L. verfügte stattdessen mit Dekret vom 23.10.2009, dass als Ersatz für die Anlage 18 zur AVR der § II a der Anlage 1 zu den AVR um besondere Regelungen für geringfügig Beschäftigte ergänzt werden sollte. Hiernach erhält die Klägerin nicht die anteilige Bruttovergütung entsprechend der Vergütungstabelle zu den AVR, sondern eine aus einem pauschalierten Nettobetrag einer Vollzeitkraft anteilig unter Einbeziehung eines Zuschlags von 10 % ermittelte Vergütung. Wegen der Einzelheiten des Dekrets des Erzbischofs wird auf Blatt 64 der Akten verwiesen.
Mit ihrer am 17.05.2010 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Klage hat die Klägerin neben einer Forderung nach Höhergruppierung einen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher monatlicher Vergütung geltend gemacht.
Sie hat die Auffassung vertreten, dass die durch das erzbischöfliche Dekret vom 23.10.2009 veranlasste Absenkung ihrer Vergütung gegen den Gleichheitssatz des § 4 Abs. 1 TzBfG verstieße. Die Klägerin hat weiter gemeint, dass auch keine sachlichen Gründe vorlägen, die eine Schlechterstellung der geringfügig Teilzeitbeschäftigten rechtfertigten. Jedenfalls erweise sich die einseitige Leistungsbestimmung durch das Dekret des Erzbischofs als grob unbillig im Sinne des § 319 BGB und könne deshalb keine Rechtswirkungen entfalten.
Die Klägerin hat unter Hinweis und Bezugnahme auf die ihr übermittelten Gehaltsabrechnungen einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 229,71 EUR errechnet (vgl. hierzu Bl. 81 f. d. A.) und beantragt,
- festzustellen, dass sie von dem Beklagten nach Vergütungsgruppe 9a Stufe 5 AVR-D. mit Wirkung zum 1.1.2010 zu vergüten ist,
- den Beklagten zu verurteilen, an sie 229,71 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die Klägerin schon deshalb keinen Anspruch auf Zahlung einer höheren Vergütung besitze, weil das bischöfliche Dekret vom 23.10.2009 wirksam wäre. Es sei vom Leistungsbestimmungsrecht des Bischofs gemäß § 15 Abs. 7 der Ordnung der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen D.verband i. V. m §§ 317, 319 BGB gedeckt. Eine Bezahlung der geringfügig Beschäftigten auf Basis der Bruttovergütung führe für diese Mitarbeiter aufgrund der pauschalen Abführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen zu höheren Kosten als für versicherungspflichtig Beschäftigte, was einen hinreichenden Sachgrund darstelle. Die durch das Dekret erzielte Nettolohngleichheit trage mithin dem Gleichbehandlungsgebot des § 4 Abs. 1 TzBfG ausreichend Rechnung.
Mit Urteil vom 25.08.2010 hat die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf – 4 Ca 3317/10 – die Klage hinsichtlich der begehrten Höhergruppierung abgewiesen und im Übrigen dem Klagebegehren entsprochen. In den Entscheidungsgründen, auf die Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht einen Anspruch der Klägerin aus Gleichbehandlungsgrundsätzen bejaht und eine ungerechtfertigte Schlechterstellung der Klägerin als geringfügig beschäftigte Teilzeitkraft angenommen. Sachliche Gründe, so das Arbeitsgericht weiter, stünden dem beklagten Verein nicht zur Seite. Insbesondere könne er sich nicht auf höhere Abgabenlasten bei der Beschäftigun...