Entscheidungsstichwort (Thema)

Clausula benevolentiae

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Rahmen des § 109 GewO sind wechselseitig kleinere, ephemere Unvollkommenheiten hinzunehmen (Fortführung der Bezirksrechtsprechung seit ArbG Düsseldorf NZA 1985, 812 = NJW 1986, 1281). Dementsprechend hat der Arbeitgeber, dem gesetzlich die wohlwollende Betrachtung des Gesamtbildes angesonnen wird, das Arbeitsverhältnis bzw. das Arbeitszeugnis nach guter Leistung und Führung mit dem Dank an den Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit und guten Wünschen für den weiteren Berufsweg ausklingen zu lassen.

2. Es bleibt unentschieden, ob es der effizienten Ausübung des Rechts auf Elternzeit (Art. 33 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegensteht, wenn der Arbeitgeber das Zeugnis ohne höfliche Schlussformel mit dem Satz abschließt, dass die Arbeitnehmerin „nach ihrer dreijährigen Elternzeit im beiderseitigen Einvernehmen aus dem Unternehmen ausscheide”.

 

Normenkette

GewO § 109

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 08.06.2010; Aktenzeichen 7 Ca 1575/10)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.06.2010 teilweise abgeändert und die Beklagte verurteilt, das Schlusszeugnis der Klägerin vom 31.05.2009 dahingehend zu ändern, dass im letzten Satz folgende Formulierung angefügt wird:

„Wir danken Frau X. für ihre geleistete Arbeit und wünschen ihr auf ihrem weiteren Berufsweg alles Gute und weiterhin viel Erfolg.”

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Kosten erster Instanz tragen die Klägerin zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte in das Arbeitszeugnis der Klägerin als Schlusssatz eine Dankes- und Wunschformel aufzunehmen hat.

Die Klägerin war seit dem 01.03.2003 bei der Beklagten, die als Systempartner der DATEV Steuerberater und deren Mandanten betreut, als Teamsprecherin beschäftigt.

Unter dem 19.07.2006 erteilte die Beklagte der Klägerin anlässlich der Inanspruchnahme von Elternzeit wunschgemäß ein Zwischenzeugnis.

Im Jahre 2009 kam es zwischen den Parteien zu einem Rechtsstreit (ArbG Düsseldorf 11 Ca 4116/09) über die Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Funktion der „Mitarbeiterin des Service Centers” und einer am 30.03.2009 ausgesprochenen Änderungskündigung. Zur sozialen Rechtfertigung der Kündigung berief sich die Beklagte darauf, dass während der Elternzeit der Klägerin die Position der Teamsprecherin betrieblich in Wegfall gebracht worden sei. Die Klägerin, die das Änderungsangebot abgelehnt hatte, und die Beklagte verständigten sich in einem am 19.07.2009 geschlossenen Prozessvergleich darauf, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis aufgrund arbeitgeberseitiger fristgemäßer betriebsbedingter Kündigung vom 30.03.2009 mit Ablauf des 31.05.2009 sein Ende gefunden habe. Weiterhin verpflichtet die Beklagte sich in dem Vergleich, „der Klägerin ein wohlwollendes und qualifiziertes Endzeugnis auf der Basis des bereits erteilten Zwischenzeugnisses vom 19.07.2006” zu erteilen.

Das daraufhin unter dem 31.05.2009 ausgestellte Endzeugnis ist – abgesehen von der Schlussformulierung – vom Wortlaut her identisch mit dem Zwischenzeugnis. Nach der Darstellung des Aufgabenbereichs werden Leistung und Führung wie folgt beschrieben:

„Frau X. erledigte alle ihr übertragenen Aufgaben völlig selbständig zu unserer vollsten Zufriedenheit. Sie engagierte sich sehr für ihre Aufgaben und wies ein hohes Maß an Einsatzbereitschaft bei guter Arbeitsqualität auf.

Aufgrund ihrer aktiven und kooperativen Mitarbeit wurde Frau X. von Vorgesetzten und Kollegen gleichermaßen geschätzt und anerkannt. Hervorzuheben ist ihr freundlicher und angenehmer Umgang mit den Kunden, der ihr für die Akquise neuer Projekte und für die Festigung langfristiger Kundenbeziehungen sehr zum Vorteil gereichte.”

Während das Zwischenzeugnis mit dem Satz endet, dass „das Zwischenzeugnis auf Wunsch von Frau W. aufgrund ihrer mehrjährigen Elternzeit ausgestellt” werde, ist in dem Endzeugnis formuliert: „Nach ihrer dreijährigen Elternzeit scheidet Frau W. aus unserem Unternehmen im beiderseitigen Einvernehmen aus.”

Mit der im März 2010 vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat die Klägerin eine umfängliche Änderung des Zeugnisses und u.a. die Aufnahme einer Dankes- und Wunschformel als Schlusssatz begehrt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 08.06.2010 die Klage abgewiesen. Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung greift die Klägerin mit dem zuletzt gestellten Antrag das Urteil, auf das hiermit zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes verwiesen wird, insoweit an, als sie die Dankes- und Wunschformel in das Zeugnis aufgenommen wissen möchte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 08.06.2010 teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das Schlusszeugnis der Klägerin vom 31.05.2009 dahingehend zu ändern, dass im letzten Satz folgen...

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