Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitzuschlag. Umwandlung von Zeitzuschlägen in Zeit. Faktorisierung
Leitsatz (amtlich)
Bemessungsgrundlage für die nach § 11 Abs. 1 Satz 4 TV-N NW mögliche Umwandlung der in § 11 Abs. 1 Satz 2 TV-N NW aufgeführten Zeitzuschläge für die dort genannten Sonderformen der Arbeitszeit in Zeit ist nicht der jeweils angegebene Prozentsatz bezogen auf eine Stunde, sondern das auf der Basis der Stufe 1 der jeweiligen Entgeltgruppe errechnete Zeitzuschlagsentgelt. Dieses ist in Relation zur individuellen Vergütung des Arbeitnehmers zu setzen.
Normenkette
Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe vom 25.05.2001 (TV-N NW) § 11 Abs. 1 S. 4
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Urteil vom 26.03.2008; Aktenzeichen 5 Ca 714/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 26.3.2008 – 5 Ca 714/08 – abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auslegung von § 11 Abs. 1 Satz 4 des Spartentarifvertrages Nahverkehrsbetriebe vom 25.05.2001 (im Folgenden: TV-N NW).
Der Kläger ist seit dem 01.09.1988 als Elektroinstallateur bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Inbezugnahme der TV-N NW Anwendung. Unter § 11 Abs. 1 heißt es auszugsweise wie folgt:
„(1) Der Arbeitnehmer erhält neben dem Entgelt für die tatsächliche Arbeitsleistung einen Zeitzuschlag. Er beträgt für
- Überstunden 30 v.M.,
- Nachtarbeit 25 v.M.,
- Sonntagsarbeit 25 v.M.,
- Feiertagsarbeit 135 v.M.
…
des auf eine Stunde entfallenden Anteils des monatlichen Entgelts der
Stufe 1 seiner Entgeltgruppe. Beim Zusammentreffen mehrerer Zeitzu-
schläge nach Satz 2 Buchst. c) bis f) wird nur der jeweils höchste Zeitzuschlag gezahlt.
Die nach den vorstehenden Sätzen zu zahlenden Zeitzuschläge können
auf schriftlichen Antrag im Verhältnis 1:1 in Zeit umgewandelt und dem
Arbeitszeitkonto (§ 12) zugeführt werden.
Zeitzuschläge nach Unterabs. 1 Satz 2 verringern sich um jeweils 10 Prozentpunkte, wenn der AN sich gemäß Unterabs. 2 Satz 2 für die Abgeltung entscheidet.
…
(3) Für die Rufbereitschaft wird eine tägliche Pauschale je Entgeltgruppe
bezahlt … Absatz 1 Unterabs. 3 gilt entsprechend.
… „
Der Kläger wird nach Entgeltgruppe VII Stufe 5 TV-N NW vergütet. In der Zeit vom 02.01.2008 bis zum 31.08.2008 fielen bei ihm Rufbereitschaft/Überstun-den/Nachtarbeit und auch Feiertagsarbeit an. Auf seinen Antrag auf Umwandlung der Zeitzuschläge in Zeit schrieb die Beklagte ihm auf dem eingerichteten Arbeitszeitkonto insgesamt 120,37 Stunden gut. Dabei ging sie von dem auf der Basis der Stufe 1 seiner Entgeltgruppe errechneten Zeitzuschlagsentgelt aus und setzte dies ins Verhältnis zu der Arbeitszeit, die der Kläger mit der höheren Stufe 5 benötigt, um das Zeitzuschlagsentgelt zu verdienen.
Mit seiner am 09.05.2008 beim Arbeitsgericht Solingen eingereichten und der Beklagten am 15.05.2008 zugestellten Klage macht der Kläger die fehlerhafte Berechnung der Zeitgutschrift geltend.
Er hat im Wesentlichen ausgeführt:
Die Berechnung der Beklagten entspreche nicht den tariflichen Vorgaben. Die Zeitgutschrift errechne sich aus dem Prozentsatz, der in § 11 Abs. 1 Satz 2 TV-N NW angegeben sei, bezogen auf eine Stunde. Nur dieses Verständnis entspreche dem Willen der Tarifvertragsparteien. Die Handhabung der Beklagten führe zu einer nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer. Es ergebe sich in Abhängigkeit von der Stufe innerhalb einer Entgeltgruppe eine unterschiedliche Zeitgutschrift. Je höher die Stufe sei, desto geringer sei die Zeitgutschrift. Anderseits führe eine höhere Entgeltgruppe zu einem Anstieg der Freizeitausgleichsmenge. Dieses Ergebnis sei nicht nachvollziehbar. Wenn der Zeitzuschlag, der sich auf der Basis der Stufe 1 berechne, in einer Entgeltgruppe gleich sei, müsse dies auch für die Umwandlung in Zeit gelten. Ausweislich ihres Rundschreibens vom 14.03.2005 habe die Beklagte diese Auffassung zunächst selbst vertreten. Zahlreiche Nahverkehrsunternehmen in Nordrhein-Westfalen, die – wie die Beklagte – Mitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes NRW seien, würden den Tarifvertrag in diesem Sinne anwenden. Auch aus anderen Bereichen, z.B. dem TV-L, sei eine vergleichbare Problematik bekannt.
Der Kläger, der für den streitbefangenen Zeitraum ein um 29,93 Freizeitstunden höheres Zeitguthaben errechnet, beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, seinem Arbeitszeitkonto 29,93 Freizeit-
stunden gutzuschreiben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat insbesondere geltend gemacht:
Die Tarifvertragsparteien hätten mit § 11 Abs. 1 Satz 2 TV-N NW pro Entgeltgruppe feste Zeitzuschläge auf der Basis der Stufe 1 vereinbart. Dieser Ansatz werde bei der Faktorisierung fortgesetzt. Der Arbeitnehmer erhalte eine dem Geldwert entsprechende Zeitgutschrift. Das Verhältnis zwischen Zeitzuschlags- zahlbetrag und individuellem Stu...