Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiekostenrabatt für Arbeitnehmer im Ruhestand. Anteilige Freistellung von Strom- und Gaskosten für Ruheständler

 

Leitsatz (amtlich)

Weitere Parallelentscheidung zu den Urteilen vom 05.05.2021 zum Az. 12 Sa 13/21 und vom 15.09.2021 zum Az. 12 Sa 343/21

 

Normenkette

ArbGG § 61 Abs. 1, § 64 Abs. 2; BetrAVG § 1; TVG § 1; ZPO §§ 3, 9, 256 Abs. 1, § 97 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 12.11.2021; Aktenzeichen 4 Ca 100/21)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.11.2022; Aktenzeichen 3 AZR 211/22)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 12.11.2021 - 4 Ca 100/21 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
  3. Die Revision wird zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger, der sich bereits im Ruhestand befindet, weiterhin von Strom- und Gaskosten in Höhe von 25 % freizustellen.

Der am 13.10.1955 geborene Kläger war zunächst seit dem 01.08.1977 bei der Stadt Wuppertal als Arbeiter im Bereich der Kanalreinigung beschäftigt. Grundlage war der Arbeitsvertrag vom 14.07.1977. In diesem hieß es in § 2:

"Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrags für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge, insbesondere des Bezirkszusatztarifvertrages hierzu (BZT G/NRW) und der Anlage 9 in der jeweils geltenden Fassung. Das gleiche gilt für die an deren Stelle tretenden Tarifverträge. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen Tarifverträge Anwendung."

Im Jahr 1997 übernahm die Wuppertaler Stadtwerke AG, welche heute als X. Energie und Wasser AG - die Beklagte - firmiert, den bis dahin städtisch geführten Bereich der Stadtentwässerung. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging auf die Wuppertaler Stadtwerke im Wege des Betriebsübergangs über. In dem zwischen der Stadt Wuppertal - im Vertrag als "Stadt" bezeichnet - und der Wuppertaler Stadtwerke AG - im Vertrag als "Gesellschaft" bezeichnet - geschlossenen Personalüberleitungsvertrag betreffend die Überleitung der im Bereich der Stadtentwässerung Beschäftigten hieß es u.a.:

"§ 2

Vertragsabwicklung

...

(3) Die Gesellschaft verpflichtete sich, anstelle der Dienstvereinbarungen und freiwilligen sozialen Leistungen der Stadt, die bei der Gesellschaft gültigen Betriebsvereinbarungen und freiwilligen Sozialleistungen nach den jeweiligen betrieblichen Richtlinien in vollem Umfang auch für die übernommenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuwenden; insbesondere

- ...

- Energiepreisvergünstigung (nur Elektrizität und Gas)

- ...

...

§ 3

Tarifregelung

Die Gesellschaft ist Vollmitglied im Kommunalen Arbeitgeberverband und damit dem Tarifrecht des BAT und BMT-G unterworfen. Die für die Beschäftigungsverhältnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geltenden Tarifverträge (BAT und BMT-G und alle dazu geltenden Tarifverträge und -vereinbarungen) gelten daher vollinhaltlich weiter.

..."

Grundlage der Energiekostenrabattleistung war eine allgemeine Regelung zu einem Werkstarif für Energieleistungen, welche der damalige Vorstand der Wuppertaler Stadtwerke AG am 26.09.1975 erlassen hatte. Diese Vorstandsverfügung (im Folgenden: Vfg. Nr. 5) bestimmte auszugsweise:

"Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975

Betrifft: Werkstarif

0 Bezugsberechtigte

00 Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:

000 vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,

001 ehemaligen Betriebsangehörigen,

002 Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,

...

1 Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:

10 der eigene Haushalt,

11 die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den X. / BEV bzw. - vor dem 1.4.1948 - den Städt. Werken Wuppertal der

110 Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,

111 ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,

12 der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.

...

5 Tarife

Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.

6 Besitzstand

Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.

7 Kündigung

Der Anspruch auf Werkstarif kann - auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen - unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden. ..."

Ab dem 01.01.2005 fand der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Im Zuge der Umstrukturierung der Wuppertaler Stadtwerke AG in den Jahren 2006/2007 erfolgte eine Abspaltung gemäß § 123 UmwG. Es wurden zentrale Betriebsteile auf die X. Wuppertaler Stadtwerke GmbH und die Verke...

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