Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit einer mündlichen Verhandlung nach § 128a ZPO. Energiekostenrabatt durch Arbeitgeber auch im Ruhestand des Arbeitnehmers. Anspruch auf Energiekostenrabatt für die Dauer des Witwenstands aufgrund vertraglicher Regelung
Leitsatz (amtlich)
Entscheidung im Anschluss und in Anwendung der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 26.03.2013 zu den Az. 3 AZR 68/11 und 3 AZR 77/11.
Leitsatz (redaktionell)
Der Energiekostenrabatt in Höhe von 25% auf Strom und Gas als Teil der betrieblichen Altersversorgung gilt auch für die Dauer des Witwenstands.
Normenkette
BetrAVG § 1; TVG § 1; ZPO § 256 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 128a
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 09.11.2020; Aktenzeichen 6 Ca 2938/18) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 09.11.2020 - 6 Ca 2938/18 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin, die sich bereits im Ruhestand befindet, weiterhin von Gas- und Stromkosten in Höhe von 25 % freizustellen.
Die am 04.05.1952 geborene Klägerin wurde am 01.03.1975 von der Wuppertaler Stadtwerke AG, die heute als X. Energie und Wasser AG - die Beklagte dieses Verfahrens - firmiert, von den Stadtwerken Velbert als kaufmännische Angestellte übernommen. Sie schied mit Ablauf des 31.05.2015 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten aus und befindet sich seit dem 01.06.2015 im Ruhestand. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses gewährte die Beklagte der Klägerin einen Energiekostenrabatt in Höhe von 25 %. Seit Rentenbeginn erhält sie nur noch einen Rabatt in Höhe von 15 %.
Nach § 2 des Angestelltenvertrages (Anlage K 3 zur Klageschrift) richtete sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT), des Bezirkszusatztarifvertrages hierzu (BZT/A/NRW) und der diese Tarifverträge ergänzenden, abändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben fanden die für die Angestellten des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge und betrieblichen Vereinbarungen Anwendung.
Grundlage der Energiekostenrabattleistung war zunächst eine allgemeine Regelung zu einem Werkstarif für Energieleistungen, welche der damalige Vorstand der Wuppertaler Stadtwerke AG am 26.09.1975 erlassen hatte. Diese Vorstandsverfügung (im Folgenden: Vfg. Nr. 5) bestimmte auszugsweise:
"Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975
Betrifft: Werkstarif
0 Bezugsberechtigte
00 Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:
000 vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,
001 ehemaligen Betriebsangehörigen,
002 Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,
...
1 Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:
10 der eigene Haushalt,
11 die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den X. / BEV bzw. - vor dem 1.4.1948 - den Städt. Werken Wuppertal der
110 Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,
111 ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,
12 der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.
...
3 Wohnen außerhalb des Versorgungsbereichs der X.
Bezugsberechtigte, die nicht im Versorgungsbereich der X. wohnen, erhalten - sofern ihr Verbrauch an elektrischer Energie und Gas von ihrem Versorgungsunternehmen im Währungsgebiet der Deutschen Mark zu einem höheren Preis abgerechnet wird, als er nach dem Werkstarif zur Verrechnung kommen würde - den Unterschiedsbetrag zwischen dem von ihnen bezahlten Rechnungsbetrag und dem nach dem Werkstarif zu verrechnenden Betrag erstattet.
...
5 Tarife
Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.
6 Besitzstand
Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.
7 Kündigung
Der Anspruch auf Werkstarif kann - auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen - unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden. ..."
Im Zuge der Umstrukturierung der Wuppertaler Stadtwerke AG in den Jahren 2006/2007 erfolgte eine Abspaltung gemäß § 123 UmwG. Es wurden zentrale Betriebsteile auf die X. Wuppertaler Stadtwerke GmbH und die Verkehrsbetrieb auf die X. mobil GmbH übertragen. Die Wuppertaler Stadtwerke AG bestand im Anschluss an die Umstrukturierung fort und wurde mit dem entsprechenden Geschäft als die Beklagte fortgeführt. Die Wuppertaler Stadtwerke AG und weitere Unternehmen der X.-Unternehmensgruppe einerseits und die Gewerkschaft ver.di andererseits schlossen den Tarifvertrag zur Sicherung der sozialen R...