Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertraglicher Energiekostenrabatt auch im Ruhestand. Vertraglicher Energiekostenrabatt auch für Dauer des Witwenstands. Fortbestand der Übernahme von Energiekosten im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung
Leitsatz (amtlich)
Entscheidung im Anschluss und in Anwendung der Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 26.03.2013 zu den Az. 3 AZR 68/11 und 3 AZR 77/11.
Leitsatz (redaktionell)
Es besteht ein vertraglicher Freistellungsanspruch in Höhe von 25% der Kosten für Strom und Gas für die Ehefrau eines verstorbenen Arbeitnehmers.
Normenkette
BetrAVG § 1; TVG § 1; ZPO § 256 Abs. 1, § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 11.02.2021; Aktenzeichen 5 Ca 2779/20) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 11.02.2021 - 5 Ca 2779/20 - wird zurückgewiesen.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger, der sich bereits im Ruhestand befindet, weiterhin von Gas- und Stromkosten in Höhe von 25 % freizustellen.
Der am 16.09.1952 geborene Kläger wurde zum 01.03.1975 von der Wuppertaler Stadtwerke AG, die heute als X. Energie und Wasser AG (im Folgenden X. AG) firmiert, als Schlosser auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 26.02.1991 eingestellt. § 2 des Arbeitsvertrags vom 26.02.1991 lautete:
"Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach den Bestimmungen des Bundesmanteltarifvertrages für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G) vom 31.01.1962 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge - des Bezirkszusatztarifvertrages (BZT-G NRW) - in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung."
Arbeitsort des Klägers war die Schwebebahnstation in U.-P.. Grundlage der Energiekostenrabattleistung war zunächst eine allgemeine Regelung zu einem Werkstarif für Energieleistungen, welche der damalige Vorstand der Wuppertaler Stadtwerke AG am 26.09.1975 erlassen hatte. Diese Vorstandsverfügung (im Folgenden: Vfg. Nr. 5) bestimmte auszugsweise:
"Neufassung der Verfügung Nr. 5 vom 2.6.1966 vom 26.9.1975
Betrifft: Werkstarif
0 Bezugsberechtigte
00 Für den gemessenen Haushaltsbezug von elektrischer Energie und Gas wird auf Antrag eine Ermäßigung eingeräumt:
000 vollbeschäftigten Betriebsangehörigen,
001 ehemaligen Betriebsangehörigen,
002 Witwen ehemaliger Betriebsangehöriger für die Dauer des Witwenstandes,
…
1 Voraussetzungen für die Gewährung des Werkstarifs sind:
10 der eigene Haushalt,
11 die ununterbrochene Beschäftigungszeit bei den X. / C. bzw. - vor dem 1.4.1948 - den Städt. Werken Wuppertal der
110 Betriebsangehörigen von mindestens 6 Monaten,
111 ehemaligen Betriebsangehörigen von mindestens 5Jahren bis zu ihrer Inruhesetzung,
12 der Bestand der Ehe während der aktiven Betriebszugehörigkeit des verstorbenen Ehemannes.
…
5 Tarife
Ab 1.1.1976 erhalten die Bezugsberechtigten 25 % Rabatt auf die allgemeinen Tarife für die Versorgung mit elektrischer Energie und Gas sowie auf Sondervertragspreise für Raumheizung und sonstigen Haushaltsbedarf.
6 Besitzstand
Hinsichtlich der auf dieser Verfügung beruhenden Ansprüche wird kein Besitzstand begründet.
7 Kündigung
Der Anspruch auf Werkstarif kann - auch mit Wirkung gegenüber ehemaligen Betriebsangehörigen - unter Aufheben oder Ändern dieser Verfügung mit einer Frist von 3 Monaten zum jeweiligen Jahresende gekündigt werden. …"
Ab dem 01.01.2005 fand der Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V) auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Dieser bestimmte in § 2 Abs. 1 TV-V, dass der Arbeitsvertrag schriftlich unter Angabe der Entgeltgruppe abgeschlossen wird und Nebenabreden schriftlich zu vereinbaren sind. Im Zuge der Umstrukturierung der Wuppertaler Stadtwerke AG in den Jahren 2006/2007 erfolgte eine Abspaltung gemäß § 123 UmwG. Es wurden zentrale Betriebsteile auf die X. Wuppertaler Stadtwerke GmbH und die Verkehrsbetriebe auf die X. mobil GmbH - die Beklagte in diesem Verfahren - übertragen. Die Wuppertaler Stadtwerke AG bestand im Anschluss an die Umstrukturierung fort und wurde mit dem verbleibenden Geschäft als X. AG fortgeführt.
Im Spaltungsvertrag war der 01.01.2007 als Spaltungsstichtag festgelegt. Am 24.09.2007 beschloss der Vorstand der Wuppertaler Stadtwerke AG - ebenso wie die Geschäftsführung der X. Wuppertaler Stadtwerke GmbH und der X. mobil GmbH für ihren Bereich -, dass künftig neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die nach dem 01.10.2007 bei der Beklagten angestellt werden, sowie alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.09.2007 endet und die anschließend in den Ruhestand wechseln, Energierabatte in Höhe von 15 v.H. erhalten, und dies auch nur, soweit Energielieferungsverträge mit der X.-Unternehmensgruppe bestehen. Nach dem Beschluss sollte die Neureg...