Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründen eines Anspruchs eines Betroffenen auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden wegen Verstoßes gegen die Pflichten des Datenschutzes
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verstoß gegen die Pflichten aus Art. 15 DSGVO kann dem Grunde nach einen Anspruch auf Ersatz der materiellen und immateriellen Schäden nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO begründen (vgl. OLG Köln 14.07.2022 - 15 U 137/21 - Rn. 15; aA LAG Düsseldorf 28.11.2023 - 3 Sa 285/23 - Rn. 31)
2. Es verursacht nicht jeder Verstoß gegen Auskunftsansprüche aus der DSGVO "automatisch" einen immateriellen Schaden, der über Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu ersetzen ist. Der von dem Normverstoß Betroffene hat den Nachweis zu erbringen, dass die Folgen des Verstoßes einen immateriellen Schaden darstellen.
3. Legt der Betroffene Befürchtungen dar, seine Daten könnten missbräuchlich verwendet werden, so hat das Gericht zu prüfen, ob diese unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf seine Person als begründet angesehen werden können (vgl. EuGH 14.12.2023 - C-340/21 - Rn. 85).
Normenkette
DSGVO Art. 15 Abs. 1-3, Art. 82 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 04.08.2023; Aktenzeichen 14 Ca 2923/23) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Endurteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 04.08.2023 - Az. 14 Ca 2923/23 - abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger einen immateriellen Schadensersatz in Höhe von 750,00 € nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem 10.07.2023 zu zahlen. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger 71 % und die Beklagte 29 %. Von den Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger 85 % und der Beklagten 15 % auferlegt.
III. Die Revision wird nicht zugelassen, soweit durch das Schlussurteil die Berufung des Klägers zurückgewiesen wurde.
Tatbestand
Der Kläger macht zweitinstanzlich noch einen Anspruch auf Schadensersatz nach der DSGVO geltend.
Die Beklagte ist ein bundesweit tätiges Wohnungsunternehmen. Im August 2022 suchte sie für ihre Zentrale in Düsseldorf-Angermund einen Mitarbeiter für das Forderungsmanagement. Der Kläger bewarb sich am 03.08.2022 auf die ausgeschriebene Stelle. Auf eine erneute Stellenausschreibung der Beklagten übersandte er am 03.12.2022 ein zweites Mal seine Bewerbungsunterlagen. Er erhielt von der Beklagten wieder keine Rückmeldung.
Mit Schreiben vom 18.05.2023 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm eine Auskunft gemäß Art. 15 Abs. 1 und 2 DSGVO zu erteilen und eine Kopie der Daten, die noch verarbeitet werden, gemäß Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO bis zum 02.06.2023 zur Verfügung zu stellen. Mit Schreiben vom 03.06.2023 und vom 18.06.2023 erinnerte er an sein Verlangen und setzte der Beklagten weitere Fristen, zunächst bis zum 17.06.2023, dann bis zum 28.06.2023. Die Beklagte reagierte auch hierauf nicht.
Der Kläger hat behauptet, er sei seit mehr als zehn Jahren im Debitoren- und Forderungsmanagement tätig und habe sich mit seiner Bewerbung um die o.g. ausgeschriebene Stelle bei der Beklagten bemüht. Nachdem diese auf seine Bewerbungen nicht reagiert habe, habe er sich einen Überblick darüber verschaffen wollen, wie mit seinen Daten umgegangen werde und warum die Beklagte nicht reagiert habe. Da sie seine Ersuchen nicht beantwortet habe, habe er einen Kontrollverlust und eine Einschränkung in seinen Rechten erfahren müssen. Es sei ihm unmöglich gewesen, ergänzende Rechte auf Berichtigung, auf Löschung, auf Einschränkung der Verarbeitung oder auf Widerspruch aus Art. 16 ff. DSGVO ausüben zu können. Der Beklagten sei der Datenschutz offenkundig egal, sie habe ihn vorsätzlich im Unwissen belassen, so dass er nicht wisse, welche seiner Daten wie genau verarbeitet worden seien. Ihm seien damit immaterielle Nachteile entstanden. Im stehe eine Geldentschädigung in Höhe von mindestens 5.000,00 € aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu. Auch unter Berücksichtigung der Finanzkraft der Beklagten sowie des Erfordernisses einer abschreckenden Wirkung sei die geforderte Mindesthöhe der Geldentschädigung angemessen.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Kopie sämtlicher personenbezogenen Daten, die die Beklagte zu seiner Person verarbeitet, herauszugeben,
- die Beklagte zu verurteilen, ihm Auskunft zu erteilen über alle Empfänger, an die die Beklagte seine personenbezogenen Daten übermittelt hat,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Geldentschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag in Höhe von 5.000,00 € aber nicht unterschreiten sollte, nebst Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Nachdem die Beklagte im Termin zur Güteverhandlung erster Instanz säumig gewesen ist, hat das Arbeitsgericht durch Teilversäumnis- und Endurteil dem Herausgabe- sowie dem Auskunftsantrag stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Klageabweisung durch unech...