Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung von Ausbildungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Einzelvertragliche Abreden, die die Rückzahlung von Ausbildungskosten im Falle einer Arbeitgeberkündigung innerhalb der vereinbarten Bindungsfrist vorsehen, sind nur rechtswirksam, wenn der Arbeitnehmer die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu verantworten hat. Das ist allein bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen der Fall (Fortführung von BAG 06.05.1998 – 5 AZR 535/97 – EzA § 611 BGB Ausbildungsbeihilfe Nr. 19).
2. Als Gläubiger des Rückzahlungsanspruchs trägt der Arbeitgeber auch dann die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen verhaltensbedingter Gründe, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs seiner Kündigung auf das Arbeitsverhältnis das Kündigungsschutzgesetz wegen Nichterfüllung der Wartezeit (§ 1 Abs. 1 KSchG) noch keine Anwendung findet.
Normenkette
GG Art. 12; BGB §§ 242, 611
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 31.10.2002; Aktenzeichen 8 Ca 3584/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom31.10.2002 – 8 Ca 3584/02 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch darüber, ob die Klägerin verpflichtet ist, der Beklagten die Kosten für die bereits beim Vorarbeitgeber begonnene, sich über 18 Monate erstreckende Weiterbildung „Leitung/Management von ambulanten Pflegediensten” zu erstatten.
Die Klägerin war vom 01.01.2002 bis zum 26.06.2002 als Krankenschwester bei der Beklagten aufgrund eines am 22.11.2001 geschlossenen Arbeitsvertrages beschäftigt. In § 18 „Sonderabsprachen” dieses Vertrages, auf dessen Inhalt im Übrigen ausdrücklich Bezug genommen wird, heißt u.a.:
„(1) Der Arbeitnehmer wird probeweise eingesetzt als „stellvertretende Pflegedienstleitung”. Bei Eignung wird er die Arbeitsstelle „Pflegedienstleitung” übernehmen.
(2) Dem Arbeitnehmer wird mit der ersten Gehaltszahlung das ihm bei seinem vorherigen Arbeitgeber entgangene Weihnachtsgeld aus 2001 in der vom Arbeitnehmer nachgewiesenen Höhe gezahlt. Sollte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit enden, ist das gezahlte Weihnachtsgeld vom Arbeitnehmer in voller Höhe zurückzuzahlen.
(3) Der Arbeitnehmer nimmt zur Zeit an der berufsbegleitenden Weiterbildung „Leitung/Management von ambulanten Pflegediensten” im Schulungszentrum des Verbandes Deutscher Alten- und Behindertenhilfe e.V. H. teil. Der Arbeitgeber wird mit Beginn des vertraglich geregelten Arbeitsverhältnisses die Lehrgangsgebühren übernehmen. Der Arbeitnehmer erhält für jede Unterrichtsstunde, an der er nachgewiesen teilgenommen hat, das unter § 4 Absatz 1 vereinbarte Stundengehalt.
Sollte das Arbeitsverhältnis während der ersten vierundzwanzig Monate enden, hat der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber gezahlten Lehrgangsgebühren und das für die nachgewiese Teilnahme gezahlte Gehalt an den Arbeitgeber zurückzuzahlen. Sollte der Arbeitnehmer die Weiterbildungsmaßnahme abbrechen oder durch eigenes Verschulden abbrechen müssen, kommt die vorgenannte Regelung ebenfalls zur Anwendung.
(4) Sollte der Arbeitnehmer die Position als Pflegedienstleitung übernehmen, erhält er nach Ablauf der Probezeit ein Bruttostundengehalt in Höhe von DM 32,50 (in Worten: zweiunddreißig Deutsche Mark und fünfzig Deutsche Pfennig).
…”
Auf eine allgemein in der Tagespresse geschaltete Stellenanzeige der Beklagten bewarb sich die Klägerin schriftlich unter dem 17.05.2002, um sich „beruflich zu verbessern.” Mit Schreiben vom 12.06.2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien innerhalb der in § 1 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsvertrages für die ersten sechs Monate vereinbarten Probezeit fristgerecht zum 26.06.2002. Mit Schreiben vom gleichen Tag verlangte die Beklagte von der Klägerin gestützt auf § 18 Abs. 2 des Arbeitsvertrages die Rückzahlung des ihr gezahlten Weihnachtsgeldes in Höhe von 1.278,23 EUR sowie gemäß § 18 Abs. 3 des Arbeitsvertrages die Erstattung näher bezifferter Lohnkosten sowie Ausbildungsgebühren für die Monate Januar bis Juni 2002 in einer Gesamthöhe von 4.011,57 EUR.
Die der Klägerin für Juni 2002 in Höhe von EUR 1.560,98 netto zustehende Arbeitsvergütung verrechnete die Beklagte in dieser Höhe mit dem von ihr geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung der Sonderzuwendung und der Schulungskosten. Den überschießenden Restbetrag der Rückzahlungsforderung in Höhe von 3.728,82 EUR verlangte die Beklagte mit Schreiben vom 11.07.2002 von der Klägerin zurück.
Mit ihrer beim Arbeitsgericht Wuppertal am 05.08.2002 eingereichten Klage hat die Klägerin zunächst von der Beklagten die Zahlung ihres Nettoentgelts für Juni 2002 in Höhe von EUR 1.560,98 verlangt. Die Beklagte ihrerseits hat mit einer am 05.08.2002 bei dem Arbeitsgericht Wuppertal eingegangenen Klage – 8 Ca 3587/02 – die Rückzahlung von EUR 3.728,82 Ausbildungskosten begehrt. Nachdem das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 06.08.2002 beide ...