Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustandekommen eines Vergleichs gem. § 278 Abs. 6 ZPO bei Annahme des Vergleichsvorschlags nach Ablauf der vom Gericht gesetzten Frist
Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Gericht den Parteien eine Frist zur Stellungnahme zu einem gerichtlichen Vergleichsvorschlag gesetzt, so kommt ein Vergleich nach § 278 Abs.6 S.1 Alt.2 ZPO auch dann zustande, wenn beide Parteien erst nach Ablauf der Frist die Annahme des Vergleichsvorschlages erklären.
2. Mit Eingang der Annahmeerklärung bei Gericht ist diese bindend, ohne dass es auf eine Kenntnisnahme durch das Gericht oder die andere Partei ankommt. Ein Widerruf der Annahmeerklärung ist dann nicht mehr möglich.
3. In entsprechender Anwendung des § 147 Abs. 2 BGB besteht die Bindungswirkung so lange, wie unter regelmäßigen Umständen mit einer Annahmeerklärung der anderen Partei gerechnet werden kann.
4. Ein Vergleich kann nicht deswegen angefochten werden, weil ein Prozessbevollmächtigter bei Abgabe der Annahmeerklärung irrtümlich glaubte, die von ihm vertretene Partei habe ihr Einverständnis mit dem Vergleichsvorschlag erklärt.
Normenkette
ZPO § 278 Abs. 6; BGB § 119 Abs. 1, §§ 120, 147
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Aktenzeichen 15 Ca 3978/13) |
Tenor
I.
Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit durch den gerichtlichen Vergleich gemäß Beschluss vom 08.10.2014 beendet worden ist.
II.
Die Beklagte hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Prozessvergleichs.
Die Klägerin war bis zum 30.04.2013 als Pflegedienstleiterin bei der Beklagten beschäftigt. Mit Ihrer Klage vom 20.06.2013 hat sie einen Anspruch auf Abgeltung nicht genommener Freizeitausgleichstage sowie auf Erstattung eines Verkehrsunfallschadens geltend gemacht. Wegen der Klageanträge erster Instanz sowie weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 09.12.2013 - AZ: 15 Ca 3978/13 - Bezug genommen.
Das vorgenannte Urteil, mit welchem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, ist der Klägerin am 20.12.2013 zugestellt worden. Mit einem am 13.01.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat sie Berufung eingelegt und diese mit einem am 18.02.2014 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Im Anschluss an einen Verhandlungstermin am 23.05.2014 unterbreitete der Vorsitzende der Kammer den Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag, wegen dessen Einzelheiten auf Bl. 258 d.A. verwiesen wird. Der letzte Absatz des gerichtlichen Schreibens lautete wie folgt:
"Beiden Parteien wird Gelegenheit gegeben, zu dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag bis zum 10.06.2014 schriftsätzlich Stellung zu nehmen. Im Fall der beiderseitigen Annahme wird das Gericht das Zustandekommen eines gerichtlichen Vergleiches gemäß § 278 Abs.6 ZPO durch Beschluss feststellen. Ein weiterer Verhandlungstermin wäre dann entbehrlich."
Mit einem am 06.06.2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen anwaltlichen Schriftsatz erklärte die Klägerin ihr Einverständnis mit dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag. Eine Durchschrift dieses Schriftsatzes wurde seitens des Gerichts am 11.06.2014 an die Beklagte übersandt. Am 13.06.2014 ging per Telefax ein Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit folgendem Inhalt ein:
"...teilen wir namens und in Vollmacht der Beklagten mit, dass diese mit dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag einverstanden ist. Um eine entsprechende Protokollierung wird gebeten. ..."
Kurz darauf übersandten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten einen weiteren Schriftsatz, der laut Faxaufdruck ca. 11 Minuten später beim Landesarbeitsgericht einging. Darin teilten sie Folgendes mit:
"... ist soeben versehentlich eine für ein anderes arbeitsgerichtliches Verfahren vorgesehene Erklärung per Telefax übersandt worden. Hierbei handelt es sich um ein bürointernes Versehen, so dass klarzustellen ist, dass die Beklagte dem in dem vorgenannten Verfahren vor Gericht unterbreiteten Vergleichsvorschlag nicht zustimmt.
Es wird darum gebeten, den soeben an das Gericht übersandten Schriftsatz, wonach sich die Beklagte mit dem Vergleichsvorschlag einverstanden erklärt, als gegenstandslos anzusehen, wofür wir uns bedanken möchten. ..."
Infolge eines gerichtlichen Versehens wurde zunächst nur der zweite Schriftsatz, nicht hingegen die Annahmeerklärung an die Klägerseite übersandt. Diese reagierte mit einem Schriftsatz vom 20.06.2014, beim Landesarbeitsgericht eingegangen am 23.06.2014. Dort führte sie u.a. Folgendes aus:
"... dürfen wir darum bitten, uns die Erklärung der Gegenseite, welche deren Schriftsatz vom 13.06.2014 sich bezieht zur Kenntnis zukommen zu lassen.
Soweit eine Annahmeerklärung in diesem Rechtsstreit zu diesem Aktenzeichen erteilt wurde, ist nach diesseitiger Ansicht der Vergleich zustande gekommen.
..."
Mit einem am 14.08.2014 eingegangenen Schriftsatz hat die Beklagte die Anfechtung der Annahme des Vergleiches wegen e...