Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Gerichtsstandsvereinbarung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Art. 21 Ziffer 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO a.F. = Art. 23 Ziffer 2 EuGVVO n.F.) soll als Schutznorm zugunsten des Arbeitnehmers verhindern, dass diesem durch eine arbeitsvertragliche ausschließliche Gerichtsstandsklausel ein nach dem 5. Abschnitt der EuGVVO an sich gegebener Gerichtsstand in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union wieder entzogen wird.

2. Unter Berücksichtigung dieser arbeitnehmerbegünstigenden Zielsetzung ist eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung in einem Arbeitsvertrag nur insofern (teilweise) unwirksam, als sie dem Arbeitnehmer nach dem 5. Abschnitt an sich gegebene Gerichtsstände in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union entziehen würde. Soweit sie ihm allerdings andere als die in diesem Abschnitt angeführte Gerichtsstände eröffnet, bleibt die Gerichtsstandsklausel wirksam; anderenfalls würde der klagende Arbeitnehmer schlechter und nicht besser gestellt als andere Kläger.

3. Im Anwendungsbereich der Art. 21, 23 EuGVVO a.F. (Art. 23, 25 EuGVVO n.F.) verdrängen diese als vorrangige Spezialvorschriften die §§ 38, 40 ZPO.

 

Normenkette

EuGVVO a.F. Art. 21 Nr. 2, Art. 23

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 28.05.2015; Aktenzeichen 5 Ca 7823/14)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.05.2015 - Az.: 5 Ca 7823/14 - wird als unzulässig verworfen, soweit sie sich gegen die Abweisung der auf Zahlung von 300,04 € nebst Zinsen und weiterer 400,00 € nebst Zinsen gerichteten Widerklage richtet.

  • II.

    Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.05.2015 mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Tenor Ziffer 1 des Urteils heißt:

    1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.452,89 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus 1.995,97 EUR brutto seit 01.11.2014 und aus weiteren 456,92 EUR brutto seit 06.11.2014 zu zahlen.
  • III.

    Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • IV.

    Die Revision wird für den Beklagten im Umfang der dem Kläger zugesprochenen Klageforderungen zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über wechselseitige Zahlungsansprüche aus einem beendeten Arbeitsverhältnis.

Der Kläger war vom 01.06.2014 bis zum 25.10.2014 bei dem Beklagten als Hausverwalter und Hausmeister von dessen Anwesen in Thailand zu einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von 2.475,00 EUR in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde durch die arbeitgeberseitige Probezeitkündigung vom 09.10.2014 (Bl. 9 der Akte) beendet.

Der Beklagte, der seinen Wohnsitz in Thailand hat und auch schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsvertrages dort hatte, betreibt in E. die Firma "Hausverwaltung B.". Über diese schloss er mit dem Kläger unter dem 24.05.2014 den dem Arbeitsverhältnis zugrundeliegenden schriftlichen Arbeitsvertrag (Bl. 221 ff. der Akte), der unter anderem folgende Regelungen enthält:

"1. Einstellung

1.1Der Arbeitnehmer wird ab dem 01.06.2014 als Hausverwalter und Hausmeister des Anwesens "Silence Resort", ... , Thailand (nachfolgend "Objekt" genannt) eingestellt. ...

1.2 Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt fünf Tage (40 Stunden) in der Woche.

...

6. Urlaub

6.1 Der Urlaub beträgt 20 Arbeitstage im Kalenderjahr. Er richtet sich im Übrigen nach den gesetzlichen Bestimmungen.

...

16. Ausschlussfristen, Verfallklausel

16.1 Ansprüche aus diesem Arbeitsverhältnis verfallen drei Monate nach Ablauf des Fälligkeitsmonats, spätestens drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn sie nicht rechtzeitig schriftlich geltend gemacht wurden. Bleibt die Gel- tendmachung erfolglos, verfallen diese Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten durch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht anhängig gemacht wurden.

16.2 Unter die Verfallklausel fallen nicht solche Ansprüche eines Arbeitgebers oder eines Arbeitnehmers, die auf eine strafbare Handlung oder eine unerlaubte Handlung gestützt werden. Für diese Ansprüche gelten die gesetzlichen Vorschriften.

...

20. Gerichtsstand, anwendbares Recht

20.1 Ausschließlicher Gerichtsstand ist Düsseldorf.

20.2 Es gilt ausschließlich das Recht der Bundesrepublik Deutsch- land."

Die Hausverwaltung B. in E. verfügt über keine selbständige Leitung. Um die Belange vor Ort in E. kümmerte sich seinerzeit Herr S., der als freier Mitarbeiter für den Beklagten tätig war und nicht aus eigener Entschließung Geschäfte abschließen durfte, sondern die Zustimmung des Beklagten einzuholen hatte, nach dessen Weisungen er auch ausschließlich handelte. Gewöhnlicher Arbeitsort des Klägers war das Anwesen des Beklagten in Thailand. Dort erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung und dort wohnte er auch während des Arbeitsverhältnisses in einer ...

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