Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines "einsatzbezogenen Zuschlags" aufgrund einer Vereinbarung zwischen einem Leiharbeitnehmer und dem Verleiher
Leitsatz (amtlich)
1) Die Vereinbarung eines "einsatzbezogenen Zuschlags" zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer, der nur für die Dauer des Einsatzes beim Entleiher zu zahlen ist, verstößt nicht gegen das Verbot aus § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG, das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers (§ 615 BGB) aufzuheben oder zu beschränken.
2) In einer solchen Abrede liegt jedenfalls dann auch keine Umgehung von § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG, wenn die Parteien die Anwendung eines Tarifvertrages im Sinne von § 10 Abs. 4 Satz 2 AÜG vereinbart haben, so dass in einsatzfreien Zeiten der Tariflohn zu zahlen ist.
Normenkette
BGB § 615 S. 1; AÜG § 11 Abs. 4; BGB §§ 307 ff.; GG Art. 12 Abs. 1 S. 2; ZPO § 91a; AÜG § 10 Abs. 4; GG Art. 9 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Essen (Aktenzeichen 1 Ca 190/16) |
Tenor
- Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
- Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien haben über Vergütungszahlungen aus Annahmeverzug während einsatzfreier Zeiten ihres Leiharbeitsverhältnisses gestritten.
Die Klägerin war bei der Beklagten, die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betreibt, seit dem 31.03.2014 im Rahmen eines Leiharbeitsverhältnisses als Sachbearbeiterin beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 28.03.2014 fanden auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge BZA (jetzt BAP) Anwendung. Die Klägerin war in die Entgeltgruppe 4 eingruppiert und erhielt ab dem 01.05.2015 unter Einbezug eines Erfahrungszuschlags von 3 % 11,96 € je Stunde (vgl. Arbeitsvertrag Bl. 40 ff. GA). Ebenfalls am 28.03.2014 vereinbarten die Parteien einen "Zusatz zum Arbeitsvertrag". Danach erhielt die Klägerin ab dem 31.03.2014 für die Dauer des Einsatzes bei einem bestimmten Kunden einen "einsatzbezogenen Zuschlag" in Höhe von 9,28 € pro Arbeitsstunde. Der tarifliche Anspruch auf Vergütung nebst etwaiger Erhöhungen sollte automatisch auf den Zuschlag angerechnet werden und auch etwaige tarifliche Branchenzuschläge abdecken.
Der Einsatz der Klägerin bei dem Kunden endete am 08.06.2015. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 30.06.2015 zum 31.07.2015. Durch rechtskräftiges Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts Essen (2 Ca 1919/15) ist die Unwirksamkeit dieser Kündigung festgestellt.
Mit ihrer am 26.01.2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin Verzugslohn für den Zeitraum August 2015 bis Februar 2016 begehrt. Diesen berechnete sie auf der Basis der Vergütungsabrede für den einsatzbezogenen Zuschlag bei dem Kunden nach Entgeltgruppe 4 zuzüglich einsatzbezogenem Zuschlag. Die Beklagte hat demgegenüber nach der tariflichen Entgeltgruppe 4 ohne Zuschlag abgerechnet und den daraus folgenden Nettobetrag zur Auszahlung gebracht.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klägerin den Anspruch auf Zahlung von Verzugslohn für die Zeit vom 01.08.2015 bis zum 28.02.2016 in Höhe von 25.550,00 € brutto abzüglich gezahlter 5.742,80 € netto weiterverfolgt.
Im Kammertermin vom 15.02.2017 in dem Parallelrechtsstreit 4 Sa 687/16 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, der auch den vorliegenden Rechtsstreit miterledigte, hiervon jedoch ausdrücklich die Kostenentscheidung ausnahm.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits waren der Klägerin gemäß § 91a Abs. 1 ZPO aufzuerlegen. Hierüber hat außerhalb der mündlichen Verhandlung der Vorsitzende allein zu entscheiden (§§ 64 Abs. 7, 53 Abs. 1 ArbGG).
1.Die für eine Entscheidung nach § 91a ZPO in zweiter Instanz erforderliche Zulässigkeit des Rechtsmittels ist gegeben.
2.Gemäß § 91a ZPO sind die Kosten grundsätzlich der Partei aufzuerlegen, die im Kostenpunkt unterlegen gewesen wäre, wenn sich der Rechtsstreit nicht erledigt hätte. Hiernach waren unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts in dem angegriffenen Urteil vom 12.05.2016 verwiesen. Zu den Berufungsangriffen hiergegen sei nur das Nachfolgende ausgeführt:
a.Nach der Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag hat die Klägerin Anspruch auf den einsatzbezogenen Zuschlag ausdrücklich nur für die Dauer ihres Einsatzes bei dem Kunden. Unstreitig war der Einsatz dort bereits vor Beginn des Streitzeitraums am 08.06.2016 beendet worden. Die Klägerin hat auch nicht dargelegt, dass sie während des Annahmeverzuges dort eingesetzt worden wäre.
b.Die Vereinbarung eines einsatzbezogenen Zuschlages ausschließlich für die Dauer der Einsatzzeiten bei einem Kunden verstößt nicht gegen § 11 Abs. 4 Satz 2 AÜG. Danach kann das Recht des Leiharbeitnehmers auf Vergütung bei Annahmeverzug des Verleihers (§ 615 Satz 1 BGB) nicht durch Vertrag aufgehoben oder beschränkt werden. Die Vorschrift steht der hier vorliegenden Vereinbarung nicht entgegen.
aa.Das Arbeitnehmer...