Entscheidungsstichwort (Thema)

Höhe der Ausbildungsvergütung bei Mindestempfehlungen der Rechtsanwaltskammer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Parteien streiten über die Höhe der Ausbildungsvergütung. Während der Ausbildung bei den beklagten Rechtsanwälten beschloß die zuständige Rechtsanwaltskammer für die ab dem 01.07.1994 abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum Anwaltsgehilfen oder zur Anwaltsgehilfin die Mindestempfehlungen für die Ausbildungsvergütung anzuheben und die laufenden Verträge anzupassen. Die Beklagten weigerten sich gegenüber der Klägerin unter Hinweis auf den abgeschlossenen Ausbildungsvertrag, die Anpassung der Ausbildungsvergütung vorzunehmen. Der Schlichtungsausschuß entsprach dem Begehren der Klägerin. Die dieser Entscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung war nicht unterschrieben. Nach Ablauf von zwei Wochen nach Zustellung des Spruchs erhob die Klägerin Zahlungsklage.

  1. Für eine nach Fristablauf des § 111 Abs. 2 Satz 3 ArbGG erhobene Klage gilt § 9 Abs. 5 Satz 4 ArbGG entsprechend, wenn die Rechtsmittelbelehrung im Spruch des Schlichtungsausschusses nicht unterschrieben worden ist.
  2. Die Mindestempfehlungen der zuständigen Rechtsanwaltskammer stellen einen objektivierten Maßstab dar, was als angemessene Ausbildungsvergütung i. S. der §§ 10 Abs. 1, 18 BBiG anzusehen ist. Dies gilt ungeachtet dessen, daß eine berufsständische Kammer nicht berechtigt ist, Mindestsätze für die Ausbildungsvergütung verbindlich festzusetzen.
  3. Wegen § 18 BBiG besteht auch im laufenden Ausbildungsverhältnis ein Anspruch auf Anpassung der Ausbildungsvergütung, wenn sich die Mindestempfehlungen der Rechtsanwaltskammer zugunsten des Auszubildenden verändern.
 

Normenkette

ArbGG § 111 Abs. 2 S. 3; BBiG §§ 10, 18

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 06.02.1997; Aktenzeichen 11 Ca 5822/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 30.09.1998; Aktenzeichen 5 AZR 690/97)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten zu 1) bis 3) gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.02.1997 – 11 Ca 5822/96 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen den Beklagten zur Last.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der der Klägerin zustehenden Ausbildungsvergütung.

Die Klägerin stand aufgrund eines Ausbildungsvertrags vom 25.06.1993 in derzeit vom 01.07.1993 bis zum 30.06.1996 bei den beklagten Rechtsanwälten in einem Ausbildungsverhältnis zur Anwaltsgehilfin. Gemäß § 5 des Ausbildungsvertrages war die Vergütung wie folgt geregelt:

1. Ausbildungsjahr

DM 550,–

2. Ausbildungsjahr

DM 650,–

3. Ausbildungsjahr

DM 740,–.

Die vereinbarte Ausbildungsvergütung entsprach den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses geltenden Mindestempfehlungen der zuständigen Rechtsanwaltskammer.

Mit Wirkung vom 01.07.1994 beschloß die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, für die ab dem 01.07.1994 abgeschlossenen Ausbildungsverträge die Mindestempfehlungen für die Ausbildungsvergütung für das erste Ausbildungsjahr auf 925,– DM brutto, für das zweite Ausbildungsjahr auf 1.025,– DM brutto und für das dritte Ausbildungsjahr auf 1.125,– DM brutto anzuheben und die zu diesem Zeitpunkt bereits laufenden Verträge an diese Mindestempfehlungen anzupassen.

Mit Schreiben vom 04.06.1996 rief die Klägerin den Schlichtungsausschuß bei der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf an mit dem Ersuchen, ihre Ausbildungsvergütung für die Zeit vom 01.07.1994 bis zum 30.06.1995 anzupassen. Der Schlichtungsausschuß der Rechtsanwaltskammer in Düsseldorf entsprach dem Antrag der Klägerin durch Entscheidung vom 01.07.1996. Die dieser Entscheidung beigefügte Rechtsmittelbelehrung ist nicht unterschrieben. Der begründete Beschluß, der von den Beklagten nicht anerkannt worden ist, wurde am 25.07.1996 den Parteien zugestellt.

Mit einer bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf am 14.08.1996 anhängig gemachten Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die Beklagten seien verpflichtet, für die Zeit vom 01.07.1994 bis zum 30.06.1996 die monatlichen Differenzbeträge zwischen 650,– und 820,– DM brutto bzw. 740,– und 900,– DM brutto als Ausbildungsvergütung zahlen zu müssen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie als Gesamtschuldner 3.960,– DM brutto nebst 7 % Zinsen aus den sich ergebenden Nettobeträgen von

jeweils 170 – DM brutto ab dem 31.07.1994, dem 31.08.1994, dem 30.09.1994, dem 31.10.1994, dem 30.11.1994, dem 31.12.1994, dem 31.01.1995, dem 28.02.1995, dem 31.03.1995, dem 30.04.1995, dem 31.05.1995 und dem 30.06.1995, sowie

aus jeweils 160,– DM brutto seit dem 31.07.1995, dem 31.08.1995, dem 30.09.1995, dem 31.10.1995, dem 30.11.1995, dem 31.12.1995, dem 31.01.1996, dem 29.02.1996, dem 31.03.1996, dem 30.04.1996, dem 31.05.1996 und dem 30.06.1996 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben sich vor allem damit verteidigt, daß der mit der Klägerin abgeschlossene Ausbildungsvertrag vom 07.07.1993 nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoße. Die Mindestempfehlungen der Kammer stellten kein Gesetz im Sinne dieser Vorschrift...

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