Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsstillegung infolge Produktionsverlegung durch den Erwerber

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Betriebsübergang liegt nicht vor, wenn dem Erwerber, der mit den Anlage- und Umlaufgütern eines Betriebs die Produktion an einem anderen Ort fortsetzen will, dort der wesentliche Teil der bisherigen Belegschaft, insbesondere die „Leistungsträger”, nicht zur Verfügung steht und er mit neuem Personal eine funktionsfähige Betriebsorganisation aufbauen muß.

Diese Konstellation ist regelmäßig gegeben, wenn die Betriebsgüter an einen weit entfernten Ort (i. c. ins Ausland) verbracht werden.

 

Normenkette

BGB § 613a; KSchG § 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 10.11.1994; Aktenzeichen 9 Ca 5500/94)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.11.1994 wird kostenfällig zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen Kündigung.

Der Kläger, 45 Jahre alt, geschieden, war seit dem 01.01.1993 als Drucktechniker gegen eine Monatsvergütung von zuletzt ca. DM 5.500,– brutto bei der Beklagten tätig, die in ihrem Betrieb in E. sechs Arbeitnehmer beschäftigte. Die Beklagte ist Tochtergesellschaft der F. B. GmbH, diese Tochtergesellschaft der F. I. SA. Die F. I. SA hatte als weiteres Tochterunternehmen die F. S. Ltd., England. Die Beklagte wurde von der F. S. Ltd. geführt, erhielt ausschließlich von ihr Aufträge und lieferte die Erzeugnisse an sie bzw. an deren Kunden aus. Die Druckmaschine, an der der Kläger und seine Kollegen eingesetzt waren, stand ebenfalls im Eigentum der F. S. Ltd.

Ende Juli 1994 wurde die F. S. Ltd. unter Einschluß der bei der Beklagten aufgestellten Druckmaschine an die Firma S. H. Ltd. verkauft.

Die Beklagte beschloß und vollzog die Betriebsstillegung zum 30.09.1994. Sie befindet sich in Liquidation.

Mit Schreiben vom 03.08.1994 sprach die Beklagte gegenüber dem Kläger die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.1994 wegen Betriebsschließung aus und teilte mit, daß die Druckmaschine veräußert worden sei und in den nächsten Wochen demontiert werde.

Der Kläger hat am 18.08.1994 beim Arbeitsgericht Düsseldorf Kündigungsschutzklage eingereicht, das Vorliegen betriebsbedingter Gründe bestritten und behauptet, daß die Beklagte genug Arbeit habe. Später hat er behauptet, daß der Betrieb der Beklagten lediglich nach England verlegt worden sei. Die Produktion werde mit den dorthin transportierten Produktionsmitteln wie bisher weitergeführt.

Er hat beantragt,

festzustellen, daß das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die mit Schreiben vom 03.08.1994 ausgesprochene fristgemäße Kündigung sein Ende gefunden hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat entgegengehalten, daß mit der Betriebsschließung die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger und die übrigen Arbeitnehmer entfallen sei.

Durch Urteil vom 10.11.1994 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Klagebegehren weiter. Er meint, daß mit der Veräußerung der Druckmaschine nach England ein Betriebsübergang verbunden gewesen sei. Es wäre Sache der Rechtsnachfolgerin der Beklagten gewesen, ihm das Arbeitsverhältnis in England zu ermöglichen und dessen konkrete Ausgestaltung (Arbeitszeit, Arbeitsort) mitzuteilen. Dies habe die Rechtsnachfolgerin nicht getan.

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Sie trägt vor, daß weder Geschäfts- noch andere Beziehungen zur Firma S. (H.) Ltd. bestünden. Nach Wissen des Liquidators benutze die S. Ltd. die Druckmaschine im eigenen Betrieb; ob sie von dort beschäftigten oder neu eingestellten Arbeitnehmern bedient werde, sei unbekannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den von den Parteien vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze mit den hierzu überreichten Anlagen verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß die streitbefangene Kündigung aus betriebsbedingten Gründen, nämlich wegen Betriebsstillegung und also Wegfalls der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit des Klägers, sozial gerechtfertigt ist. Der Einwand des Klägers, daß der Betrieb nach England verlegt worden und auf die Erwerberin der Druckmaschine übergegangen sei, greift nicht durch. Es hat kein Betriebsübergang i.S.v. § 613 a Abs. 1 BGB stattgefunden.

Die sachlichen und immateriellen Betriebsmittel machen einen Betrieb dann aus, wenn der Inhaber mit ihnen und mit Hilfe der Arbeitnehmer bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgen kann. Mit dem bloßen Besitz von Produktionsmitteln (Maschinen, Werkzeuge, sonstige Arbeitsgeräte oder Einrichtungsgegenstände) und zur (Weiter-)Verarbeitung bestimmten Erzeugnissen ist kein Produktionsbetrieb gegründet. Der Erwerb der Anlage- und Umlauf guter ist also auch kein Betriebsübergang. Dies liegt auf der Hand, wenn Veräußerer der Hersteller oder ein Ha...

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