Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung des Arbeitgebers an getroffene Vereinbarungen bei einem Gesellschafterwechsel
Leitsatz (amtlich)
Maßgeblich für einen Betriebs- bzw. Unternehmensübergang ist stets der Wechsel der Rechtspersönlichkeit des Betriebsinhabers.
Normenkette
BGB § 613a; RL 2001/23/EG Art. 3 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 13.02.2015; Aktenzeichen 3 Ca 3057/14) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Essen vom 13.02.2015 - Az.: 3 Ca 3057/14 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Es wird festgestellt, dass auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Vorschriften des TVöD-K für den Bereich der VKA einschließlich der diese Vorschriften ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab 01.12.2014 nach der Entgeltgruppe 7 a Stufe 6 der KR-Anwendungstabelle Anlage E des TVöD-K zu vergüten.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 226,61 EUR brutto zuzüglich steuerfreier Sonntagszuschläge in Höhe von 6,20 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2014 sowie weitere 252,84 EUR brutto zuzüglich 6,20 EUR brutto steuerfreie Sonntagszuschläge nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem 01.11.2014 zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.979,76 EUR brutto zuzüglich steuerfreier Sonntags- und Feiertagszuschläge in Höhe von 10,40 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2014 zu zahlen.
II.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 59 % und die Beklagte zu 41 %.
IV.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob und mit Wirkung zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis vom BAT in den TVöD überzuleiten ist und welche Vergütungsansprüche sich hieraus ergeben.
Die klagende Partei ist bei der Beklagten seit dem 10.04.1995 als Krankenpfleger im Schicht- und Wechseldienst angestellt. Seine Wochenarbeitszeit beträgt 35,05 Stunden. Er war zuletzt in der Vergütungsgruppe BAT KR 5a eingruppiert gewesen.
Die Beklagte betreibt eine Rehabilitationsklinik. Sie war und ist nicht mitgliedschaftlich an die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gebunden. Die Voraussetzungen für einen Beitritt zur Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) lagen zu keinem Zeitpunkt vor. Am 01.01.2002 erwarb die N. AG die Gesellschaftsanteile der Beklagten.
Im schriftlichen Arbeitsvertrag, wegen dessen vollständigem Inhalt auf die mit der Klageschrift zu den Akten gereichte Kopie verwiesen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:
"Für das Arbeitsverhältnis gelten entsprechend die Vorschriften des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vom 23. Februar 1961 (einschließlich der Anlagen 1a und 1b zum BAT), die diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung und die für die FRR erlassenen Betriebsvereinbarungen, Dienstanweisungen und Richtlinien, soweit in diesem Arbeitsvertrag nicht ausdrückliche Regelungen getroffen sind."
Trotz der gemäß § 2 Abs. 1 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) zum 01.10.2005 vorgesehenen Überleitung vom BAT auf den TVöD, wandte die Beklagte weiterhin den BAT an; Tariferhöhungen wurden nicht weitergegeben.
Im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat eine "Betriebsvereinbarung vom 09.04.2008", die unter anderem die Geltung des BAT sowie den Verzicht auf Sonderzahlungen beinhaltete. Im Gegenzug übernahm die Muttergesellschaft der Beklagten eine zeitlich befristete Entgeltgarantie bis zum 31.05.2014. Außerdem wurde die Möglichkeit betriebsbedingter Kündigungen eingeschränkt.
Die Betriebsvereinbarung vom 09.04.2008 lautet auszugsweise wie folgt:
"I. Geltungsbereich
Die Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer der N. Fachklinik, die den in der Anlage zu dieser Betriebsvereinbarung befindlichen Änderungsvertrag unterzeichnet haben.
...
II. Rechtswirkungen
Es besteht Einvernehmen zwischen den Betriebspartnern, dass die Rechte aus der Betriebsvereinbarung unmittelbar zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber bestehen. Die Betriebsvereinbarung wird in den Änderungsvereinbarungen in Bezug genommen und damit auch individual-rechtlicher Bestandteil der Arbeitsverträge.
...
VII. Änderungen der Individualverträge
Den Arbeitnehmern mit BAT-Verträgen werden Änderungsvereinbarungen zu ihrem Arbeitsvertrag vorgelegt. Die Änderungsvereinbarungen beinhalten im Wesentlichen die folgenden Regelungen:
1. Die Arbeitnehmer verzichten für die Laufzeit auf die tarifliche Sonderzahlung, die Nachzahlung von Sonderzahlungen für die Vergangenheit und das Urlaubsgeld.
2. Sie erhalten eine Sonderzahlung von 300 € jährlich.
...
3. Der BAT gilt sta...