Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Arbeitnehmers auf Aussetzung der Entscheidung über die Besetzung einer Stelle bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren
Leitsatz (amtlich)
Arbeitgeber bestimmt das Anforderungsprofil im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Anforderungsprofil muss nachvollziehbar sein im Hinblick auf das Prinzip der Bestenauslese gemäß Ar. 33 Abs. 2 GG.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 27.04.2017; Aktenzeichen 1 Ga 16/17) |
Tenor
Auf die Berufung des Verfügungsklägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 27.04.2017 - 1 Ga 16/17 teilweise abgeändert:
Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, im Auswahlverfahren zur Umsetzung der Entfristung von Tarifbeschäftigten (Infoport - Info vom 28.02.2017 - Abteilung 1 Informiert-Nr. 03/2017), innerhalb der ersten Tranche (Verträge mit Beendigungstermin zwischen dem 30.06.2017 und dem 31.01.2018) bezogen auf die Organisationseinheiten 530 und 531 andere Beschäftigte des mittleren Dienstes als den Verfügungskläger in unbefristete Anstellungsverhältnisse zu übernehmen, bis im Hauptsacheverfahren über die Berücksichtigung des Verfügungsklägers als Kandidat im Auswahlverfahren rechtskräftig entschieden ist.
- Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger und die Beklagte zu je 1/2.
Tatbestand
Von der Darstellung des Tatbestandes wird nach § 69 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Berufung des Verfügungsklägers ist zulässig.
Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.
II.
In der Sache hat die Berufung - soweit sie nach der Teilrücknahme vom 16.06.2017 noch anhängig ist - Erfolg. In dem Kammertermin vom 16.06.2017 hat der Verfügungskläger gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG, § 525 ZPO und § 269 Abs. 1 ZPO den Hauptantrag zu Ziffer 1 aus der Berufungsbegründung vom 22.05.2017 zurückgenommen. Dies war im einstweiligen Verfügungsverfahren auch ohne Zustimmung des Verfügungsbeklagten möglich (vgl. OLG Düsseldorf vom 13.07.1982 - 2 U 54/82 in NJW 1982, 2452; Musielak/Voit § 269 ZPO Rdnr. 22), da die beschränkte Rechtskraft einer erzwungenen Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren ein Hauptsacheverfahren in der Regel nicht verhindern wird.
Die Formulierung des Antrages zu Ziffer 3 aus der Berufungsbegründung vom 22.05.2017 als Hauptantrag stellt gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit § 533 Ziffer 1 ZPO eine zulässige Klageänderung dar, denn in diese hatte die Verfügungsbeklagte dadurch eingewilligt, dass sie sich mit dem Antrag auf Zurückweisung der Berufung auf diese eingelassen hatte. Dies gilt auch dafür, dass der Verfügungskläger neben der Organisationseinheit 530 zusätzlich die Organisationseinheit 531 in seinen Klageantrag aufgenommen hat.
Der Hauptantrag des Verfügungsklägers ist zulässig und begründet. Der weiter als Hilfsantrag gestellte Antrag zu Ziffer 2 aus der Berufungsbegründungsschrift vom 22.05.2017 fällt damit nicht zur Entscheidung an.
1. Für den von dem Verfügungskläger gestellten Hauptantrag, der Verfügungsbeklagten zu untersagen, im Auswahlverfahren zur Umsetzung der Entfristung von Tarifbeschäftigten (Infoport-Info vom 28.02.2017 - Abteilung 1 Informiert-Nr. 03/2017), innerhalb der ersten Tranche (Verträge mit Beendigungstermin zwischen dem 30.06.2017 und dem 31.01.2018) bezogen auf die Organisationseinheiten 530 und 531 andere Beschäftigte des mittleren Dienstes als den Verfügungskläger in unbefristete Anstellungsverhältnisse zu übernehmen, bis im Hauptsacheverfahren über die Berücksichtigung des Verfügungsklägers als Kandidat im Auswahlverfahren rechtskräftig entschieden ist, ist ein Verfügungsgrund gegeben.
a) Nach den Bestimmungen der §§ 935 ff ZPO kommt der Erlass einer einstweiligen Verfügung nur in Betracht, wenn es sich um eine dringliche Angelegenheit handelt und deswegen die Entscheidung im Eilverfahren erforderlich ist. Bei der hier vorliegenden Sicherungsverfügung gemäß den §§ 935, 940 ZPO muss die objektive Gefahr bestehen, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechtes vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Insoweit muss der Erlass einer einstweiligen Verfügung notwendig sein. Für die Verfügung muss eine Dringlichkeit bzw. Eilbedürftigkeit bestehen. Daran fehlt es, wenn dem Verfügungskläger auch mit einer späteren Verwirklichung seines Rechts im ordentlichen Prozessweg gedient ist.
b) Vorgenannte Grundsätze führen zu dem Ergebnis, dass hier eine Eilbedürftigkeit gegeben ist. Denn wenn die 184 Stellen in der ersten Tranche bis zum 30.01.2018 vergeben sind, kann der Verfügungskläger die Vergabe einer unbefristeten Stelle im mittleren Dienst an ihn nicht mehr verlangen.
Dies beruht darauf, dass von dem Bundesarbeitsgericht in ständiger Rechtsprechung angenommen wird, dass der Anspruch eines Bewerbers nach Art. 33 Abs. 2 GG voraussetzt, dass es ein öffentliches Amt gibt, das...