Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessvergleich, Rücktritt
Leitsatz (amtlich)
Zum Rücktrittsrecht des Arbeitnehmers gemäß § 326 BGB und aus positiver Vertragsverletzung bei Nichterteilung eines im gerichtlichen Abfindungsvergleich vereinbarten Zwischenzeugnisses.
Normenkette
BGB §§ 320, 326, 779
Verfahrensgang
ArbG Krefeld (Entscheidung vom 10.07.2001; Aktenzeichen 5 Ca 1428/01) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 10.07.2001 – 5 Ca 1428/01 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger rechtswirksam von einem Prozessvergleich zurückgetreten ist.
Der Kläger war ab dem 01.10.1998 als Koordinator des Rechenzentrums im Bereich IT-Organisation der Beklagten zu einem Bruttomonatsverdienst von 7.676,– DM beschäftigt. Mit Schreiben vom 10.05.2000 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.06.2000. Der Kläger wandte sich gegen diese Kündigung vor dem Arbeitsgericht Krefeld mit einer Kündigungsschutzklage. Im Laufe des Rechtsstreits erhob die Beklagte Widerklage auf Rückzahlung von Gehalt. Im Kammertermin vom 13.12.2000 schlossen die Parteien folgenden Vergleich:
- Die Parteien sind sich einig, dass ihr Arbeitsverhältnis aufgrund ordnungsgemäßer betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 10.05.2000 am 31.03.2001 sein Ende finden wird.
- Bis zu diesem Zeitpunkt wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt, wobei sich die Parteien darüber einig sind, dass der Kläger unter Fortzahlung seiner Bezüge und unter Anrechnung auf eventuelle Resturlaubsansprüche von seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt bleibt.
- Die Beklagte zahlt an den Kläger als Ausgleich für den Verlust des sozialen Besitzstandes eine Sozialplanabfindung gemäß §§ 9, 10 KSchG, 3 Ziff. 9 EStG in Höhe von 18.126,– DM brutto, die sofern möglich, am 15.01.2001 ausgezahlt werden soll.
- Die Beklagte erteilt dem Kläger ein wohlwollendes qualifiziertes Zwischenzeugnis, das sich auf Führung und Leistung erstreckt und ihn nicht in seinem beruflichen Fortkommen hindert, mit dem Ausstellungsdatum 30.11.2000. Zum Beendigungsdatum wird die Beklagte dem Kläger ein dem Zwischenzeugnis entsprechendes Endzeugnis erteilen.
- Mit Erfüllung dieses Vergleichs sind sämtliche wechselseitigen Ansprüche der Parteien aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung sowie auch der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
In der Folgezeit wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 09.01.2001 an die Beklagte und bat unter anderem um Erteilung des Zwischenzeugnisses bis zum 17.01.2001, da er dieses dringend für seine Bewerbungen benötige. Mit einem weiteren Schreiben vom 24.02.2001 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er noch kein Zwischenzeugnis erhalten habe und nunmehr um Zusendung bis spätestens zum 05.03.2001 bitte; bei fruchtlosem Verstreichen der Frist sei er gezwungen, ohne weitere Mahnung die Vollstreckung aus dem Prozessvergleich zu betreiben oder diesen wegen Nichterfüllung zu widerrufen. Die Beklagte erklärte darauf mit Schreiben vom 27.02.2001, das gewünschte Zwischenzeugnis bereits Mitte Januar zugeschickt zu haben; da es anscheinend nicht angekommen sei, werde ein neues Zeugnis ausgestellt und so schnell wie möglich an den Kläger gesandt. Mit Schreiben vom 26.03.2001 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Prozessvergleich, da Ziffer 4 immer noch nicht erfüllt sei. Am 29.03.2001 händigte die Beklagte dem Kläger alsdann durch Boten ein Zwischenzeugnis mit Datum vom 30.11.2000 und ein Abschlusszeugnis mit Datum vom 31.03.2001 aus.
Mit einem am 14.05.2001 beim Arbeitsgericht Krefeld eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger die Fortsetzung des Rechtsstreits beantragt.
Er hat dazu ausgeführt: Die Beklagte sei nach den vorliegenden Umständen verpflichtet gewesen, ihm das im Vergleich vereinbarte Zwischenzeugnis zu übersenden. Da die Beklagte mit der Erfüllung einer Hauptleistungspflicht erheblich in Verzug geraten sei, habe er vom Prozessvergleich zurücktreten können. An dem erst am 29.03.2001 zugegangenen Zwischenzeugnis habe er kein Interesse mehr gehabt. Ein Rücktrittsrecht ergebe sich jedenfalls aus dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Verfahren durch den unter dem 13.12.2000 vor dem Arbeitsgericht Krefeld abgeschlossenen Vergleich nicht beendet worden ist;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 10.05.2000, ihm zugegangen am 10.05.2000, nicht aufgelöst worden ist;
- die Beklagte zu verurteilen, ihn für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu Ziffer 2 zu den im Arbeitsvertrag vom 14.08.1998 geregelten Arbeitsbedingungen als Koordinator des Rechenzentrums im Bereich IT-Organisation bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
festzustellen, dass das Verfahren durch den unter dem 13.12.2000 vor dem Arbeitsgericht Krefeld abgeschlossenen Ver...