Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Anspruchs eines Arbeitnehmers auf einen Zuschuss zur Umrüstung des Kohleofens nach dem Ende des Steinkohlebergbaus aus Vertrauensschutzgesichtspunkten
Leitsatz (amtlich)
1. Einem Anspruch auf einen Zuschuss zur Umrüstung des Kohleofens nach dem Ende des Steinkohlebergbaus steht die abschließende tarifliche Regelung im Tarifvertrag vom 29.04.2015 zur Änderung des Manteltarifvertrags für die Arbeitnehmer des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus entgegen.
2. Unabhängig davon scheidet ein Anspruch auf einen Zuschuss zur Umrüstung des Kohleofens nach dem Ende des Steinkohlebergbaus aus Vertrauensschutzgesichtspunkten aus, weil die Bergleute angesichts des langjährigen politischen Prozesses zum Steinkohlenausstieg nicht darauf vertrauen, dass die Belieferung mit Hausbrandkohle auch nach dem Ende des deutschen Steinkohlenbergbaus fortgesetzt werden würde. Für die zwischenzeitlich eingetretenen Veränderungen auf dem Heizungsmarkt muss die Arbeitgeberin nicht einstehen.
Normenkette
BGB § 241 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 12.06.2023; Aktenzeichen 6 Ca 2275/22) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 12.06.2023 - 6 Ca 2275/22 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Übernahme von Kosten einer Heizungsumrüstung.
Die Beklagte betrieb in der Vergangenheit Steinkohlenbergwerke im Saarland und in Nordrhein-Westfalen. Der Steinkohlenbergbau im Revier Saar wurde zum 30.06.2012 eingestellt. Nachdem das von der Beklagten betriebene Bergwerk Q. in Marl zum 31.12.2015 geschlossen wurde, gab es in Deutschland nur noch das Bergwerk der Beklagten M. in Bottrop und das von der damaligen R. GmbH in Ibbenbüren betriebene Bergwerk. Beide Bergwerke wurden zum 31.12.2018 geschlossen. Anschließend wurde die R. GmbH auf die Beklagte verschmolzen.
Für alle drei vorgenannten Standorte gab es tarifliche Regelungen über den Bezug von Hausbrandkohlen bzw. ersatzweise einer Energiebeihilfe. Die Voraussetzungen für den Bezug waren sowohl für aktive als auch ehemalige Arbeitnehmer je nach Bergwerkszugehörigkeit in der Anlage 7 zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus (im Folgenden MTV Rhein-Ruhr), der Anlage 7 zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Ibbenbürener Steinkohlenbergbaus (im Folgenden: MTV Ibbenbüren) bzw. der Anlage 5 zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des Saarbergbaus (im Folgenden MTV Saar) geregelt. Die Tarifverträge fanden unabhängig von einer Tarifbindung kraft arbeitsvertraglicher Verweisung auf alle Arbeitsverhältnisse Anwendung.
In den Standorten in Nordrhein-Westfalen erhielten aktive, verheiratete Arbeitnehmer 7 Tonnen Hausbrandkohlen und aktive, unverheiratete Arbeitnehmer 3,5 Tonnen Hausbrandkohlen pro Jahr. Verheiratete Arbeitnehmer, die nicht zur Gruppe der Arbeiter, sondern zur Gruppe der Angestellten gehörten, erhielten nach der Anlage 7 a.F. zum MTV Rhein-Ruhr bzw. Ibbenbüren a.F. Hausbrandkohlen "in genügender Menge". Ausgeschiedene Arbeitnehmer des Reviers Ruhr bzw. des Bergwerks Ibbenbüren konnten nach Renteneintritt Hausbrandkohle im Umfang von 2,5 Tonnen pro Jahr beziehen, wenn sie zur Gruppe der Arbeiter gehörten, und im Umfang von 3 Tonnen pro Jahr, wenn sie Angestellte waren. Unter bestimmten gesundheitlichen Voraussetzungen bestand Anspruch auf eine höhere Menge. Im Revier Saar erhielten aktive Arbeitnehmer zwischen 100 und 180 Zentner Hausbrandkohle und ausgeschiedene Mitarbeiter im Umfang von 50 Zentner (=2,5 Tonnen) pro Jahr.
In Ziffer I.4. [§ 91] Anlage 7 MTV Rhein-Ruhr und MTV Ibbenbüren bzw. § § 4 Abs. 1 23 Anlage 5 MTV Saar wurde Hausbrand bzw. Hausbrandkohle als "für Kleinfeuerungsanlagen geeignete Festbrennstoffe aus der eigenen Produktion des deutschen Steinkohlenbergbaus" definiert. Weiter wurde in Ziff. II.1. Nr. 6 und Ziff. II.2. Nr.13 der jeweiligen Anlage 7 zu den MTVen Rhein-Ruhr und Ibbenbüren für die ausgeschiedenen Mitarbeiter Folgendes geregelt:
"Jedes Bergwerksunternehmen ist verpflichtet, im Falle seiner Auflösung, der Stilllegung oder des Verkaufes seiner Zechen (Verlust der Kohlenbasis) die Erfüllung der sich ergebenden Ansprüche sicherzustellen."
§ 30 Anlage 5 MTV Saar enthielt eine entsprechende Regelung, in der lediglich statt des Begriffs "Zechen" das Wort "Gruben" verwendet wurde.
Den aktiven und ehemaligen Arbeitnehmern stand ursprünglich ein Wahlrecht zwischen dem Bezug von Hausbrandkohle und der Inanspruchnahme einer Energiebeihilfe zu. Diese betrug nach Abzug einer Gebühr für die Lieferung von Festbrennstoffen seit dem 01.07.1992 in den Revieren Ruhr und Ibbenbüren 122,20 € brutto und im Revier Saar 113,51 € brutto je Tonne Bezugsrecht pro Jahr.
Unter Ziffer II. 7 (§ 106) und Ziffer 14. (§ 51) der Anlage 7 zu den Manteltarifverträgen Rhein-Ruhr und Ibbenbüren sowie unter § 31 der Anlage 5 zum MT...