Entscheidungsstichwort (Thema)
Verweisungsklausel im Arbeitsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitgeber einen Anerkennungstarifvertrag wirksam gekündigt, ist er an die „anerkannten Tarifwerke” nicht mehr gebunden. Mit dem Ablauf der Kündigungsfrist endet die unmittelbare und zwingende Wirkung sämtlicher aufgrund des Anerkennungstarifvertrags zur Anwendung kommenden Tarifnormen.
Normenkette
TVG § 4 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Wuppertal (Urteil vom 28.11.2006; Aktenzeichen 1 Ca 2896/06 v) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal – Gerichtstag W. – vom 28.11.2006 – 1 Ca 2896/06 v – ab geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des ersten Rechtszuges trägt der Kläger.
Die Kosten des Berufungs verfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Der Gerichtsgebührenwert für beide Instanzen wird auf 1.774,88 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Anwendung eines Lohnabkommens und sich daraus ergebende Zahlungsansprüche des Klägers für den Zeitraum von März bis September 2006.
Der am 07.06.1966 geborene Kläger ist seit dem 10.09.1990 bei der Beklagten in deren Betrieb in W. als Betriebsschlosser beschäftigt. Er ist Mitglied der IG Metall. Sein Arbeitsvertrag vom 20.08.1990 besteht aus Vertragsbestimmungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert worden sind. Er enthält u.a. folgende Regelungen:
„3. Der Lohn setzt sich wie folgt zusammen:
Lohn- bzw. Stammlohngruppe |
7 |
14,45 DM |
Außertarifliche Zulage |
|
2,05 DM |
Betrieblicher Stundenlohn |
|
16,50 DM |
Bei Änderung der Tätigkeit oder der Wertigkeit der verrichteten Arbeit oder wenn ein offensichtlicher Irrtum bei der Eingruppierung unterlaufen ist, kann die Lohn- bzw. Stammlohngruppe zum Ende einer Lohnabrechnungsperiode geändert werden. Im Übrigen besteht die Verpflichtung, jederzeit verschiedenwertige Tätigkeiten wie auch Arbeiten bei verschiedenen Lohnformen zu verrichten.
Die außertarifliche Zulage ist jederzeit und nach freiem Ermessen widerruflich mit einer Frist von 4 Wochen; sie kann darüber hinaus mit evtl. zukünftigen Tariflohnerhöhungen verrechnet werden.
…
8. Auf das Arbeitsverhältnis finden im Übrigen die jeweils gültigen Tarifverträge und Abkommen der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie von Nordrhein-Westfalen Anwendung. Die nachwirkenden Bestimmungen gekündigter Tarifverträge bzw. Abkommen gelten für dieses Arbeitsverhältnis als vereinbart, außerdem die einschlägigen Betriebsvereinbarungen sowie die Arbeitsordnung, deren Inhalt hiermit als rechtsverbindlich anerkannt wird.
…”
Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie mit ca. 50 Arbeitnehmern, das früher Mitglied des Arbeitgeberverbandes war. Die nicht mehr verbandsangehörige Beklagte schloss – wie sich erst im zweiten Rechtszug herausgestellt hat – am 21.07.1981 mit der IG Metall einen „Anerkennungstarifvertrag”. Dieser hat folgenden Wortlaut:
„§ 1
Dieser Tarifvertrag gilt räumlich für den Betrieb Q. P. und Söhne GmbH für den Bereich W..
§ 2
Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Tarifvertrages geltenden Tarifverträge für Arbeiter, Angestellte und Auszubildende der Metallindustrie des Tarifgebietes Nordrhein-Westfalen, abgeschlossen zwischen der Industriegewerkschaft Metall für die Bundesrepublik Deutschland, Vorstand, Bezirksleitung Hagen, und dem Verband der Metallindustrie Nordrhein-Westfalen e.V., sind Bestandteil dieses Tarifvertrages. Ihre Inhalte gelten für die unter dem Geltungsbereich (§ 1) aufgeführten Arbeitnehmer. Die geltenden Tarifverträge sind in der Anlage zum Anerkennungstarifvertrag bezeichnet, die Teil dieses Tarifvertrages ist.
§ 3
Werden diese Tarifverträge oder Teile von ihnen gekündigt, gelten sie auch zwischen den Parteien dieses Anerkennungstarifvertrages als gekündigt.
Forderungen, die zu den in Bezug genommenen Tarifverträgen gestellt werden, gelten auch gegenüber der Partei dieses Tarifvertrages als gestellt.
Arbeitskampffreiheit und Friedenspflicht regeln sich so, als wäre die Firma Mitglied des Arbeitgeberverbandes, der die in Bezug genommenen Tarifverträge abgeschlossen hat.
Die Parteien dieses Tarifvertrages verpflichten sich im Falle eines drohenden Arbeitskampfes über die anstehenden Forderungen oder Probleme zu verhandeln. Ziel ist eine einvernehmliche Lösung, um die Firma Q. P. und Söhne GmbH aus einem allgemeinen Arbeitskampf herauszuhalten.
Zwischen den Parteien finden alle Abkommen, Zusatzabkommen, Vertragsänderungen und -ergänzungen Anwendung, die zwischen den Parteien der mit diesem Vertrag in Bezug genommenen Tarifverträge zu den unter § 2 genannten Tarifverträgen abgeschlossen werden. Dies gilt auch hinsichtlich des Inkrafttretens neuer Tarifbestimmungen, die an Stelle der in Bezug genommenen Tarifverträge bzw. Tarifbestimmungen treten.
§ 4
Die in Bezug genommenen Tarifverträge gelten in der jeweils gültigen Fassung und mit dem jeweils gültigen Rechtsstatus.
§ 5
Dieser Tarifvertrag kann mit einer Frist von 3 Monaten, erstmals zum 31.12.1983, gekündigt werden.”
Die Anlage zu d...