Entscheidungsstichwort (Thema)

Immunität. Schulwesen. ausländischer Staat

 

Leitsatz (amtlich)

Die Republik Griechenland genießt bei Kündigungsrechtsstreitigkeiten mit Lehrkräften, die bei ihr für eine von ihr in Deutschland für die dort lebenden griechischen Kinder bzw. Jugendlichen betriebene Schule angestellt sind, Immunität nach § 20 Abs. 2 GVG.

 

Normenkette

GVG § 20 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 11.05.2011; Aktenzeichen 8 Ca 6870/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 25.04.2013; Aktenzeichen 2 AZR 110/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 – 8 Ca 6870/10 – abgeändert:

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Parteien streiten über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses nach Ausspruch einer außerordentlichen, betriebsbedingten Änderungskündigung sowie über Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte und insoweit auch über die Frage, ob die deutsche Gerichtsbarkeit wegen Staatenimmunität der Beklagten ausgeschlossen ist.

Die am 21.05.1959 geborene, verheiratete Klägerin – griechische Staatsangehörige – ist seit dem 01.12.1989 als angestellte Lehrerin für die deutsche Sprache bei der Beklagten, die in Deutschland zahlreiche Schulen unterhält, zunächst an der griechischen Ergänzungsschule in Wuppertal auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 04.12.1989 (Blatt 106 der Gerichtsakte) und seit dem 01.01.1992 auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 01.01.1992 (Blatt 9 bis 11 der Gerichtsakte) an der griechischen Ergänzungsschule in Düsseldorf mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 26 Unterrichtsstunden beschäftigt. Das durchschnittliche Bruttomonatsgehalt der Klägerin hätte ohne die Kürzungen der Beklagten zuletzt 3.690,00 EUR betragen. In der Schule, in der die Klägerin eingesetzt ist, sind fünf Angestellte und im übrigen Beamte beschäftigt. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom 01.01.1992 enthält u.a. folgende Regelungen:

„1. Frau O. G. wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 1991-1992 an der Schule Düsseldorf fortsetzen mit 22 Stunden wöchentlich im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

2. Das Arbeitsverhältnis endet, ohne dass es einer förmlichen Kündigung bedarf, wenn die Zweckmäßigkeit des Betriebs der griechischen Schulen in Deutschland endet.

3. Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

4. Der/ die Angestellte wird nach 1.13/53 der Sammlung der Schulvorschriften des deutschen Bildungsministeriums vom 20.11.1981 (BASS 21-21, Nr. 53) und den jeweils gültigen Ausführungen in die Gruppe IV b im Alter von 31 Jahre eingestuft.

7. Wenn Frau O. H. nicht arbeiten kann, weil er/ sie krank ist, ohne diese Krankheit selbst verursacht zu haben, erfolgt die Regelung über die Fortzahlung seines/ ihres Gehalts gemäß § 37 des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT).

16. Die zuständigen gerichtlichen Behörden für jede Streitsache sind die der Stadt Düsseldorf.

17.Das Urlaubsgeld beträgt dreihundert DM (300) und unterliegt allen Abzügen zur Sozialversicherung und der Einkommenssteuer.”

Mit Schreiben vom 09.11.2010 (Blatt 29 der Gerichtsakte), das der Klägerin 10.11 2010 zuging, teilte die Beklagte der Klägerin unter Anderem Folgendes mit:

„Sehr geehrter Frau H. O.,

Um die Finanzkrise zu lösen und um das Unterstützungsprogramm der griechischen Wirtschaft von den Mitgliedstaaten des Euroraums und der Internationalen Währungsfonds umsetzen zu können, nahm der griechische Staat vor, die Vergütung aller Beschäftigten/ – Besoldeten zu verkürzen (g. Ges. N3833/2010 und M3845/2010). Für Verträge der Form wie von Ihnen, wurde beschlossen, die monatlichen Bruttoverdienste um 7 % und 3 % in Zahlen 314,16 pro Monat zu verkürzen, sowie die Jahressonderzahlung abzuschaffen. Die Kürzung Ihres Gehaltes erfolgte mit 7 % ab dem 01.01.2010 und mit weiteren 3 % ab 01.06.2010. Wegen den oben genannten Gründen und nach Anordnung der DIPODE (Bildungsdirektion interkultureller Erziehung für Griechen im Ausland) mit A.P.F 821/2930E/130071/Z1 kündigen wir den bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grunde sofort und ohne Einhaltung der Frist. Gleichzeitig bieten wir Ihnen einen neuen Arbeitsvertrag mit den folgenden Bedingungen:

  1. Kürzung des monatlichen Bruttogehalts pro Monat 314,16 EUR
  2. Abschaffung der besonderen Jahressonderzahlung

Hinzufügend setzen wir Sie in Kenntnis davon, dass die Gehaltserhöhungen gemäß der (TV-L) nicht automatischen umgesetzt werden, sondern erst nach der Entscheidung Ihres Arbeitgebers, nämlich gemäß der Einsparungspolitik des Griechischen Staates. Die übrigen Bedingungen des bestehenden Vertrages bleiben unverändert. Aus den oben genannten Gründen werden Sie gebeten innerhalb von drei Wochen nach Erhalt dieser Kündigung, zu erklären, ob Sie mit den Änderungen einverstanden sind.

Andernfalls sollten Sie Ihren Vorbehalt erklär...

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