Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung nach wirksamen Widerspruch gegen einen Betriebsübergang
Leitsatz (redaktionell)
Eine Zuordnung eines Arbeitnehmers zu ausgegliederten Geschäftsbereichen ist nicht möglich, wenn er seinen Widerspruch gegen einen anderen Teilbetriebsübergang erst nach der Ausgliederung und Überleitung der Geschäftsbereiche ausgeübt hat. Dementsprechend kommt dann in den Geschäftsbereichen auch eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nicht in Betracht.
Normenkette
KSchG § 1; BGB § 613 a; BetrVG §§ 102, 21b
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Urteil vom 19.08.2010; Aktenzeichen 1 Ca 636/10 lev) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 19.08.2010 – 1 Ca 636/10 lev – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung, und hilfsweise über die Zahlung einer Sozialplanabfindung.
Der am 22.09.1966 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist seit dem 11.12.1990 bei der Beklagten (früher B.-H. AG) beschäftigt. Er war zuletzt im Werk M. im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zu einem Bruttomonatsgehalt von EUR 3.438,31 tätig.
Die B. H. AG war an unterschiedlichen Standorten in Deutschland in den Geschäftsbereichen u.a. Consumer Imaging, Health Care und Graphic Systems tätig. Der Geschäftsbereich Consumer Imaging wurde ausweislich der „Überleitungsvereinbarung” (ÜLV) vom 24.09.2004 nebst Anlagen zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B. Photo GmbH übertragen. In deren Anlage 1 werden die von der B. Photo GmbH zu übernehmenden Betriebe, Betriebsteile und die durch Betriebsspaltung neu gebildeten Teilbetriebe des Geschäftsbereichs CI aufgelistet. Weiter heißt es in der ÜLV:
„7.
Übergang der Arbeitsverhältnisse und Zuordnung
7.1
Der Übergang der Arbeitsverhältnisse aller von den Betriebsübergängen betroffenen Arbeitnehmer erfolgt unter Anwendung von § 613 a BGB. Danach tritt B. Photo GmbH als Arbeitgeber in alle am 01.11.2004 bestehenden Rechte und Pflichten aus den Arbeitsverhältnissen ein.
7.3
Der Sozialplan (Gesamtbetriebsvereinbarung zwischen der B.-H. AG und dem Gesamtbetriebsrat vom 17.01./23.02.1995 nebst sie ändernden und ergänzenden Vereinbarungen) gilt mit der Maßgabe, dass der bisherige Arbeitsplatz am selben Ort bei B. Photo GmbH oder einer Schwester- oder Tochter-Gesellschaft als in den wesentlichen Arbeitsbedingungen gleichwertig und zumutbar gemäß I Ziffer 5 des Sozialplans gilt und ein Widerspruch gegen den Übergang den Abfindungsanspruch bei anschließender Kündigung ausschließt.”
Zur Umsetzung einer gleichzeitigen Personalabbaumaßnahme vereinbarte die B.-H. AG für den Betrieb M. mit dem dortigen örtlichen Betriebsrat am 14.10.2004 einen Interessenausgleich, der zum Ausgleich der durch die Betriebsänderung entstehenden wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer in § 5 die Anwendung des Transfersozialplans (TSP) vom 19.12.2001 und der GBV vom 17.01.1995 nebst Änderungen vorsah, wobei die Transferleistungen spätestens ab Dezember 2004 anzubieten und für die Dauer der Umsetzung des Interessenausgleichs bereitzustellen waren.
Mit Schreiben vom 22.10.2004 unterrichtete die B.-H. AG über den für den 01.11.2004 geplanten Übergang des Geschäftsbereiches CI auf die B. Photo GmbH.
Mit Schreiben vom 29.06.2005 rügte der Kläger gegenüber der Beklagten die fehlerhaften Informationen über den Betriebsübergang. Er forderte weitere Informationen an und wies darauf hin, dass er nach deren Eingang die Entscheidung treffen werde, ob er dem Betriebsübergang widerspreche.
Am 01.08.2005 wurde über das Vermögen der B. Photo GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
Im August 2005 wurden die bei der B.-H. AG verbliebenen Geschäftsbereiche Health Care und Graphic Systems ausgegliedert und gingen auf neue Unternehmen über.
Mit Schreiben vom 09.02.2006 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH. Über die Rechtswirksamkeit des Widerspruchs führten die Parteien einen Rechtsstreit. Durch Urteil des Arbeitsgerichts Solingen – 2 Ca 648/06 lev – wurde die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers wurde das Urteil abgeändert und festgestellt, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht (Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19.09.2007 – 7 (11) Sa 1068/06 –). Die dagegen von der Beklagten zunächst eingelegte Revision an das Bundesarbeitsgericht wurde zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 27.07.2007 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich.
Mit der am 01.08.2007 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung und begehrt hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit der Kündigungsschutzklage die Zahlung einer Abfindung in Höhe von EUR 35.525,40 brutto.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen § 102 BetrVG unwirksam sei. Die B....