Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung von Oberärzten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Notaufnahme-Station eines Krankenhauses handelt es sich um einen selbständigen Funktionsbereich einer Klinik im Sinne der Protokollerklärung zu § 16 Buchstabe c) des TV-Ärzte/VKA, wenn neben der medizinisch-fachlichen Eigenständigkeit des Bereichs eine organisatorische Eigenständigkeit vorliegt.

2. Dem Arbeitgeber ist es nach Treu und Glauben verwehrt, sich darauf zu berufen, dass er einem Arzt nicht die medizinische Verantwortung für einen selbständigen Funktionsbereich einer Klinik ausdrücklich übertragen hat, wenn der Arzt die sonstigen Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung in die Entgeltgruppe III (Oberärztin/Oberarzt) erfüllt und der Arbeitgeber den Arzt nach Kenntniserlangung von dessen Verlangen auf Höhergruppierung unverändert mit den Aufgaben eines Oberarztes weiterbeschäftigt.

 

Normenkette

Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA)

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Urteil vom 22.02.2008; Aktenzeichen 2 Ca 2173/07)

 

Tenor

Das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 22.02.2008 – 2 Ca 2173/07 – wird teilweise abgeändert.

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 30.04.2008 nach der Entgeltgruppe III Stufe 1 der Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA -Tarifgebiet West – zu vergüten.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die sich aus dem Antrag zu 1 ergebenden Bruttonachzahlungsbeträge zwischen der Entgeltgruppe III Stufe 1 der Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA – Tarifgebiet West – und der Entgeltgruppe II Stufe 1 bzw. Stufe 2 der Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte im Geltungsbereich des TV-Ärzte/VKA – Tarifgebiet West –, beginnend mit dem 31.08.2006 und endend mit dem 30.04.2008, ab dem jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger nach der Entgeltgruppe III des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an Kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände vom 17.08.2006 (im Folgenden: TV-Ärzte/VKA) zu vergüten.

Die von der Beklagten in L. betriebenen Krankenhäuser bestehen aus den Medizinischen Kliniken I, II und III sowie einer Klinik für Neurologie. Der Kläger ist Facharzt für Innere Medizin. Er wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum 01.08.2005 eingestellt. Arbeitsvertraglich vereinbart ist, dass er als Oberarzt eingesetzt wird und sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundes-Angestelltentarifvertrages (BAT) und den diesen ergänzenden bzw. ändernden Tarifverträgen richtet.

Seit Beginn des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.04.2008 war der Kläger in der internistischen Notaufnahmestation „M8” sowie in der Endoskopieabteilung beschäftigt. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger im Rahmen seines Einsatzes in der Endoskopieabteilung nicht die Funktion eines Oberarztes inne hatte. Die Notaufnahmestation „M8” ist eine interdisziplinäre Station der Medizinischen Kliniken I, II, III und der Klinik für Neurologie. Sie unterliegt der Leitung der Medizinischen Klinik II. Versorgt werden hier alle akuten Erkrankungen aus dem internistischen und neurologischen Fachbereich.

Nach dem Jahresbericht 2007 der Medizinischen Klinik II wurden in diesem Jahr 9 Stationsärzte in der internistischen Notaufnahmestation eingesetzt. Der Kläger wird in dem Jahresbericht als Oberarzt angegeben.

Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass mit Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA am 01.08.2006 nunmehr dieser Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Von Bedeutung für die Eingruppierung des Klägers sind die folgenden Bestimmungen des Tarifvertrages:

㤠15 Allgemeine Eingruppierungsregelungen

(1) Die Eingruppierung der Ärztinnen und Ärzte richtet sich nach den Tätigkeitsmerkmalen des § 16. Die Ärztin/Der Arzt erhält Entgelt nach der Entgeltgruppe, in der sie/er eingruppiert ist.

(2) Die Ärztin/Der Arzt ist in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihr/ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht.

Die gesamte auszuübende Tätigkeit entspricht den Tätigkeitsmerkmalen einer Entgeltgruppe, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Kann die Erfüllung einer Anforderung in der Regel erst bei der Betrachtung mehrerer Arbeitsvorgänge festgestellt werden, sind diese Arbeitsvorgänge für die Feststellung, ob diese Anforderung erfüllt ist, insoweit zusammen zu beurteilen. Ist in einem Tätigkeitsmerkmal als Anforderun...

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