Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung nach gründlicher, umfassender Fachkenntnis sowie selbständiger Leistung und besonderer Verantwortung in mindestens einem Drittel der Tätigkeit. Auslegung eines allgemeinen Höhergruppierungsantrags im Sinne des § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA. Erforderlichkeit eines erheblichen Ausmaßes an gründlicher Fachkenntnis. Vielseitige, aber keine gründliche, umfassende Fachkenntnis bei einem Lebensmittelkontrolleur. Tätigkeit im Bereich der Volksgesundheit begründet nicht automatisch eine besondere Verantwortung. Arbeitnehmer mit Tätigkeit im Bereich der Volksgesundheit nicht automatisch auch Träger besonderer Verantwortung
Leitsatz (amtlich)
1. Für Beschäftigte der bisherigen EG 9 TVöD-VKA ("Büro-, Buchhalterei-, sonstiger Innendienst uns Außendienst"), für die keine besonderen Stufenregelungen galten, sieht § 29c Abs. 2 TVÜ-VKA zum 01.01.2017 die Überleitung in die EG 9b der neuen Entgeltordnung TVöD-VKA vor. Dies betraf gemäß § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA aF iVm. der Anlage 3 Beschäftigte, die in VG IVb Fallgruppen 1a und 1b und Vb Fallgruppe 1b BAT-VKA eingruppiert waren, die also Tätigkeiten verrichteten, die "gründlicher, umfassender Fachkenntnisse" und "selbständiger Leistungen" bedurften und sich zudem zu mindestens einem Drittel als "besonders verantwortungsvoll" heraushoben.
2. Demgegenüber setzt eine nur auf besonderen Antrag gemäß § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA erfolgende Höhergruppierung in die neue EG 9b Fallgruppe 2 TVöD-VKA lediglich eine Tätigkeit voraus, die "gründliche, umfassende Fachkenntnisse" und "selbständige Leistungen" erfordert; erst in der neuen EG 9c wird zusätzlich die Heraushebung als "besonders verantwortungsvoll" verlangt. Der Antrag auf Höhergruppierung gemäß § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA konnte jedenfalls dann rechtswirksam auch zeitnah vor dem Inkrafttreten der neuen Entgeltordnung zum TVöD-VKA am 01.01.2017 gestellt werden, wenn er auf das Inkrafttreten Bezug nahm.
3. Der Kläger hat weder dargelegt, dass seine Tätigkeit als Lebensmittelkontrolleur "gründliche, umfassende Fachkenntnisse" erfordert, noch dass sie sich als "besonders verantwortungsvoll" heraushebt. Inhaltsangabe: Der Kläger war als Lebensmittelkontrolleur von der beklagten Stadt in Vergütungsgruppe Vb Fallgruppe 1c der Anlage 1a zum BAT-VKA (Vergütungsordnung) eingruppiert und mit Inkrafttreten des TVöD-VKA am 01.10.2005 nach § 17 Abs. 7 TVÜ-VKA aF iVm. der Anlage 3 bis zum 31.12.2016 somit der (stufenbegrenzten) Entgeltgruppe (EG) 9 (sog. "kleine EG 9") zugeordnet. Mit Inkrafttreten der Entgeltordnung zum TVöD-VKA (Anlage 1) am 01.01.2017 wurde er gemäß § 29c Abs. 3 TVÜ-VKA iVm. der Anlage zu § 16 TVöD-VKA aF in die EG 9a übergeleitet. Im November 2016 stellte er einen Antrag auf "Höhergruppierung in die EG 9c/5" ab dem 01.01.2017 und begehrt Vergütung nach EG 9c, hilfsweise EG 9b TVöD-VKA.
Normenkette
TVÜ-VKA §§ 29a, 29b, 29c; TVöD-VKA Anl. 1 Entgeltgruppe 9a; TVöD-VKA Anl. 1 Entgeltgruppe 9b; TVöD-VKA Entgeltgruppe 9c Anl. 1; BAT Anl. 1a Vergütungsgruppe IVb; BAT Anl. 1a Vergütungsgruppe Vb; BAT Anl. 1a Vergütungsgruppe Vc; ZPO § 256; ArbGG § 64 Abs. 6
Verfahrensgang
ArbG Solingen (Entscheidung vom 17.12.2019; Aktenzeichen 2 Ca 1522/18) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und unter Zurückweisung der Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.12.2019 - 2 Ca 1522/18 - teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende tarifliche Eingruppierung des Klägers als Lebensmittelkontrolleur in die Entgeltgruppen 9a, 9b oder 9c des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Fassung.
Der 1967 geborene Kläger ist seit dem 26.11.1990 bei der beklagten Stadt mit ca. 160.000 Einwohnern als angestellter Lebensmittelkontrolleur tätig. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 09.01.1992 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag BAT und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Bereich der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.
Der Kläger ist seit 1989 Meister im Fleischerhandwerk und absolvierte zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine auf knapp 14 Monate verkürzte Ausbildung zum Lebensmittelkontrolleur. Im Jahre 2004 legte er erfolgreich die Prüfung des 1. Angestelltenlehrgangs ab.
Die Lebensmittelkontrolle war bei der Beklagten bis zum Jahr 2019 dem Fachbereich Recht und Ordnung zugeordnet. Der Fachbereichsleitung nachgeordnet ist ein Amtsleiter. Unmittelbare Fachvorgesetzte der gemäß Stellenplan fünf Lebensmittelkontrolleure ist Frau Dr. C., die mit 50 % ihrer Stelle der Lebensmittelkontrolle, mit den übrigen 50 % dem Veterinäramt zugeordnet ist. Seit dem Jahr 2020 i...