Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche Einordnung von Altersteilzeit. Maßgeblichkeit der jeweiligen Versorgungsordnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Einordnung von Altersteilzeit bei einer vor dem Altersteilzeitgesetz abgeschlossenen Versorgungsordnung entsprechend einem Vollzeitarbeitsverhältnis.

2. Nicht jede Änderung einer Versorgungsordnung nach dem In-Kraft-Treten des Altersteilzeitgesetzes führt automatisch dazu, dass Altersteilzeit wie "normale" Teilzeit zu behandeln ist. Zu berücksichtigen ist u.a. die Entstehungsgeschichte der konkreten Versorgungsordnung.

3. Zu den Anforderungen des § 293 ZPO für die Ermittlung der Existenz einer Gesamtbetriebsvereinbarung.

4. Die Übergangsvorschrift des Art. 229 § 34 EGBGB schließt die Verzugspauschale für Betriebsrentenansprüche aus, wenn das Betriebsrentenverhältnis vor dem 28.07.2014 entstanden ist und nach dem 30.06.2016 keine Gegenleistung erbracht wird, d.h. nur noch die Betriebsrente gezahlt wird.

 

Normenkette

ArbGG § 12a Abs. 1; ATG § 3; BGB § 286 Abs. 2, § 288 Abs. 1, 5; EGBGB Art. 229 § 34; ZPO §§ 258, 533

 

Verfahrensgang

ArbG Mönchengladbach (Entscheidung vom 06.04.2018; Aktenzeichen 2 Ca 2888/17)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 21.01.2020; Aktenzeichen 3 AZR 565/18)

 

Tenor

  • I.

    Auf die Berufung der Beklagten und auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 06.04.2018 - 2 Ca 2888/17 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

    1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.841,52 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

      aus je 99,00 Euro seit dem 03.02.2014, 03.03.2014, 01.04.2014, 02.05.2014, 03.06.2014, 01.07.2014 und

      aus je 99,99 Euro seit dem 01.08.2014, 02.09.2014, 01.10.2014, 03.11.2014, 02.12.2014, 02.01.2015, 03.02.2015, 03.03.2015, 01.04.2015, 04.05.2015, 02.06.2015, 01.07.2015 und

      aus je 100,99 Euro seit dem 03.08.2015, 01.09.2015, 01.10.2015, 03.11.2015, 01.12.2015, 04.01.2016, 02.02.2016, 01.03.2016, 01.04.2016, 03.05.2016, 01.06.2016, 01.07.2016 und

      aus je 101,65 Euro seit dem 02.08.2016, 01.09.2016, 04.10.2016, 02.11.2016, 01.12.2016, 03.01.2017, 01.03.2017, 03.04.2017, 03.05.2017, 01.06.2017, 03.07.2017 und

      aus je 102,66 Euro seit dem 01.08.2017, 01.09.2017, 04.10.2017, 02.11.2017, 01.12.2017, 03.01.2018 zu zahlen.

    2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 30.06.2018 weitere 615,96 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 102,66 Euro seit dem 01.02.2018, 01.03.2018, 04.04.2018, 02.05.2018, 04.06.2018, 03.07.2018 zu zahlen.
    3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Zeitraum vom 01.07.2018 bis zum 31.08.2018 weitere 207,38 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 103,69 Euro seit dem 01.08.2018 und seit dem 03.09.2018 zu zahlen.
    4. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ab dem 01.09.2018 über die derzeit gezahlte Betriebsrente in Höhe von 1.046,11 Euro brutto eine zusätzliche Betriebsrente von monatlich 103,69 Euro brutto zu zahlen, zahlbar jeweils zum Monatsletzten.
    5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  • II.

    Die weitergehende Berufung der Beklagten und die weitergehende Anschlussberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.

  • III.

    Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

  • IV.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob Zeiten der Altersteilzeit bei der Berechnung der Betriebsrente mit einem Teilzeitfaktor zu berücksichtigen sind oder nicht.

Die am 08.05.1950 geborene Klägerin war vom 01.10.1976 bis zum 31.08.1983 und sodann seit dem 01.01.1991 zunächst bei der W. B.-Werke AG (im Folgenden W.-Werke AG) beschäftigt. Grundlage waren das Anstellungsschreiben vom 22.09.1976 sowie der Anstellungsvertrag vom 16.11.1990. In dem Anstellungsvertrag vom 16.11.1990 hieß es zu 5. Altersversorgung: "Frau U. erhält eine Zusage auf Alters-, Dienstunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung gemäß der jeweils gültigen Versorgungsordnung der W.." Die W.-Werke AG firmierte zur W. b. AG (im Folgenden W. AG) um, welche der Klägerin mit Schreiben vom 05.12.1997 die Anerkennung der Dienstzeit vom 01.10.1976 bis zum 31.08.1983 im Zusammenhang mit der betrieblichen Altersversorgung bestätigte. Aus der W. AG ging nach formwechselnder Umwandlung und Firmenänderung die I. B. Deutschland GmbH (im Folgenden I.) hervor. Die I. übertrug die dem operativen Walzengeschäft zugehörigen Aktiva, Passiva, Betriebe und Abteilungen einschließlich des Arbeitsverhältnisses der Klägerin im Wege der Ausgliederung nach dem Umwandlungsgesetz auf die Beklagte.

Bei der Beklagten galt - ebenso wie bei deren Rechtsvorgängerinnen der W.-Werke AG, der W. AG und der I. - die Gesamtbetriebsvereinbarung W.-Versorgungsordnung vom 13.09.1989 (im Folgenden W.-VO). In dieser hieß es u.a.:

"2. Ruhestandsrente

2.1 Voraussetzungen

...

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