Entscheidungsstichwort (Thema)

Dreijährige Verjährungsfrist für Urlaubsabgeltungsanspruch bei fehlender Arbeitgeberinformation. Einheitlichkeit des Arbeitsverhältnisses bei sachlichem Zusammenhang und ohne zeitliche Unterbrechung. Beginn der Verjährung des Urlaubsabgeltungsanspruches mit Kenntnis der anspruchsbegründeten Umstände

 

Leitsatz (amtlich)

1. Urlaubsabgeltungsansprüche verjähren gemäß § 199 BGB innerhalb von drei Jahren.

2. Auch wenn der Arbeitgeber seinen Mitwirkungspflichten im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht nachkommt, den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hinzuweisen, verschiebt sich der Verjährungsbeginn des mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstandenen Urlaubsabgeltungsanspruchs nicht bis zur Verkündung der Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 29.11.2017 - C 214/16 - bzw. 06.11.2018 - C 684/16 -.

 

Normenkette

BUrlG §§ 1, 7 Abs. 3-4; BGB § 611a Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Wuppertal (Entscheidung vom 06.06.2019; Aktenzeichen 5 Ca 3087/18)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 31.01.2023; Aktenzeichen 9 AZR 244/20)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wuppertal vom 06.06.2019 - Az.: 5 Ca 3087/18 - wird zurückgewiesen.

  • II.

    Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

  • III.

    Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche.

Der Kläger war auf der Basis eines Vertrages "über freie Mitarbeit" bei der Beklagten in der Zeit von April 2007 bis 30.06.2010 als Pauschalist in L. (2007) und E. (2008 - 2010) tätig.

In dieser Zeit arbeitete er fünf Tage pro Woche in den Redaktionsräumlichkeiten der Beklagten, in denen ein Arbeitsplatz für ihn eingerichtet war. Der Kläger arbeitete in der Online-Redaktion in L. in der Zeit von 10:00 Uhr bis mindestens 18:30 Uhr. In der Online-Redaktion in E. wurde in einem Schichtsystem gearbeitet, wobei jede Schicht eine Länge von 8 Stunden inklusive Pause hatte. Seine Tätigkeit bestand im Schreiben von aktuellen Nachrichten und der Steuerung der Web-Site. Der Kläger war damit befasst, die Texte der Print-Kollegen Online-gerecht aufzuarbeiten und zu veröffentlichen. In L. war der Kläger der Redaktionsleitung der Lokalredaktion L. unterstellt. In E. war er die einzige Vollzeitkraft in der Online-Redaktion neben einer festangestellten Kollegin mit einer 50%-Stelle, daher wurde erwartet, dass er die Redaktion im Tagesgeschäft leitete. Die festangestellte Kollegin wurde während ihrer urlaubsbedingten Abwesenheiten vom Kläger vertreten. Die Online-Redaktion war direkt der Chefredaktion unterstellt. Die Teilnahme an den Konferenzen der Printredaktion zur Abstimmung Online-Print war für den Kläger verpflichtend.

Im Jahr 2007 stellte der Kläger der Beklagten jeden Arbeitstag mit 130,00 € zzgl. Umsatzsteuer in Rechnung, ab dem Jahr 230,00 € zahlte die Beklagte 230,00 € pro Arbeitstag zzgl. Umsatzsteuer.

Noch während des Bestehens dieses Vertragsverhältnisses schlossen die Parteien unter dem 16.04.2010 einen Anstellungsvertrag, ausweislich dessen der Kläger ab dem 01.07.2010 als Online-Redakteur in der Zentralredaktion E. beschäftigt wurde. In diesem Anstellungsvertrag, wegen dessen Einzelheiten im Übrigen auf Bl. 37 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen wird, vereinbarten die Parteien folgendes:

"§ 1 Beginn des Arbeitsverhältnisses

Das Arbeitsverhältnis beginnt am 01.07.2010.

...

§ 4 Berufsjahre

Für die Zeit bis zum Beginn des Arbeitsverhältnisses (§ 1) werden vom Verlag als Berufsjahre angerechnet 3 Jahre 3 Monate.

§ 5 Gehalt

Der Redakteur wird in Gehaltsgruppe II B des Gehaltstarifs vom 10.11.2008 eingestuft.

Sein monatliches tarifliches Bruttogehalt beträgt 3.467,00 €.

Für das Vertragsverhältnis gelten im Übrigen die jeweiligen Tarifverträge für Redakteure an Tageszeitungen.

...

§ 7 Urlaub

Der Redakteur erhält einen Urlaub, dessen Dauer sich nach den Bestimmungen des Manteltarifvertrages richtet.

...

§ 14 Zusätzliche Vereinbarungen

Mit den Zeitungen T. er Tageblatt und S. er General-Anzeiger besteht eine Redaktionsgemeinschaft. Die Arbeit für diese Zeitungen gehört mit zu den Obliegenheiten des Redakteurs.

In die Aufgaben des Redakteurs eingeschlossen ist die Mitarbeit bei Onlineauftritten des Unternehmens sowie allen sonstigen Projekten im Bereich der neuen Medien. Bezüglich des Urheberrechtes wird auf § 18 des Manteltarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen in seiner jeweiligen Fassung verwiesen.

Da die Tätigkeit mit Arbeiten am Bildschirm verbunden ist, verpflichtet sich der Redakteur, eine betriebsärztliche Augen-Untersuchung durchführen zu lassen.

Für alle neu eintretenden Mitarbeiter/innen gilt ein absolutes Rauchverbot."

In §§ 9 Abs. 5 und 18 Abs. 1 des Manteltarifvertrages für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen (im Folgenden: MTV) heißt es:

"§ 9 Urlaub/Freistellung

...

5. Der Urlaub muss innerhalb des laufenden Urlaubsjahres, spätestens bis zum 31. März des folgenden Jahres gewährt und genommen werden, und zwar grundsätzlich zusammenhängend. Er kann aus...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge