Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an das Verfahren zur Anpassung des Entgelts von Mitgliedern des Betriebsrats. Beendigung des Arbeitsverhältnisses einer Mitarbeiterin einer Städteregionstagsfraktion wegen Verlustes des Fraktionsstatus aufgrund des Austritts eines Mitgliedes. Anforderungen an das Verfahren zur Bemessung der Erhöhung des Arbeitsentgelts eines Betriebsratsmitglieds
Leitsatz (amtlich)
Zur Berechnung der nach § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG für die Bemessung des Arbeitsentgelts eines Betriebsratsmitglieds maßgeblichen Vergleichsentgelts bei kleinen Vergleichsgruppen (vgl. auch BAG vom 19.01.2005 - 7 AZR 208/04 und LAG Düsseldorf vom 18.03.2016 - 10 Sa 929/15).
Leitsatz (redaktionell)
1. Gem. § 37 Abs. 4 S. 1 BetrVG darf das Arbeitsentgelt von Mitgliedern des Betriebsrats nicht geringer bemessen werden, als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher beruflicher Entwicklung. Vergleichbar in diesem Sinne sind Arbeitnehmer, die im Zeitpunkt der Amtsübernahme ähnliche, im Wesentlichen gleich qualifizierte Tätigkeiten ausgeführt haben wie der Amtsträger und dafür in gleicher Weise wie dieser fachlich und persönlich qualifiziert waren.
2. Dabei kann jedenfalls dann nicht auf die Gehaltsentwicklung einer Mehrheit von Vergleichspersonen abgestellt werden, wenn sich die Summe der außertariflichen Gehaltsrunden bei diesen Personen sehr unterschiedlich entwickelt hat. In einem solchen Fall ist vielmehr der Durchschnitt der den Angehörigen der Vergleichsgruppe gewährten Gehaltserhöhungen maßgebend.
Normenkette
BetrVG § 37 Abs. 4 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 05.10.2015; Aktenzeichen 4 Ca 814/15) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 05.10.2015 - 4 Ca 814/15 - abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger rückwirkend ab dem 01.01.2014 eine um 70,95 € brutto erhöhte monatliche Vergütung zu zahlen.
- Die Kosten des Rechtsstreites hat die Beklagte zu tragen.
- Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob dem Kläger als Betriebsratsmitglied unter der Berücksichtigung vergleichbarer Arbeitnehmer eine höhere Vergütung zusteht.
Die Beklagte ist der zentrale IT-Dienstleister einer bundesweit tätigen Versicherungsgruppe. Der Kläger ist bei der Beklagten angestellt und Vorsitzender des Betriebsrates der Beklagten. Er ist mit Wirkung zum 01.07.2000 aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit von der Arbeitsleistung freigestellt worden.
Das Arbeitsentgelt der Mitglieder des bei der Beklagten gebildeten Betriebsrats wurde bis ins Jahr 2014 nach folgendem Verfahren angepasst: Für jedes Mitglied des Betriebsrats wurden drei Vergleichspersonen bestimmt. Deren Gehaltsanpassungen und Bonuszahlungen wurden jährlich summiert und durch drei dividiert. Der sich sodann ergebende Durchschnittswert wurde im Anschluss an das jeweilige Betriebsratsmitglied weitergegeben.
Mit E-Mail vom 09.07.2014 (Bl. 14 d. A.) teilte die Beklagte eine Änderung des bisher von ihr angewandten Verfahrens zur Anpassung des Arbeitsentgelts der Betriebsratsmitglieder mit. Zusammengefasst heißt es zu dieser Änderung in der E-Mail vom 09.07.2014:
"In dem Umfang, in dem sich das Entgelt der Vergleichspersonen [...] erhöht, hat auch das [Betriebsratsmitglied] einen Anspruch auf Anpassung. Wenn nicht bei allen [Vergleichspersonen] eine gleiche Erhöhung erfolgt, so ist zunächst zu prüfen, ob die Vergütung der Mehrzahl der [Vergleichspersonen] angehoben wurde. Ist dies der Fall, so hat das [Betriebsratsmitglied] Anspruch auf diese Erhöhung. Hat nur eine Minderheit der [Vergleichspersonen] eine Erhöhung bekommen, so hat das [Betriebsratsmitglied] keinen Anspruch auf Erhöhung, auch nicht anteilig. Die konkrete Höhe richtet sich dann in einem zweiten Schritt danach, ob die Mehrheit der [Vergleichspersonen] eine unterschiedliche oder eine identische Erhöhung erhält. Ist die Erhöhung bei der Mehrzahl der [Vergleichspersonen] identisch, so ist das Gehalt des [Betriebsratsmitglieds] um exakt diesen Betrag anzuheben - dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang auch die übrigen [Vergleichspersonen] eine Erhöhung erhalten haben. Ist der Erhöhungsbetrag innerhalb der Mehrheit der [Vergleichspersonen] unterschiedlich hoch, so ist das Gehalt des [Betriebsratsmitglied] um den durchschnittlichen Erhöhungsbetrag der begünstigten - und nicht aller - [Vergleichspersonen] anzuheben.
Die dargestellten Grundsätze stellen in aller Regel sicher, dass ein BR-Mitglied weder bevorzugt noch benachteiligt wird. Ausnahmsweise kann dieses Mehrheitsprinzip jedoch bei Einmalzahlungen bzw. einer außertariflichen Gehaltserhöhung zu ungerechten Ergebnissen führen, etwa wenn in aufeinanderfolgenden Jahren in jedem Jahr jeweils nur eine [Vergleichsperson], insgesamt aber alle [Vergleichspersonen], z. B. eine Einmalzahlung erhalten haben. Nach dem Mehrheitsprinzip würde das BR-Mitg...