Entscheidungsstichwort (Thema)

Begriff des "lohnzahlungspflichtigen Wochen-Feiertages" im Sinne des Tarifvertrages für das Bäckereihandwerk NRW

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einem "Wochen-Feiertag" handelt es sich um einen Feiertag, der auf einen Werktag fällt, also gerade nicht auf einen Sonntag, sondern der im Zeitraum Montag - Samstag liegt. Es handelt sich um den Gegenbegriff zum Sonntag. Daran ändert auch die Verwendung eines Begriffs "lohnzahlungspflichtig" nichts. Denn dieser Begriff ist für die Ermittlung des Gehaltes des "Wochen-Feiertags" ohne Belang. Eine Tarifauskunft ist für eine streitige Auslegungsfrage nur einzuholen, wenn Wortlaut, systematischer Zusammenhang und sonstige Auslegungsgesichtspunkte nicht zu einer zweifelsfreien Auslegung führen. Auskünfte einer Tarifvertragspartei, die auf die Beantwortung einer prozessentscheidenden Rechtsfrage gerichtet sind, sind keine "Tarifauskunft", weil damit nur eine Rechtsfrage beantwortet wird. Im Rahmen des § 2 Abs. 1 EFZG ist allgemein anerkannt, dass der gesetzliche Feiertag die allgemeine Ursache für den Arbeitsausfall sein muss. Eine dienstplanmäßige Freistellung des Unternehmers am Feiertag schließt dessen Anspruch auf die Entgeltfortzahlung für den Feiertag aus. Das gilt freilich aber nur dann, wenn sich die Arbeitsbefreiung aus einem Schema ergibt, das von der Feiertagsruhe an bestimmten Tagen unabhängig ist.

 

Normenkette

EFZG § 2 Abs. 1; Tarifvertrag für das Bäckereihandwerk NRW

 

Verfahrensgang

ArbG Wesel (Entscheidung vom 07.07.2016; Aktenzeichen 5 Ca 363/16)

 

Tenor

  1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 07.07.2016, Az.: 5 Ca 363/16 teilweise abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.
  2. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
  4. Die Revision wird für den Kläger wegen der Bezahlung des 01.11.2015 im Umfang von 8,50 € netto weiteren Feiertagszuschlag zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über den Ausgleich eines Feiertagszuschlags in Höhe von 8,50 € netto sowie um weitere Vergütung für Feiertage im Umfang von 68,00 € brutto.

Die Beklagte betreibt in Nordrhein-Westfalen zahlreiche Bäckereishops.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Aushilfskraft im Bereich der Reinigung beschäftigt. Die Reinigung erfolgt im Schichtbetrieb, in welchem auch die Wochenenden als "normale" Arbeitstage mit geplant werden. Die Beklagte setzte den Kläger deshalb regelmäßig an fünf Tagen verteilt auf alle sieben Wochentage ein. Die Parteien vereinbarten einen Stundenlohn von 8,50 € brutto. Auf das Arbeitsverhältnis findet der allgemeinverbindliche Manteltarifvertrag für das Bäckereihandwerk in NRW zwischen dem Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks und dem Bäckerinnungs-Verband Westfalen-Lippe einerseits und der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten, Landesbezirk NRW anderseits in der Fassung vom 14.06.2012 (im Folgenden auch: "MTV") Anwendung.

Der MTV lautet - soweit für den Rechtsstreit von Interesse - auszugsweise:

"§ 6 Mehr-, Sonn-, Feiertags- und Nachtarbeitsvergütung

[...]

5. Zum Stundenlohn werden folgende Zuschläge gezahlt:

[...]

5.4 Für Sonntagsarbeit zum Stundenlohn ein Zuschlag von 50 %.

5.5 Wird an lohnzahlungspflichtigen Wochen-Feiertagen gearbeitet, so ist die geleistete Arbeit mit dem Stundenlohn und einem Zuschlag von 100 % zu vergüten.

Arbeitnehmern, die an lohnzahlungspflichtigen Wochen-Feiertagen nicht arbeiten, ist der Lohn des normalen durchschnittlichen Arbeitstages zu zahlen.

Arbeitnehmer, die am Tag vor oder nach den Wochen-Feiertagen, für die der Lohnausfall zu erstatten wäre, unentschuldigt fehlen, haben keinen Anspruch auf Vergütung des Lohnausfalles.

5.6 Treffen mehrere der unter Ziffer 5.1 - 5.5 gemachten Zuschläge zusammen, so ist nur einer, und zwar der höchste Zuschlag, zu zahlen.

6. Ein Ausgleich der an den Feiertagen ausfallenden Arbeitsstunden durch Nachholung ist nicht zulässig.

Bei den sich aus Ziffern 5.4 und 5.5 des MTV ergebenden Zuschläge handelt es sich - zwischen den Parteien unstreitig - um Nettozuschläge.

Der Kläger arbeitete am 01.11.2015 zwei Stunden. Dabei handelte es sich um einen Sonntag, zugleich aber auch um den in Nordrhein-Westfalen anerkannten gesetzlichen Feiertag "Allerheiligen". Die Beklagte rechnete hierfür zwei Arbeitsstunden zu je 8,50 € brutto und Sonntagszuschläge i.H.v. 50 % ab und zahlte den sich ergebenden Gesamtbetrag von 17,00 € brutto und 8,50 € netto an den Kläger aus.

Die Beklagte hatte am 25. und 26.12.2015 ihre Betriebsstätten vollständig geschlossen. Reinigungsarbeiten wurden nicht erbracht. Der Kläger arbeitete an den fünf Tagen bis zum 24.12.2015, hatte am 25. und 26.12.2015 frei und arbeitete ab dem 27.12.2015 wieder fünf Tage lang. Die Beklagte zahlte für die beiden Weihnachtsfeiertage keine Vergütung oder Zuschläge.

Am 01.01.2016 war der Betrieb der Beklagten nicht geschlossen und es fanden Reinigungsarbeiten statt, der Kläger war aber nicht zur Arbeit eingeteilt. Die Bek...

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