Entscheidungsstichwort (Thema)

Anhörung des Betriebsrats zur Kündigung. ordnungsgemäßes Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Der Arbeitgeber ist nicht befugt, den Betriebsrat anzuhalten, seine Stellungnahme zu einer beabsichtigten Kündigung aufgrund einer ordnungsgemäßen Beschlußfassung abzugeben. Auch wenn die Beschlußfassung des Betriebsrates in einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen ist, kann der Arbeitgeber rechtswirksam kündigen, wenn er aus der Mitteilung des Betriebsrats entnehmen kann, daß dieser eine weitere Erörterung des Falles nicht wünscht, es sich also um eine abschließende Stellungnahme handelt.

 

Normenkette

BetrVG § 102 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 31.03.1995; Aktenzeichen 3 Ca 7703/94)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 13.06.1996; Aktenzeichen 2 AZR 745/95)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 31.3.1995 – 3 Ca 7703/94 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: unverändert.

 

Tatbestand

Der Kläger, der verheiratet ist und vier Kinder hat, war seit 01.05.1994 in dem Maler- und Lackiererbetrieb der Beklagten als Hilfsarbeiter beschäftigt. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis am 20.10.1994 zum 02.11.1994 fristgerecht. Ausweislich des Protokolls über die Anhörung des Betriebsrats vom 14.10.1994 hat der Geschäftsführer der Beklagten an der Beschlußfassung des Betriebsrats über die Zustimmung zur Kündigung des Klägers teilgenommen und mit dem Betriebsrat hierüber abgestimmt (Bl. 11 d.A.).

Der Kläger hat geltend gemacht, hieraus ergebe sich die Unwirksamkeit der Kündigung.

Er hat beantragt,

festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 20.10.1994 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis auch über den 02.11.1994 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

Sie hat eine weitere Stellungnahme des Betriebsrats zu den Akten gegeben, aus der sich ergibt, daß der Betriebsrat für sich in Anspruch nimmt, bei seiner Entscheidung im Rahmen der Anhörung zu keinem Zeitpunkt vom Arbeitgeber beeinflußt worden zu sein und daß die Entscheidung in jedem Falle in Abwesenheit des Geschäftsführers der Beklagten ebenso ausgefallen wäre.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 31.03.1995 die Klage abgewiesen.

Gegen seine Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger wiederholt seinen Vortrag, der Betriebsratsvorsitzende sei bei der Anhörung nicht zugegen gewesen Der Arbeitgeber habe mit der Kündigung nicht bis zum Ablauf der Wochenfrist gewartet. Die Unwirksamkeit der Beschlußfassung des Betriebsrats gehe daher zu seinen Lasten. Hinzu komme, daß die Beklagte den Verstoß gegen das Gebot der Nichtöffentlichkeit der Beschlußfassung des Betriebsrats gekannt habe. Dies gehe ebenfalls zu ihren Lasten. Der Arbeitgeber könne sich bei einer Kündigung vor Ablauf der Frist nach § 102 Abs. 2 BetrVG nur dann auf eine ihm übermittelte Stellungnahme des Betriebsrats verlassen, wenn er keine Anhaltspunkte für eine geschäftsordnungswidrige oder gar unterlassene Beschlußfassung des Betriebsrats habe. Es sei auch von einer Beeinflussung des Betriebsrats auszugehen, die sich aus dem Umstand ergebe, daß der Komplementär der Beklagten bei der Beschlußfassung mit abgestimmt habe.

Der Kläger beantragt nunmehr,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 31.03.1995 – 3 Ca 7703/94 – festzustellen, daß die Kündigung der Beklagten vom 20.10.1994 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis auch über den 02.11.1994 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die gegnerische Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und führt aus, angesichts der Unterschrift des Betriebsratsvorsitzenden unter dem Beschluß vom 14.10.1994 sei die Behauptung des Klägers unerklärlich, der Betriebsratsvorsitzende habe an dem Beschluß nicht teilgenommen. Der Kläger behaupte dies erkennbar ins Blaue hinein. Die Beklagte hält die Beschlußfassung des Betriebsrats nicht für beanstandungswürdig. Eine Beeinflussung des Betriebsrats habe schon die Vorinstanz verneint, weil die Beschwerden über den Kläger aus der Belegschaft selbst gekommen seien. Andere Mitarbeiter hätten die weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger abgelehnt und seine Entlassung angeregt. Der Kläger sei wegen der der Kündigung zugrundeliegenden Vorfälle sogar vom Betriebsratsvorsitzenden Kroll abgemahnt worden. Bei dieser Situation bestehe keinerlei Anlaß für die Unterstellung, auf die Beschlußfassung des Betriebsrats sei Einfluß genommen worden. Ausweislich der Erklärung vom 27.01.1995 würde der Betriebsrat den gleichen Beschluß gefaßt haben und der Kündigung zugestimmt haben, wenn der persönlich haftende Gesellschafter bei der Aussprache und der Beschlußfassung selbst nicht anwesend gewesen wäre.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige, weil form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist in der Sache nicht begründet.

Der Kläger stützt sich ausschließlich auf die nicht ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats vor Ausspruch seiner Entlassung. Einen Feh...

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