Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung wegen Auflösung einer Dienstelle der Stationierungsstreitkräfte

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Auflösung einer Dienststelle bei den Stationierungsstreitkräften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Prüfung des Kündigungsgrundes in Form der Auflösung einer Dienststelle ist auf die organisatorische Einheit der von Stationierungsstreitkräften selbst definierten Begriff der Dienststelle auszugehen. Dies ergibt sich aus Art. 56 des Zusatzabkommens zum Nato Truppenstatut.

2. Ist die Anzahl der freien Arbeitsplätze in einer Dienststelle geringer als die Anzahl der zu entlassenden Arbeitnehmer, hat der Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung nach den Grundsätzen der Sozialauswahl anzubieten.

3. Auf das Unterbleiben einer Sozialauswahl können sich solche Arbeitnehmer nicht berufen, die auf Grund sozialer Kriterien nur geringen Aussichten auf eine Weiterbeschäftigung gehabt hätten.

 

Normenkette

ZA-NTS Art. 56; KSchG §§ 1, 17, 15 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Entscheidung vom 09.06.2015; Aktenzeichen 4 Ca 2516/14)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 09.06.2015 - 4 Ca 2516/14 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

A.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen betriebsbedingten Kündigung.

Der am 24.12.1959 geborene, ledige Kläger ist seit dem 01.11.2004 als Arbeiter bei den britischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Er bezog zuletzt ein durchschnittliches Bruttomonatsgehalt von ca. 1900,00 € und war in der Entgeltgruppe A 1/3 eingruppiert. Die Beschäftigungsbedingungen richteten sich nach den Bestimmungen des Tarifvertrages für Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TV-AL II) in der jeweils gültigen Fassung.

Der Kläger war in der Dienststelle Niederkrüchten-Elmpt tätig. Diese bestand nach der Festlegung durch die britischen Stationierungsstreitkräfte (British Forces Germany, künftig BFG) aus der K. Kaserne in Niederkrüchten-Elmpt und der B. Kaserne in Mönchengladbach. Der Kläger arbeitete in Niederkrüchten-Elmpt. Er war Mitglied der örtlichen Betriebsvertretung und auch der Hauptbetriebsvertretung.

Ein "Borona" genanntes Programm der Streitkräfte beinhaltet verschiedene Maßnahmen zum Abzug bzw. zur Verlegung von militärischen Einheiten.

Die oberste Dienstbehörde der britischen Streitkräfte in Deutschland - Delegated Military Representative (DMR) - leitete mit Schreiben vom 19.08.2014 das Mitwirkungsverfahren bei der Hauptbetriebsvertretung ein.

In diesem Schreiben heißt es u. a.:

"Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Oberste Dienstbehörde (HQ BFG) jetzt entschieden hat, die K. Kaserne Elmpt zum 31.12.2015 zu schließen. Zeitgleich wird die Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt aufgelöst.

Mit diesem Schreiben leite ich das Mitwirkungsverfahren in Bezug auf die Auflösung und Schließung der Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt in Übereinstimmung mit Paragraph 56, Absatz 9 des Zusatzabkommens zum NATO Gruppenstatut in Verbindung mit Paragraph 78 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) ein.

Wie Sie wissen, besteht die Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt aus der K. Kaserne Elmpt und der B. Kaserne Mönchengladbach. Es ist entschieden worden, eine neue Dienststelle am Standort der B. Kaserne Mönchengladbach im Anschluß an die Schließung und Auflösung der derzeitigen Dienststelle (RALSU Niederkrüchten/Elmpt) einzurichten. Die neue Dienststelle wird unter der Bezeichnung Mönchengladbach South geführt und mit Wirkung zum 1. Januar 2016 eingerichtet werden. Diese neue Dienststelle wird entsprechend dem derzeitigen Kenntnisstand folgende Stellen umfassen:"

Es folgt sodann die Auflistung von 98 Stellen nebst Stellenbezeichnung und Eingruppierung. Im Anschluss daran heißt es:

"Die oben aufgeführten, der neuen Dienststelle Mönchengladbach South zugeordneten Stellen, werden zunächst nach Auswahl sozialer Gesichtspunkte mit Beschäftigten aus der jetzigen Dienststelle RALSU Niederkrüchten/Elmpt (d.h. K. und B. Kaserne) besetzt, bevor Beendigungskündigungen zum 31. Dezember 2015 ausgesprochen werden. Stellen, die nicht von Beschäftigten aus der derzeitigen Dienststelle besetzt werden können, werden im nächsten Schritt entsprechend derzeitiger Verfahrensrichtlinien Arbeitnehmern aus anderen Standorten angeboten, die dort ebenfalls von Kündigung bedroht sind bzw. unter Kündigung stehen."

Mit Schreiben vom 12.11.2014 wurde die örtliche Betriebsvertretung zur Kündigung des Klägers angehört (Bl. 50 d. A.). Mit Schreiben vom gleichen Tage wandte sich der Dienststellenleiter an die örtliche Betriebsvertretung und die HQ BFG an die Hauptbetriebsvertretung unter dem Betreff "Stellenbesetzung in der neuen Dienststelle - Mönchengladbach South - vorsorgliche ergänzende Anhörung unter anderem nach Artikel 56 Abs.9 Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut (ZA-NTS), § 78 Bundespe...

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