Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruch gegen zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung als unerlaubte Handlung. Unzureichende Berufungsbegründung wegen bloßem Hinweis auf behauptete Differenzen. Keine Pflicht zur Rückführung von Vergütungen aus Tätigkeit in Gläubigerausschuss
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Hinweis auf die Existenz einer nicht nachvollziehbaren Differenz in der Forderungsausstellung genügt den Anforderungen an die Berufungsbegründung nicht.
2. Ein Anspruch auf Auszahlung von Vergütungen für die Tätigkeit im Gläubigerausschuss zu Lasten des gekündigten Arbeitnehmers besteht nicht. Denn dieser ergibt sich weder aus dem Arbeitsvertrag noch einer Dienstvereinbarung sowie aus § 667 Alt. 2 BGB.
Normenkette
BGB §§ 305, 307, 310, 667; ZPO § 322 Abs. 1, § 520
Verfahrensgang
ArbG Essen (Entscheidung vom 05.05.2022; Aktenzeichen 1 Ca 206/22) |
Nachgehend
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten zu 1) und 2) wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Essen vom 05.05.2022 - Az.: 1 Ca 206/22 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
- Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beklagten zu 1. gegen die zu lfd. Nr. 22 der beim Amtsgericht Essen zum Az. 166 IN 95/20 geführten Insolvenztabelle in Höhe von 20.569,01 € unbegründet ist.
- Es wird festgestellt, dass der Widerspruch des Beklagten zu 2. gegen die zu lfd. Nr. 22 der beim Amtsgericht Essen zum Az. 166 IN 95/20 geführten Insolvenztabelle in Höhe von 20.569,01 € unbegründet ist.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen, soweit sie sich auf den mit Schriftsatz der Klägerin vom 31.01.2022 aufgenommenen Teil des Rechtsstreits bezieht.
- Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
II.
Die weitergehende Berufung der Beklagten zu 1. und 2. wird als unzulässig verworfen.
III.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Feststellung von Zahlungsansprüchen zur Insolvenztabelle sowie über die Frage, ob der Widerspruch gegen das zur Insolvenztabelle angemeldete Attribut der vorsätzlichen unerlaubten Handlung begründet ist.
Die Klägerin, eine 100%ige Beteiligungsgesellschaft des Prüfungsverbands deutscher Banken e.V., ist auf dem Gebiet der Einlegerentschädigung und Bankenabwicklung zwecks Einlagensicherung tätig. Ihre Mitarbeiter unterstützen die Insolvenzverwalter bei der Realisierung von Vermögenswerten. In diesem Rahmen wirken die Mitarbeiter üblicherweise auch in den Gläubigerausschüssen mit. Dabei erfolgt die Berufung der Mitarbeiter in die Gläubigerausschüsse durch eine gerichtliche Anordnung, bei der nicht die Klägerin, sondern der Mitarbeiter selbst aufgrund eines persönlichen Mandats Mitglied wird.
Der Beklagte zu 2) war bei der Klägerin in der Zeit vom 01.06.2002 bis zum 07.10.2019 beschäftigt. Dabei war er zunächst als Arbeitnehmer, sodann vom 01.08.2004 bis zum 30.09.2018 auf der Grundlage eines Dienstvertrages und im Anschluss daran erneut als Arbeitsnehmer tätig. Seit dem 01.08.2004 war er zunächst als stellvertretender Geschäftsführer, später als Geschäftsführer und ab dem 01.10.2018 als Sonderbevollmächtigter tätig. Das zuletzt bestehende Arbeitsverhältnis endete aufgrund einer fristlosen Kündigung der Klägerin vom 07.10.2019.
Wegen der Einzelheiten der ursprünglichen Parteivereinbarungen wird auf den Dienstvertrag vom 30.06.2004 (Bl. 25 ff. d. A.) Bezug genommen. Unter dem 07.04.2008 schlossen die Parteien eine Zusatzvereinbarung, in der es u. a. wie folgt heißt:
"... soweit Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer Tätigkeit (durch Übernahme sonstiger Funktionen wie Mitgliedschaften in Gläubigerausschüssen, Beiräten o.ä.) Einkünfte entstehen, haben Sie dies dem zuständigen Vorstandsmitglied des Prüfungsverbandes deutscher Banken e.V. (PV) bekannt zu geben.
Sie werden über Entgelte nach Weisung des PV disponieren, d.h. diese Beiträge der F.- und Treuhandgesellschaft mbH zur Verfügung stellen. Sollten Ihnen Entgelte direkt zugehen, haben Sie diese entsprechend weiterzuleiten.
Diese Vereinbarung wird Bestandteil des mit Ihnen geschlossenen Dienstvertrages vom 03.06.2004. ..."
Zum 30.09.2018 wurde der Beklagte zu 2) als Geschäftsführer abberufen, blieb aber Prokurist und Mitglied der erweiterten Geschäftsführung. In dem - ab dem 01.10.2018 geltenden - Anstellungsvertrag vom 19.04.2018 (Bl. 22 ff. d. A.) ist eine Vergütung in Höhe von 126.000,00 € brutto p.a. vereinbart. Unter Ziffer 9 "Schlussbestimmungen" des Anstellungsvertrages ist u.a. folgendes geregelt:
"Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, sind innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit in Textform gegenüber der anderen Vertragspartei geltend zu machen. Nicht innerhalb dieser Frist geltend gemachte Ansprüche verfallen.
Im Falle der Ablehnung durch die Gegenseite oder bei Nichtäußerung der Gegenseite innerhalb von zwei Wochen nach schriftlicher Geltendmachung verfallen die...