Entscheidungsstichwort (Thema)
Strukturausleich nach § 12 TVÜ-L. Tarifauslegung. Voraussetzungen eines Strukturausgleichs nach TVÜ-L
Leitsatz (amtlich)
Der Begriff "Aufstieg ohne" erfordert nicht, dass der Mitarbeiter originär in die Vergütungsgruppe der Anlage 3 TVÜ-L eingruppiert ist. Es reicht aus, dass die relevante Vergütungsgruppe im Wege des Bewährungsaufstiegs erreicht worden ist. Dies ergibt die Auslegung des Tarifvertrages.
Normenkette
TVÜ-L Anlage 3 T; TVÜ-L § 12
Verfahrensgang
ArbG Wesel (Entscheidung vom 29.09.2011; Aktenzeichen 2 Ca 1749/11) |
Tenor
1.Die Berufung des beklagten Landes gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 29.9.2011 - 2 Ca 1749/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Frage, ob das beklagte Land der Klägerin einen Strukturausgleich nach § 12 des Tarifvertrages zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TVL und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-L) vom 12.10.2006 in Verbindung mit der Anlage 3 TVÜ-L zu zahlen hat.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Land seit dem 2.1.1995 beschäftigt. Auf das Beschäftigungsverhältnis fand zunächst der BAT Anwendung. Seit der Überleitung des BAT in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) im November 2006 ist dieser auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Das ist zwischen den Parteien nicht streitig.
Der TVÜ-L enthält - auszugsweise - folgende Regelungen
(…..)
§ 4
Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen
(…..)
(2) Beschäftigte, die im November 2006 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung, einen Bewährungs-, Fallgruppen- oder Tätigkeitsaufstieg erfüllt hätten, werden für die Überleitung so behandelt, als wären sie bereits im Oktober 2006 höhergruppiert bzw. höher eingereiht worden.
(…..)
§ 8
Bewährungs- und Fallgruppenaufstiege
(…..)
(2) Beschäftigte, die aus dem Geltungsbereich des BAT / BAT-O in eine der Entgeltgruppen 2 sowie 9 bis 15 übergeleitet werden und
- die am 1. November 2006 bei Fortgeltung des bisherigen Tarifrechts die für eine Höhergruppierung erforderliche Zeit der Bewährung oder Tätigkeit zur Hälfte erfüllt haben,
- in der Zeit zwischen dem 1. Dezember 2006 und dem 31. Oktober 2008 höhergruppiert wären,
- bis zum individuellen Aufstiegszeitpunkt weiterhin eine Tätigkeit auszuüben haben, die diesen Aufstieg ermöglicht hätte, und
- bei denen zum individuellen Aufstiegszeitpunkt keine Anhaltspunkte vorliegen, die bei Fortgeltung des bisherigen Rechts einer Höhergruppierung entgegengestanden hätten, erhalten ab dem Zeitpunkt, zu dem sie nach bisherigem Recht höhergruppiert wären, in ihrer bisherigen Entgeltgruppe Entgelt nach derjenigen individuellen Zwischen- beziehungsweise Endstufe, die sich ergeben hätte, wenn sich ihr Vergleichsentgelt (§ 5) nach der Vergütung aufgrund der Höhergruppierung bestimmt hätte. Ein etwaiger Strukturausgleich wird ab dem individuellen Aufstiegszeitpunkt nicht mehr gezahlt.
(…..)
§ 12
Strukturausgleich
(1) Aus dem Geltungsbereich des BAT / BAT-O übergeleitete Beschäftigte erhalten einen nicht dynamischen Strukturausgleich ausschließlich in den in Anlage 3 aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt. Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensaltersstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. November 2006, sofern in Anlage 3 nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.
(2) Die Zahlung des Strukturausgleichs beginnt im November 2008, sofern in Anlage 3 nicht etwas anderes bestimmt ist.
(…..)
(5) Bei Höhergruppierungen wird der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf den Strukturausgleich angerechnet.
(…..)
Die Klägerin war zuerst in die Vergütungsgruppe VII Fallgruppe 1 eingruppiert. Nach (Zeit-)Aufstiegen zum 13.6.2001 (Vergütungsgruppe VI b Fallgruppe 1 der Anlage 1a zum BAT) und zum 4.4.2003 (Vergütungsgruppe V c Fallgruppe 1a der Anlage 1a zum BAT) wurde sie nach dreijährigen Bewährung mit Wirkung ab dem 4.4.2006 in die Vergütungsgruppe V b Fallgruppe 1 c der Anlage 1a zum BAT eingruppiert und zum 1.11.2006 in die Entgeltgruppe 09 Z Stufe 4 übergeleitet. Zum Zeitpunkt der Überleitung befand sich die Klägerin in der Lebensaltersstufe 41 und erhielt einen Ortszuschlag der Stufe 2.
Die Anlage 3 zum TVÜ-L enthält eine Tabelle, in der - auszugsweise - folgendes geregelt ist:
Entgeltgruppe |
Vergütungsgruppe bei In-Kraft-Treten TVÜ |
Aufstieg |
Ortszuschlag Stufe 1,2 bei In-Kraft-Treten TVÜ |
Lebensaltersstufe bei In- Kraft-Treten TVÜ |
Höhe Ausgleichsbetrag |
Dauer |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 1 |
29 |
60 € |
für 12 Jahre |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 1 |
31 |
60 € |
nach 4 Jahren für 7 Jahre |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 1 |
33 |
60 € |
für 7 Jahre |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 2 |
27 |
90 € |
nach 4 Jahren für 7 Jahre |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 2 |
29 |
90 € |
für 7 Jahre |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 2 |
35 |
20 € |
nach 4 Jahren dauerhaft |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 2 |
37 |
40 € |
nach 4 Jahren dauerhaft |
9 |
Vb |
ohne |
OZ 2 |
39 |
40 € |
dauerhaft |
9* |
Vb |
ohne |
OZ 2 |
41 |
40 € |
dauerhaft |
9 |
Vb |
IVb nach 6 Jahren |
OZ 1 |
29 |
50 € |
für 3 Jahre |
9 |
Vb |
IVb nach 2, 3, 4, 6 Jahren |
OZ 1 |
35 |
60 € |
für... |