Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung wegen Stilllegungsentschluss
Leitsatz (amtlich)
Weicht der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung von dem ursprünglich gefassten Stilllegungsbeschluss hinsichtlich des gesamten Betriebes erheblich ab, kann die Kündigung nicht damit begründet werden, der Betrieb sei stillgelegt worden.
Normenkette
KSchG § 1
Verfahrensgang
ArbG Düsseldorf (Urteil vom 31.03.2011; Aktenzeichen 6 Ca 150/11) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 31.03.2011, 6 Ca 150/11, wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass eine seitens der Beklagten unter dem Datum vom 23.12.2010 ausgesprochene Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat.
Der am 25.03.1968 geborene, verheiratete Kläger, der mittlerweile zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, ist seit dem 14.07.2003 bei der Beklagten, deren Geschäftsgegenstand ein Speditions- und Transportgewerbe ist, als Berufskraftfahrer zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von zuletzt 2.614,00 EUR beschäftigt. Gesellschafterin der Beklagten ist die C. Holding GmbH & Co.KG. Geschäftsführer der C. Holding GmbH ist Herr V. C.. Die Beklagte ist eine 100%tige Tochter der C. gruppe.
Der Hauptsitz der Beklagten ist in S.. Daneben unterhält sie Standorte in N., Q. und X..
Der Kläger ist für die Beklagte in N. tätig. Er fährt eine Sattelzugmaschine mit Auflieger.
Zum 30.09.2010 hat die Beklagte – nach ihren Angaben nach einer aufwändigen Sozialauswahl – den Bereich „Nationale Stückgutverkehre” eingestellt.
Ausweislich eines zur Akte gereichten „Outsourcing und Kaufvertrages” vom 04.11.2010 hat die Beklagte mit Wirkung zum 01.12.2010 die Speditionstätigkeit des nach ihren Angaben bestehenden „Geschäftsbereich Gebietsspedition, Nahverkehrs- und Werksversorgung” an die M. Logistics Group International GmbH (im Folgenden: M.), ebenfalls eine 100%tige Tochter der C. Gruppe, veräußert. Ausweislich § 2 Abs. 2 dieses Kaufvertrages ist die M. in die Rechte und Pflichten der Beklagten aus den Kundenverträgen eingetreten. Die Kunden haben der Vertragsübernahme zugestimmt. Die diesem Bereich zugeordneten Arbeitnehmer, die in einer Anlage zum Kaufvertrag aufgeführt sind, hat die M. übernommen. Bei der Beklagten verblieb in diesem Geschäftsbereich die reine Fuhrparkorganisation. Zwischen der Beklagten und der M. wurde unter dem Datum vom 01.12.2010 ein Rahmenvertrag über die Erbringung von Frachtführerleistungen abgeschlossen.
Die Beklagte hat ein „Protokoll der außerordentlichen Gesellschafterversammlung der C. International GmbH, S.” vom 06.12.2010 zur Akte gereicht, wonach der einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer V. C. der C. Holding GmbH, diese wiederum handelnd als Komplementärin der C. Holding GmbH & Co.KG, unter anderem erklärt hat:
„Die Gesellschafterversammlung beschließt die Stilllegung und Beendigung des Geschäftsbetriebes der C. International GmbH zum 31. Dezember 2010 an sämtlichen Standorten.
Soweit bis zur Beendigung noch bestehender Kundenverträge eine Abwicklung über den 31.12.2010 hinaus notwendig sein sollte, ist dem im Rahmen der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtung Rechnung zu tragen.
Die Geschäftsführung wird mit der Durchführung aller hierzu erforderlichen Maßnahmen beauftragt. Dies umfasst insbesondere die vorzeitige Beendigung von Kundenverträgen zu vertretbaren wirtschaftlichen Konditionen sowie die Beendigung der Arbeitsverhältnisse mit allen Mitarbeitern.
Weitere Beschlüsse wurden nicht gefasst.”
Ausweislich einer vom 10.12.2010 datierenden „Aufhebungsvereinbarung” zwischen der M. und der Beklagten ist die zum 01.12.2010 geschlossene Transportvereinbarung einvernehmlich zum 31.12.2010 beendet worden.
Mit Datum vom 13.12.2010 hat die Beklagte der N. Spedition GmbH (im Folgenden: N.), eine weitere 100%tige Tochter der C. gruppe, eine „Übernahmevereinbarung” angeboten, deren Vorbemerkung wie folgt lautet:
„(1) C. ist ein Unternehmen der Speditions- und Transportbranche und auf nationale wie internationale Verkehre spezialisiert. Mit Gesellschafterbeschluss vom 06.12.2010 wurde die Betriebsstilllegung von C. beschlossen, woraufhin mit den größten Kunden für Transporte im Bereich „Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung” sowie „Spezialverkehre” Aufhebungsvereinbarungen über die Einstellung der Transporte zum 31.12.2010 abgeschlossen wurden.
(2) N. wird die vorgenannten Transporte des Geschäftsbereichs „Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung” sowie „Spezialverkehre” ab dem 01.01.2011 durchführen. Um die hierfür erforderliche Transportkapazität bereitstellen zu können, mietet N. von C., bzw. dem jeweiligen Eigentümer die bislang im Geschäftsbereich „Gebietsspedition, Nahverkehrsversorgung und Werksversorgung” eingesetzten LKW und Zugmaschinen und übernimmt das diesem Bereich zugeordnete Fahr- und Dispo...