Verfahrensgang

ArbG Krefeld (Aktenzeichen 1 Ca 961/97)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 24.09.1997 – 1 Ca 961/97 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Anrechnung von Kurzeiten auf Tarifurlaub aufgrund der Neuregelung des § 10 BUrlG durch Gesetz v. 25.09.1996 (BGBl. I S. 1476). Die Klägerin ist seit Mai 1978 bei den britischen Stationierungsstreitkräften in Deutschland, zuletzt bei der Royal Air Force B. als Angestellte beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit die Bestimmungen des Tarifvertrages für Arbeitnehmer bei den Stationierungskräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (TVAL II) Anwendung.

In der Zeit vom 25.12.1996 bis 12.02.1997 nahm die Klägerin an einer von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewilligten Rehabilitationskur teil. Bei Kurantritt stand der Klägerin noch ein Resturlaubsanspruch für 1996 von 14 Urlaubs- tagen zu. Unter Anrechnung auf die Kurzeit kürzte die Beklagte den noch ausstehenden Urlaubsanspruch der Kläger um insgesamt elf Urlaubstage. Dabei rechnete Sie von dem tariflichen Jahresurlaub der Klägerin (gemäß § 33 TVAL II insgesamt 30 Urlaubstage) 10 Tage und von dem der Klägerin zustehenden Zusatzurlaub für Schwerbehinderte (gemäß § 34 TVAL II insgesamt sechs Tage) einen weiteren Tag auf die Kurzeit der Klägerin an. Der weitere Resturlaub für 1996 von drei Urlaubstagen wurde der Klägerin im Kalenderjahr 1997 gewährt.

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte sei nicht berechtigt, elf Tage ihres Erholungsurlaubs auf die Kurmaßnahme anzurechnen. Denn die fortbestehenden, von der gesetzlichen Neuregelung des § 10 BUrlG abweichenden Tarifbestimmungen über die Gehaltsfortzahlung für die Dauer der Kurmaßnahme (§§ 29, 31 TVAL II) sowie über den Erholungsurlaub (§§ 33, 34 TVAL II) gingen der tarifdispositiven Gesetzesneuregelung vor.

Dem Klageantrag der Klägerin,

festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr aus dem Jahre 1996 elf Urlaubstage zu gewähren,

hat das Arbeitsgericht Krefeld durch Urteil vom 24.09.1997 – 1 Ca 961/97 – antragsgemäß und im wesentlichen mit der Begründung entsprochen, die durch § 10 BUrlG n. F. geschaffene Anrechnungsmöglichkeit von Tagen der medizinischen Rehabilitation auf Erholungsurlaub sei wegen der einschlägigen Tarifregelung, die nach ihrem Wortlaut eine solche Anrechnung nicht zulasse, vorliegend nicht anwendbar.

Zur näheren Sachdarstellung und wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Streitstandes wird auf den Tatbestand sowie die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Gegen das ihr am 15.12.1997 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 09.01.1998 eingelegten Berufung, die sie mit einem beim Landesarbeitsgericht am 05.02.1998 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.

Sie trägt vor:

Das Arbeitsgericht habe übersehen, daß die von ihm herangezogenen Tarifbestimmungen über Krankenbezüge und Erholungsurlaub zu einem Zeitpunkt vereinbart worden seien, zu dem niemand an die heutige Fassung des § 10 BUrlG – eine Maßnahme zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit – auch nur gedacht habe. Dem Willen der Tarifvertragsparteien könne deshalb auch nicht unterstellt werden, den Wortlaut des § 29 TVAL II mit der Sinnbedeutung gewollt zu haben, die Anrechnungsregel eines sechzehn Jahre späteren Gesetzes zu suspendieren. Da dies nicht anzunehmen sei, finde vorliegend auch die Abdingbarkeitsvorschrift des § 13 BUrlG keine Anwendung. Bei der Auslegung der Tarifbestimmungen könne schließlich auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß auch durch die tarifliche Neuregelung zum 01.08.1997, die nur eine redaktionelle Änderung der einschlägigen Bestimmung des § 29 TVAL II enthalte und die Urlaubsregelung in § 33 TVAL II unverändert belasse, die Anrechnungsmöglichkeit aus § 10 BUrlG n. F. nicht ausgeschlossen worden sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Krefeld vom 24.09.1997 – 1 Ca 961/97 – die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und tritt der Rechtsauffassung der Beklagten entgegen, durch das arbeitsrechtliche Beschäftigungsförderungsgesetz würden bestehende Tarifvertragsregelungen verdrängt. Im Zusammenhang mit der Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers in § 10 BUrlG n. F. habe der Gesetzgeber vielmehr nur zur Kostenentlastung der Arbeit – aber ohne Eingriff in die Tarifautonomie beitragen wollen. Ein Eingriff des Gesetzgebers in bestehende Tarifverträge wäre zudem verfassungswidrig. Da vorliegend auch kein Zweifel daran bestehen könne, daß es sich bei den Tarifregelungen in §§ 29 und 33 TVAL II um eigenständige, von der gesetzlichen Regelung unabhängige Anspruchsnormen handle, trete demgegenüber die im übrigen nicht zwingende Gesetzesregelung in § 10 BUrlG n. F. zurück.

Im übrigen haben die Parteien ihr erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und gemäß den ...

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