Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit der Kürzung der Gehälter der Lehrkräfte an griechischen Schulen in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund griechischer Gesetze

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Geltungsbereich des deutschen Arbeitsrechts kommt den griechischen Gesetzen 3833/2010 und 3845/2010 keine unmittelbare Wirkung zu in Bezug auf die von der Republik Griechenland mit Lehrkräften in Deutschland nach deutschem Recht geschlossenen Arbeitsverträge.

2. Eine von diesen Gesetzen bezweckte Entgeltabsenkung kann in Anwendung deutschen Rechts nur durch den Ausspruch einer Änderungskündigung erreicht werden (Anschl. an LAG Hamm - 17 Sa 1387/13 - 03.04.2014).

3. Wegen der Besonderheiten des Falles muss ausnahmsweise eine außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung aus wichtigem Grund - bei tariflich nicht ordentlich kündbaren Arbeitnehmern dann auch ohne eine der tariflichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist - als zulässig angesehen werden (entgegen LAG Hamm - 17 Sa 1387/13 - 03.04.2014).

 

Normenkette

GVG § 20 Abs. 2; EGBGB Art. 30 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 11.05.2011; Aktenzeichen 8 Ca 6870/10)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.10.2017; Aktenzeichen 2 AZR 785/16 (F))

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen - wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 - 8 Ca 6870/10 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:

  1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.373,69 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.091,15 Euro seit dem 17.02.2011 sowie aus jeweils 47,09 Euro seit dem 01.12.2010, 01.01.2011, 01.02.2011, 01.03.2011, 01.04.2011 und 01.05.2011 zu zahlen.
  2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
  3. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz - bei einem Streitwert von 28.331,56 Euro - trägt die Klägerin zu 88 % und die Beklagte zu 12 %, die Kosten der Berufung einschließlich die der Revision werden der Klägerin - bei einem Streitwert von 14.326,65 Euro - zu 76 % und der Beklagten zu 24 % auferlegt.

    Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Änderungskündigung sowie über Zahlungsansprüche der Klägerin gegen die Beklagte.

Die Beklagte unterhält in der Bundesrepublik Deutschland mehrere Schulen, darunter eine staatlich anerkannte Ergänzungsschule in Düsseldorf. Dort beschäftigt sie fünf Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis sowie mehrere Beamte. Die von der Beklagten in Düsseldorf unterhaltenen Schulen werden von ihr allein finanziert.

Die 1959 geborene Klägerin ist seit 1989 bei der Beklagten beschäftigt. Ihr Einsatz erfolgte zuletzt an der Ergänzungsschule in Düsseldorf. Ihr Bruttomonatsgehalt betrug 3.690,00 Euro.

Dem Arbeitsverhältnis liegt u.a. der Arbeitsvertrag vom 1. Januar 1992 zugrunde. Dort heißt es:

"...

1.

Frau ... wird ihre Tätigkeit im Schuljahr 1991-1992 an der Schule Düsseldorf fortsetzen mit 22 Stunden wöchentlich im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

...

3.

Die Regelung des Arbeitsverhältnisses erfolgt gemäß dem deutschen Bundesangestelltentarifvertrag BAT.

...

16.

Die zuständigen gerichtlichen Behörden für jede Streitsache sind die der Stadt Düsseldorf.

..."

Mitte Juni 2010 nahm die Beklagte eine Neuberechnung der Bezüge der Klägerin für die Zeit von Januar bis Juni 2010 vor und kürzte sie rückwirkend ab Januar 2010 um 7 %, ab Juni 2010 um weitere 3 %. In den Folgemonaten zahlte sie ein jeweils um 361,25 Euro verringertes Gehalt. Für das Jahr 2010 leistete sie zudem keine Sonderzahlung.

Mit Schreiben vom 9. November 2010 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos und bot der Klägerin die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. In dem Kündigungsschreiben heißt es:

"..., um die Finanzkrise zu lösen und um das Unterstützungsprogramm der griechischen Wirtschaft von den Mitgliedstaaten des Euroraums und der Internationalen Währungsfonds umsetzen zu können, nahm der griechische Staat vor, die Vergütung aller Beschäftigten/-Besoldeten zu verkürzen (g. Ges. N3833/2010 und N3845/2010). Für Verträge der Form wie von Ihnen, wurde beschlossen, die monatlichen Bruttoverdienste um 7 % und 3 % in Zahlen 314,16 Euro pro Monat zu verkürzen, sowie die Jahressonderzahlung abzuschaffen. Die Kürzung Ihres Gehaltes erfolgte mit 7 % ab dem 01.01.2010 und mit weitere 3 % ab 01.06.2010. Wegen den obengenannten Gründen und nach Anordnung der DIPODE (Bildungsdirektion interkultureller Erziehung für Griechen im Ausland) mit A.P.F.821/2930E/130071/Z1 kündigen wir den bestehenden Arbeitsvertrag aus wichtigem Grund sofort und ohne Einhaltung der Frist. Gleichzeitig bieten wir Ihnen einen neuen Arbeitsvertrag mit den folgenden Bedingungen:

"..., um die Finanzkrise zu lösen und um das Unterstützungsprogramm der griechischen Wirtschaft von den Mitglie...

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