Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für eine mehr als einen Monat andauernde Freistellung des Arbeitnehmers. Vergleichsmehrwert bei Beilegung anderer Streitgegenstände aus anderen Verfahren. Gegenstandswert einer Zeugnisregelung
Leitsatz (amtlich)
1. Der Gegenstandswert für die Freistellung eines Arbeitnehmers, die länger als einen Monat dauert, ist pauschalierend in Höhe eines Monatsgehaltes des Arbeitnehmers festzusetzen.
2. Der Streitwert eines Vergleichs geht über den Streitwert des Verfahrens, in dem der Vergleich geschlossen wird, nur dann hinaus, wenn er Regelungen enthält, durch die andere Streitgegenstände beigelegt werden, die zwar nicht im vorliegenden Verfahren, wohl aber bereits in einem anderen Verfahren anhängig sind, oder über die die Parteien bislang zwar nur außergerichtlich gestritten haben, bei denen aber die konkrete Gefahr besteht, dass sie ohne die vergleichsweise Regelung alsbald in einem gerichtlichen Verfahren ausgetragen werden.
3. Der Gegenstandswert einer Zeugnisregelung beträgt ein Bruttomonatsgehalt des Arbeitnehmers, sofern über den Inhalt des Zeugnisses eine Regelung getroffen wurde. Zeugnisregelungen in einem Vergleich sind auch dann werterhöhend zu berücksichtigen, wenn über sie zuvor nicht gestritten worden ist.
Normenkette
RVG § 33 Abs. 2 S. 2; GKG § 42 Abs. 2 S. 1; ZPO § 278 Abs. 6; KSchG §§ 4-5, 7
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 13.12.2021; Aktenzeichen 16 Ca 284/21) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Dezember 2021 - 16 Ca 284/21 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für die Klage auf 17.491,26 € festgesetzt.
Für den Vergleich vom 24. November 2021 wird ein Mehrwert von 29.236,89 € festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Eine Gebühr für die Beschwerde nach Nr. 8614 Kostenverzeichnis als Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ist nicht zu erheben.
Gründe
I.
Die befristete Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit, hier gegen die Höhe eines festgesetzten Vergleichsmehrwertes in einem arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren.
Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über eine Kündigungsschutzklage wegen einer von der Beklagten mit Wirkung zum 15. September 2021 ausgesprochenen Beendigungskündigung vom 10. August 2021, nachdem die Klägerin seit dem 01. Dezember 2019 zu einem durchschnittlichen Bruttomonatsverdienst von zuletzt 5.830,42 € bei der Beklagten als Assistentin der Geschäftsführung beschäftigt war.
Die Klägerin erhielt ferner eine Änderungskündigung vom 29. Oktober 2021 mit Wirkung zum 30. November 2021, mit der die Beklagte der Klägerin beginnend ab dem 01. Dezember 2021 eine Tätigkeit als Marketingspezialistin Events zu einer Bruttomonatsvergütung von 3.900,00 € anbot. Gegen diese Kündigung machte die Klägerin keinen Kündigungsfeststellungsantrag beim Arbeitsgericht anhängig.
Ferner erhielt die Klägerin von der Beklagten mit Schreiben vom 29. Oktober 2021 ein Angebot für ein ab dem 01. November 2011 seitens der Beklagten beabsichtigtes Prozessarbeitsverhältnis als Marketingspezialistin Events. Hinsichtlich des weiteren Inhalts des insoweit angebotenen Prozessarbeitsvertrages wird auf Bl. 59 ff. d.A. verwiesen.
Mit gerichtlichem Vergleich vom 24. November 2021 - 16 Ca 284/21 - (Bl. 43 ff. d.A.) vereinbarten die Parteien u.a. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses infolge Kündigung vom 10. August 2021 mit Ablauf des 31. Dezember 2021, ferner unter Ziff. 2 des Vergleichs, dass für das Jahr 2021 kein Anspruch auf eine variable Vergütung (Jahresprämie) bestehe, unter Ziff. 3 eine unwiderrufliche Freistellung der Klägerin für die Zeit vom 15. September 2021 bis zum 31. Dezember 2021, unter Ziff. 4 eine Zeugnisregelung mit einzelnen konkreten Zeugnisformulierungen und unter Ziff. 9 eine allgemeine Ausgleichsklausel.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 13. Dezember 2021 - 16 Ca 284/21 - (Bl. 68 d.A.) auf Antrag des Prozessbevollmächtigten der Klägerin nach Anhörung der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten (Bl. 53 d.A.) den Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit für die Klage auf 17.491,26 € und für den Vergleich auf einen Mehrwert von 8.830,42 € festgesetzt und insoweit ausgeführt, Ziff. 2 des Vergleichs sei mit 3.000,00 € und Ziff. 4 des Vergleiches mit 5.830,42 € zu bewerten. Ein Vergleichsmehrwert der Ziff. 9 des Vergleiches falle nicht an. Die Wirksamkeit der Änderungskündigung vom 29. Oktober 2021 sei nicht zwischen den Parteien im Streit gewesen, da diese von der Klägerin nicht angegriffen wurde.
Gegen den am 17. Dezember 2021 (Bl. 74 d.A.) ihm zugestellten Beschluss hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit einem am 17. Dezember 2021 (Bl. 76 d.A.) beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Der Vergleichsmehrwert sei auf 34.221,42 € festzusetzen.
Zur Begründung fü...