Entscheidungsstichwort (Thema)
Mutwillige Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen
Leitsatz (amtlich)
Die Geltendmachung von Verzugslohnansprüchen während eines Rechtsstreits über einen Beschäftigungsanspruch kann Mutwillig i. S. v. § 114 ZPO sein.
Normenkette
ZPO § 114
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 22.10.2003; Aktenzeichen 7 Ca 154/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. Oktober 2003 – 7 Ca 154/03 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Mit dem Beschluss vom 22. Oktober 2003 hat das Arbeitsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt für den Antrag zu 1) aus der Klage vom 07. März 2003. Hinsichtlich des Antrages zu 2) aus der Klage und der Anträge zu 3 a) und 3 b) in der Fassung gemäß Schriftsatz vom 29. August 2003 hat das Arbeitsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Der Beschluss ist dem Kläger am 24. Oktober 2003 zugestellt worden. Mit der am 06. November 2003 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich der Kläger gegen die Verweigerung der Prozesskostenhilfe bezüglich der Anträge zu 3 a) und 3 b). Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde gemäß Beschluss vom 13. November 2003 nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist statthaft gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgemäß gemäß § 127 Abs. 2 S. 3 ZPO.
Die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 22. Oktober 2003 ist jedoch unbegründet. Das Arbeitsgericht hat bezüglich der Anträge zu 3 a) und 3 b) in der Fassung des Schriftsatzes vom 29. August 2003 zurecht die Gewährung von Prozesskostenhilfe verweigert.
Gemäß § 114 ZPO setzt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zum einen eine hinreichende Aussicht auf Erfolg bezüglich der Rechtsverfolgung und zum anderen voraus, dass die Rechtsverfolgung nicht mutwillig erscheint. Zumindest an der zweiten Voraussetzung fehlt es im vorliegenden Fall.
Der Begriff der Mutwilligkeit wird dahingehend konkretisiert, dass eine Partei in ihrem prozessualen Verhalten nicht von demjenigen abweichen darf, was eine verständige und ausreichend bemittelte Partei in der gleichen prozessualen Lage zeigen würde (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, Arbeitsgerichtsgesetz, 4. Aufl § 11 a Rdn 95 f; LAG Kiel NJW 1984, 830; Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl, § 114 Rdn 30). Insgesamt ist bei der Frage des Mutwillens darauf zu achten, dass derjenige, der auf Kosten des Staates den Prozess führen will, den billigsten Weg wählen muss. Während die hinreichende Erfolgsaussicht die materielle Begründetheit des Klageanspruchs betrifft, wird von der Frage der Mutwilligkeit primär die verfahrensmäßige Geltendmachung des Anspruches betroffen (Germelmann u.a. aaO § 11 a Rdn 96).
Es ist eben nicht davon auszugehen, dass Prozesskostenhilfe für jede an sich zulässige Klagehäufung zu gewähren ist.
Vom Kläger hätte angesichts der Verpflichtung zur Wahl des billigsten prozessualen Wegs im vorliegenden Fall erwartet werden können, sich zunächst auf den Antrag zu 1) zur Durchsetzung seines Standpunktes zu beschränken.
Für die Entscheidung über den Antrag zu 1) ist ohnehin zu klären, ob für den Kläger außerhalb seines eigentlichen vertraglichen Tätigkeitsbereichs eine seinen gesundheitlichen Einschränkungen entsprechende Beschäftigung möglich ist. Der für die Anträge zu 3 a) und 3 b) erforderliche Annahmeverzug der Beklagten gemäß § 615 BGB setzt die Existenz einer solchen Beschäftigungsmöglichkeit voraus. Sollte die Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit bezüglich des Antrages zu 1) unterliegen, wäre dann zu klären, ob die Beklagte gleichwohl und trotz Bestehens dieser Beschäftigungsmöglichkeit – auch schon seit August 2002 – sich weigert, eine Nachberechnung vorzunehmen. Eine Klagerweiterung auf die Vergütung für mehr als ein Jahr bereits zum jetzigen Zeitpunkt auf Kosten des Staates ist nicht zu billigen, zumal bisher keine konkret greifbaren Ansatzpunkte für eine anderweitige Einsatzmöglichkeit des Klägers bestehen.
Die sofortige Beschwerde war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Ein Rechtsmittel gegen diesen Beschluss ist nicht gegeben, § 78 S. 1 ArbGG, § 576 Abs. 1 ZPO. Ein Grund zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, § 78 S. 2 ArbGG, § 72 Abs. 2 ArbGG liegt nicht vor.
Fundstellen