rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert. Anfechtung eines Spruchs der Einigungsstelle

 

Leitsatz (redaktionell)

Ist Regelungsgegenstand des Einigungsstellenverfahrens die Einführung eines auf voice-over-IP basierenden Telekommunikationssystems für insgesamt 230 Telefone mit Voice-over-IP-Anschluss für die pro Anschluss eine Lizenzgebühr in Höhe von 113,50 Euro aufgewendet wurden, so ist der Streitwert mit dem 230fachen von 113,50 Euro festzusetzen.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Aktenzeichen 4 BV 1/09)

 

Tenor

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 20.884,00 festgesetzt.

 

Gründe

1. Nachdem die Verfahrensbevollmächtigten des Gesamtbetriebsrats mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 beantragt haben den Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren festzusetzen, war nach Gewährung von rechtlichem Gehör durch Beschluss über den vorgenannten Antrag zu entscheiden.

2. Streitgegenstand des Beschwerdeverfahrens war die Anfechtung eines Spruchs einer der beim Arbeitgeber gebildeten Einigungsstelle. Der Arbeitgeber ist ein Unternehmen des Einzelhandels. In den Betrieben des Arbeitgebers sollte ein auf voice-over-IP basierendes Telekommunikationssystem der Firma C. eingesetzt werden. Nachdem die innerbetrieblichen Verhandlungen über eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Einfügung der voice-over-IP Telekommunikationsanlage gescheitert waren, haben sich die Betriebsparteien auf die Durchführung eines Einigungsstellenverfahrens geeinigt. Nach mehreren Verhandlungen beschloss die Einigungsstelle am 27. Februar 2009 gegen die Stimmen der Beisitzer des Gesamtbetriebsrats eine Gesamtbetriebsvereinbarung.

Der Gesamtbetriebsrat hat mit der am 01. April 2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift die Feststellung der Unwirksamkeit des Spruchs der Einigungsstelle begehrt. Durch Beschluss vom 14. Oktober 2009 – 14 BV 1/09 – hat das Arbeitsgericht den Antrag des Gesamtbetriebsrats zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Gesamtbetriebsrats hat das Landesarbeitsgericht durch Beschluss vom 07. Dezember 2010 – 4 TaBV 9/09 – zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die dagegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde des Gesamtbetriebsrats hat das Bundesarbeitsgericht durch Beschluss vom 07. Juni 2011 – 1 ABN 14/11 – zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 29. Juni 2011 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Gesamtbetriebsrats die Gegenstandswertfestsetzung beantragt. Unter Bezugnahme auf den Beschluss der Beschwerdekammer vom 30. November 2009 (– 4 Ta 12/09 – juris) haben sie angeregt, den Gegenstandswert auf EUR 80.000,00 festzusetzen und ausgeführt, dass in entsprechender Anwendung des § 9 BetrVG auf die Größe des Gesamtbetriebsrats abzustellen und entsprechend der Systematik des § 9 BetrVG von 20 Staffelsprüngen auszugehen sei. Mit Schriftsatz vom 28. Juli 2011 haben die Verfahrensbevollmächtigten des Arbeitgebers angeregt den Gegenstandswert auf EUR 4.000,00 festzusetzen und u.a. ausgeführt, dass aus ihrer Sicht kein Grund erkennbar sei, vom Regelstreitwert abzuweichen. Ferner wurde in diesem Schriftsatz mitgeteilt, dass insgesamt 230 C.- Telefone mit Voice-over-IP- Anschluss existieren, die aufgrund des Spruchs der Einigungsstelle vom 27. Februar 2009 betrieben werden können.

Durch Verfügung vom 23. September 2011 hat der Kammervorsitzende einen rechtlichen Hinweis erteilt und den Arbeitgeber aufgefordert mitzuteilen, welche Kosten er hat aufwenden müssen um das Voice-over-IP in seinem Betrieb in der Systemumgebung betreiben zu können. Mit Schriftsatz vom 31. Oktober 2011 hat der Arbeitgeber mitgeteilt, dass er pro Anschluss eine Lizenzgebühr für die Voice-over-IP – Software in Höhe von EUR 113,50 bezahlt hat.

3. Streitgegenstand des Beschlussverfahrens war die Unwirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs und damit eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit (vgl. nur LArbG Hamburg Beschluss vom 24. Juli 2003 – 4 TaBV 1/02 – zitiert nach juris).

a) Bei der nach § 23 Abs. 3 RVG vorzunehmenden Wertfestsetzung für eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit hat, soweit dieses möglich ist, eine Bewertung nach individuellen Gesichtspunkten zu erfolgen. Der Gegenstandswert ist nach billigem Ermessen zu bestimmen; nur in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen hat eine Festsetzung auf den in § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG genannten Wert von EUR 4.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 stattzufinden. Neben dem Umfang und der Schwierigkeit einer Sache und dem daraus resultierenden Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt findet insbesondere die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten und deren ideelles und materielles Interesse Berücksichtigung. Eine Festsetzung auf den Wert von EUR 4.000,00 kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind, d. h., wenn es an jeglichen Anhaltspunkten fehlt,...

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