rechtskräftig
Leitsatz (amtlich)
Die Frist für die Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen ein Versäumnisurteil beginnt spätestens dann zu laufen, wenn der Rechtsanwalt die Sache zur Vorbereitung des Einspruchs vorgelegt bekommt, weil die Nachprüfung der Frist zu diesem Zeitpunkt keine routinemäßige Büroarbeit mehr ist, sondern die gebotene Prüfung einer Zulässigkeitsvoraussetzung der beabsichtigten Prozesshandlung.
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 19.04.2001; Aktenzeichen 11 Ca 489/99) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 19. April 2001 – 11 Ca 489/99 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Beschwerde hat die Beklagte zu tragen.
Eine weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Kläger haben gegen die Beklagte Kündigungsschutzklagen vor dem Arbeitsgericht Hamburg erhoben. Das Arbeitsgericht hat durch Versäumnisurteil vom 05. Juli 2000 – 11 Ca 489/99 -den Klagen stattgegeben. Das Versäumnisurteil nebst Rechtsmittelbelehrung, wonach die unterlegene Partei binnen einer Woche nach Zustellung des Versäumnisurteils gegen das Versäumnisurteil Einspruch einlegen kann, wurde der Beklagten am 12. Juli 2000 zugestellt. Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Beklagte am 26. Juli 2000 Einspruch eingelegt. Das Arbeitsgericht hat die Beklagte mit Schreiben vom 07. August 2000 darauf hingewiesen, dass die Frist zur Einlegung des Einspruchs gemäss § 59 ArbGG eine Woche betrug und somit am 19. Juli 2000 ablief. Hierauf hat die Beklagte unter dem 16. August 2000 beantragt, der Beklagten gegen die Versäumung der Einspruchsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Diesen Antrag begründete die Beklagte damit, dass die Frist fehlerhaft durch eine bisher zuverlässig arbeitende Rechtsanwaltsfachangestellte auf den 26. Juli 2000 notiert worden sei. Erst am 10. August 2000 habe der Prozessbevollmächtigte der Beklagten durch den Eingang des richterlichen Hinweises vom 07. August 2000 erstmals von der Fristversäumnis Kenntnis erlangt. Bei der Absendung des Schriftsatzes vom 26. Juli 2000 habe er an der notierten Frist noch keinen Zweifel gehabt und sich auf die sorgfältige Fristennotierung durch die Angestellte verlassen.
Den Einspruch der Beklagten vom 26. Juli 2000 gegen das Versäumnisurteil vom 05. Juli 2000 hat das Arbeitsgericht unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags der Beklagten vom 16. August 2000 durch Beschluss vom 19. April 2001 als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, die Beklagte habe nicht innerhalb der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO den Wiedereinsetzungsantrag gestellt. Die Frist habe spätestens am Tag der Absendung des Einspruchs am 26. Juli 2000 begonnen. An diesem Tag sei das Hindernis behoben gewesen, weil der Prozessbevollmächtigte der Beklagten an diesem Tag gewusst habe, dass die Einspruchsfrist versäumt gewesen sei. Er habe nämlich am Anfang des Einspruchs vom 26. Juli 2000 selbst festgestellt, dass das Versäumnisurteil der Beklagten am 12. Juli 2000 zugestellt worden sei. Der behauptete Irrtum des Büropersonals sei ihm daher in diesem Zeitpunkt bekannt gewesen und habe daher nicht weiter wirken können.
Gegen diesen Beschluss, der der Beklagten am 24. April 2001 zugestellt wurde, legte die Beklagte unter dem 08. Mai 2001 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde ein. Zur Begründung vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen dahingehend, erst am 10. August 2000 durch den Zugang des richterlichen Hinweises vom 07. August 2000 den Irrtum hinsichtlich der fehlerhaften Fristennotierung erkannt zu haben.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäss §§ 341 Abs. 2 Satz 2 ZPO, 78 Abs. 1 ArbGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt worden ist.
Sie ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Hamburg hat im Ergebnis zu Recht den Einspruch der Beklagten vom 26. Juli 2000 gegen das Versäumnisurteil vom 05. Juli 2000 unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrages der Beklagten vom 16. August 2000 als unzulässig verworfen. Die Beklagte hat nämlich nicht binnen der zweiwöchigen Frist des § 234 Abs. 1 ZPO den Wiedereinsetzungsantrag gestellt.
Gemäss § 234 Abs. 1 ZPO muss die Wiedereinsetzung innerhalb einer zweiwöchigen Frist beantragt werden, wobei die Frist mit dem Tage beginnt, an dem das Hindernis behoben ist (§ 234 Abs. 2 ZPO). Das Hindernis ist mit dem Ablauf desjenigen Tages behoben, von dem ab man bei Anwendung des in § 233 ZPO geregelten Verschuldensgrades nicht mehr sagen kann, das Weiterbestehen des Hindernisses sei noch unverschuldet (vgl. nur BGH in NJW 2000, 592). Dabei steht das Verschulden des Prozessbevollmächtigten gemäss § 85 Abs. 1 ZPO dem Verschulden der Partei gleich.
Die Frist beginnt daher spätestens mit dem Zeitpunkt, in dem der verantwortliche Anwalt bei Anwendung der unter den gegebenen Umständen von ihm zu erwartenden Sorgfalt...