Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung des Gegenstandswertes. Vielzahl von personellen Einzelmaßnahmen. einheitliche Unternehmerentscheidung

 

Leitsatz (amtlich)

Im Regelfall ist eine Herabsetzung des Gegenstandswerts bei Vorliegen mehrerer paralleler personeller Einzelmaßnahmen nicht sachgerecht. Allenfalls unter sehr engen Voraussetzungen kann die Festsetzung eines geringeren Gegenstandswertes angezeigt sein, wie z.B. bei einer auf einer einheitlichen Unternehmerentscheidung beruhenden Vielzahl von mitbestimmungspflichtigen personellen Einzelmaßnahmen. Ein Wertabschlag von 50 % ist in derartigen Fällen angemessen.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2; BetrVG § 99 Abs. 4, §§ 100-101; GKG 2004 § 42 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 08.12.2008; Aktenzeichen 21 BV 2/08)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2008 – 21 BV 2/08 – abgeändert:

Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf EUR 151.224,48 festgesetzt.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat eine Beschwerdegebühr in Höhe von EUR 20,00 zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Die sofortige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 8. Dezember 2008 ist gemäß § 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig, da sie von einem Antragsberechtigten (§ 33 Abs. 2 S. 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden ist.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist auch teilweise begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet.

Entgegen der vom Arbeitsgericht nicht näher begründeten Auffassung war der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren nicht auf EUR 48.595,60 festzusetzen, sondern auf insgesamt EUR 151.224,48.

Dagegen erscheint eine Wertfestsetzung auf EUR 744.000,00, wie sie der Beschwerdeführer begehrt, nicht angemessen.

Die Beteiligten haben vorliegend über die Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung von 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG, die Anträge wegen vorläufiger Einstellung dieser Mitarbeiter/innen nach § 100 Abs. 2 BetrVG, die Gegenanträge des Betriebsrats auf Aufhebung der Einstellungen nach § 101 BetrVG, die Anträge auf Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung und die auf eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 BetrVG gestützten Unterlassungsanträge des Betriebsrats gestritten.

1. Die Wertfestsetzung richtet sich hinsichtlich sämtlicher dieser Anträge der Beteiligten nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, weil für die Gerichtsgebühren maßgebliche Rechtsvorschriften i. S. des § 23 Abs. 1 RVG nicht gegeben sind; das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Demgemäß ist nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG der Wert nach billigem Ermessen zu bestimmen, wenn er nicht aus anderen Gründen feststeht. In Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert gemäß § 23 Abs. 3 S. 2, 2. Halbsatz RVG auf EUR 4.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 anzunehmen.

Soweit möglich hat eine Bewertung nach individuellen Gesichtspunkten zu erfolgen. Eine Festsetzung auf den Wert von EUR 4.000,00 kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind. Maßgebend für eine Bewertung nach billigem Ermessen ist die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, deren ideelles und materielles Interesse. Neben Schwierigkeit und Umfang sind wesentlich die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits zu berücksichtigen, wobei die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten des Falles angemessen einzubeziehen sind (LAG Bremen vom 18.08.2000 – 1 Ta 45/00 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 46).

2. Vorliegend sind bei den Anträgen auf Ersetzung der Zustimmung zu Einstellung von 40 Mitarbeiter/innen, den Anträgen wegen vorläufiger Einstellung, den Gegenanträgen auf Aufhebung der Einstellungen und den Anträgen auf Ersetzung der Zustimmung zur Eingruppierung genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung vorhanden.

a) Die Beschwerdekammer geht in ständiger Rechtsprechung bei der Bewertung der Anträge nach § 99 Abs. 4 BetrVG von jeweils zwei Monatsgehältern der betroffenen Mitarbeiter und der Anträge nach § 100 Abs. 2 BetrVG und nach § 101 BetrVG von jeweils einem Monatsgehalt aus. Diese Auffassung, bei der Bewertung der Anträge gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG und § 100 Abs. 2 BetrVG vom Einkommen des betreffenden Mitarbeiters und nicht dem Hilfswert nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG, wie der Beschwerdeführer meint, auszugehen, entspricht ständiger Rechtsprechung des LAG Hamburg (vgl. nur: Beschlüsse vom 28.08.2004 – 5 Ta 10/04 –; vom 15.03.2000 – 5 Ta 2/00 –; vom 12.09.1995 – 3 Ta 17/95 – NZA RR 1996, 267; vom 24.05.1987 – 1 Ta 9/87 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 7; vom 18.04.2007 – 4 Ta 1/07 –; vom 08.06.2007 – 7 Ta 8/07) –.

Wie die die Dritte Kammer des Landesarbeits...

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