Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdewert i.S.d. § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG. Sachentscheidung über Hilfsanträge als Voraussetzung einer Streitwerterhöhung. Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Wird der allgemeine Weiterbeschäftigungsanspruch als unechter Hilfsantrag - mithin für den Fall des Obsiegens mit der Klage nach § 4 KSchG - gestellt, ist dieser gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG nur dann streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn über ihn eine Entscheidung ergeht. Dies gilt auch im Falle eines Vergleichsschlusses.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Beschwerdewert ist der Unterschiedsbetrag zwischen derjenigen entstandenen und voraussichtlich noch entstehenden Gesamtvergütung des Rechtsanwalts (Gebühren und Auslagen einschließlich Umsatzsteuer), die sich aufgrund der bisherigen Festsetzung ergibt und derjenigen entstandenen und voraussichtlichen Gesamtvergütung, die sich nach dem behaupteten und mit der Beschwerde erstrebten Wert ergibt.

2. Echte Hilfsanträge führen nur dann zu einer Streitwerterhöhung, wenn über sie entschieden wird, § 45 Abs. 1 Satz 2 GKG. Entsprechendes gilt auch für unechte Hilfsanträge. Nur dann, wenn in dem Vergleich z.B. eine Regelung über die Weiterbeschäftigung erfolgt, erhöht sich der Vergleichswert.

3. Die auf der Ebene der Landesarbeitsgerichte eingerichtete Streitwertkommission hat einen Streitwertkatalog für die Arbeitsgerichtsbarkeit erarbeitet. Dieser entfaltet zwar keine rechtliche Bindungswirkung, stellt aber eine ausgewogene und mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Orientierung für die Arbeitsgerichte dar.

 

Normenkette

RVG §§ 33, 32; GKG § 42 Abs. 2, § 45 Abs. 1 S. 2; KSchG § 4; Streitwertkatalog Arbeitsgerichtsbarkeit Nr. I.18

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Entscheidung vom 22.11.2022; Aktenzeichen 25 Ca 254/22)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. November 2022 - 25 Ca 254/22 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für die Klage auf 17.502,00 € festgesetzt.

Für den Vergleich vom 04. November 2022 wird ein Mehrwert von 5.834,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die befristete Beschwerde richtet sich gegen die Festsetzung des Wertes des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit, hier gegen die erfolgte Festsetzung eines Wertes für einen Weiterbeschäftigungsantrag in einem arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren.

Im Ausgangsverfahren stritten die Parteien über eine Kündigungsschutzklage wegen einer von der Beklagten ausgesprochenen Beendigungskündigung vom 15. September 2022. Der Kläger war bei der Beklagten als Marketing Manager zu einer Bruttomonatsvergütung von 5.834,00 € beschäftigt. Mit Klage vom 30. September 2022 kündigte der Kläger einen Kündigungsfeststellungsantrag bzgl. der Kündigung vom 15. September 2022 (Feststellungsantrag zu 1.), einen allgemeinen Feststellungsantrag sowie den Antrag an, die Beklagte zu verurteilen, den Kläger für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1. zu unveränderten Bedingungen als Marketing Manager entsprechend dem im Arbeitsvertrag vom 19. Dezember 2021 vorgesehenen Bedingungen bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Verfahrens weiterzubeschäftigen.

Mit gerichtlichem Vergleich vom 04. November 2022 - 25 Ca 254/22 - vereinbarten die Parteien ua. die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Oktober 2022, ferner unter Ziff. 3 eine Zeugnisregelung mit guter Leistungs- und Verhaltensbeurteilung.

Mit Schriftsatz vom 08. November 2022 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers Mitteilung des Streitwerts.

Mit Schreiben vom 08. November 2022 teilte das Arbeitsgericht mit, es sei eine Gegenstandswertfestsetzung für die Klage iHv. 23.336,99 € und für den Vergleich auf einen Mehrwert von 5.834,00 € beabsichtigt.

Mit Schriftsatz vom 21. November 2022 führte der Prozessbevollmächtigte des Klägers aus, die Rechtsschutzversicherung des Klägers vertrete die Auffassung, dass der Streitwert für die Klage 17.502,00 € betragen müsse.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Beschluss vom 22. November 2022 - 25 Ca 254/22 - den Gegenstandswert für die Klage auf 23.336,00 € und für den Vergleich auf einen Mehrwert iHv. 5.834,00 € festgesetzt.

Gegen den am 25. November 2022 ihm über seinen Prozessbevollmächtigten zugestellten Beschluss hat der Kläger mit einem am 28. November 2022 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt. Zur Begründung führt die Beschwerde aus, die Rechtsschutzversicherung habe die Anweisung zur Einlegung der Beschwerde erteilt. Der Streitwert für die Klage ergebe sich aus § 42 Abs. 2 GKG und belaufe sich auf 17.502,00 €.

Das Arbeitsgericht Hamburg hat der Beschwerde durch Beschluss vom 02. Dezember 2022 - 25 Ca 254/22 - nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Parteien hätten um die Wirksamkeit einer ordentlichen arbeitgeberseitigen Kündigung (Klagantrag zu Ziff....

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