Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 27.05.1991; Aktenzeichen 19 Ca 396/90) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 24.04.1991; Aktenzeichen 19 Ca 396/90) |
Tenor
Die Beschwerde des Herrn Rechtsanwalts … gegen die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Hamburg vom 24.04.1991 – 19 Ca 396/90 – und vom 27.05.1991 – 19 Ca 396/90 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Gegenstandswert in Abänderung des Beschlusses vom 27.05.1991 auf DM 4.800,00 festgesetzt wird und die weitergehenden Anträge des Beschwerdeführers zurückgewiesen werden.
Gründe
Die Beschwerde war als eine von Herrn Rechtsanwalt … eigenen Namen gemaß § 10 Abs. 2, 3 S. 1 BRAGO eingelegt anzusehen, die, weil form- und fristgerecht eingelegt, zulässig war. Sachlich erwies sie sich jedoch nicht als begründet, denn das Beschwerdegericht folgt der Auffassung des Beschwerdeführers nicht, wonach in einem Rechtsstreit auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer Abmahnung und ihrer Entfernung aus der Personalakte der Gegenstandswert des § 12 Abs. 7 S. 1 KSchG, nämlich 3 Bruttomonatsverdienste, anzusetzen sei.
In entsprechender Anwendung von § 313 Abs. 3 ZPO werden die Erwägungen, auf denen die Entscheidung beruht, kurz wie folgt zusammengefaßt:
I.
Im einzelnen:
1. Daß die Beschwerde nicht in der Frist des § 10 Abs. 3 BRAGO eingelegt worden ist, schadet nichts. Denn das Arbeitsgericht hat es unterlassen, den vorgenannten Beschlüssen gemäß § 9 Abs. 5 S. 1 ArbGG eine Rechtsmittelbelehrung beizufügen. Diese Unterlassung des Arbeitsgerichts führt dazu, daß die Beschwerde, weil noch innerhalb der Jahresfrist seit Zustellung der angefochtenen Beschlüsse eingegangen, für zulässig zu erachten war (vgl. § 9 Abs. 5 S. 3 ff ArbGG).
2. Soweit das Arbeitsgericht in seinem Beschluß vom 27.05.1991 den Gegenstandswert abgeändert und von DM 2.400,00 auf DM 5.600,00 festgesetzt hat, aber „Die weitergehende Beschwerde … zurückgewiesen” hat, vermochte ihm das Beschwerdegericht nicht zu folgen. Denn diese Verfahrensweise des Arbeitsgerichts steht im Widerspruch zu der ausdrücklichen Regelung des § 571 ZPO. Diese Vorschrift gilt nämlich auch für das Verfahren nach § 10 Abs. 3 BRAGO, weil es sich bei diesen Beschwerdeverfahren nicht um solche handelt, die eine sofortige Beschwerde im Sinne des § 577 ZPO zum Gegenstand haben. Selbst wenn man aber einer anderen Rechtsauffassung sein wollte, so konnte auch diese auf sich beruhen, denn eine eigene Befugnis des Arbeitsgerichts, die Beschwerde des Beschwerdeführers zurückzuweisen, wäre nach § 573 Abs. 3 ZPO erst recht nicht gegeben.
Unter Berücksichtigung des gesamten Sachverhaltes kommt das Beschwerdegericht daher zu der Überzeugung, daß das Arbeitsgericht, als es die weitere Beschwerde zurückgewiesen hat, eine Entscheidung nach § 571 ZPO treffen, d.h. der Beschwerde teilweise abhelfen wollte, im übrigen aber nicht.
3. In der. Sache folgt das Beschwerdegericht im wesentlichen der von dem Arbeitsgericht in seinem Beschluß vom 27.05.1991 sachlich vertretenen Rechtsauffassung, die es nicht näher begründet hat, die aber erkennbar ist.
a) Grundsätzlich ist bei der Bemessung des Gegenstandswertes für eine Abmahnung von einem Monatsverdienst des betroffenen Arbeitnehmers auszugehen. Das entspricht der ständigen Praxis des Beschwerdegerichts, von der dieses abzugehen, keinen Anlaß sieht (vgl. z.B. grundsätzlich den Beschluß des Beschwerdegerichts vom 25.07.1984 – 1 Sa 18/87 –; ferner LAG Hamm, Beschluß vom 05.07.1984 – 8 Ta 115/84 – in MDR 1984, Seite 877; LAG Frankfurt/Main, Beschluß vom 01.03.1988 – 6 Ta 60/88 – in z.B. LAGE § 12 ArbGG Nr. 72 Streitwert; LAG Hamm, Beschluß vom 16.08.1989 – 2. Sa 308/89 in DB 1989, Seite 2032). Wie das Landesarbeitsgericht Hamm in seinem Beschluß vom 05.07.1984 und das Landesarbeitsgericht Frankfurt/Main in seinem Beschluß vom 01.03.1988, a.a.O., zutreffend ausgeführt haben, handelt es sich bei dem Streit um die Berechtigung einer Abmahnung um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, deren Bewertung nach § 3 ZPO stattzufinden hat. Bei dieser Bewertung ist mit den beiden vorgenannten Landesarbeitsgerichten zu berücksichtigen, daß es sich bei einem solchen Streit um die Berechtigung einer Abmahnung handelt, da diese unter verschiedenen Aspekten bedeutungsvoll ist. Sie kann für den künftigen Einsatz des betroffenen Arbeitnehmers Gewicht haben und in diesem Zusammenhang seine konkreten Entwicklungsmöglichkeiten in Frage stellen. Darüber hinaus wird vor allem in der Abmahnung eine Bestandsgefährdung für das Arbeitsverhältnis erblickt. Daraus erklärt sich auch die Zunahme der Streitigkeiten um die Berechtigung von Abmahnungen (vgl. hierzu z.B. BAG, Urteil vom 27.01.1988 – 5 AZR 604/86 – in z.B. ZTR 1988, Seite 309 sowie zusammenfassend und übersichtlich Conze, DB 1989, Seite 778 ff und v. Hoyningen-Huene, RDA 1990, Seite 193 ff, mit zahlreichen weiteren Nachweisungen aus der Rechtsprechung und Literatur). Demgemäß geht es bei der Entfernung einer-Abmahnung aus den Personalakten in erster Linie um die Ausräumung der Bestandsgefährdung....