Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Gegenstandswertes. Freistellung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung
Leitsatz (amtlich)
Der Gegenstandswert der Freistellung eines Arbeitnehmers, die länger als einen Monat dauert, ist pauschalierend in Höhe eines Monatsgehalts des Arbeitnehmers festzusetzen.
Normenkette
RVG § 33; ZPO § 3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 11.12.2009; Aktenzeichen 5 Ca 350/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11. Dezember 2009 teilweise abgeändert:
Der Mehrwert für den Vergleich wird auf EUR 19.618,94 festgesetzt.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
1. Die Beschwerde ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig. Sie ist insbesondere von einem Antragsberechtigten (§ 33 Abs. 2 S. 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden.
2. Die Beschwerde ist auch teilweise begründet (a).
Im Übrigen ist sie unbegründet (b).
Das Arbeitsgericht hat den Mehrwert des Vergleichs zu Unrecht in Höhe von EUR 15.968,94 festgesetzt. Nach Auffassung des Beschwerdegerichts beträgt der Mehrwert EUR 19.618,94, jedoch nicht EUR 23.268,94, wie die Beschwerdeführerin meint.
a) Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war die Freistellung des Klägers in Ziffer 3 des Vergleichs vom 5. November 2009, die – inklusive der Urlaubsansprüche – von diesem Zeitpunkt an ca. 6 Monate umfasste, wertmäßig zu berücksichtigen.
Die Rechtsprechung zur Höhe des Streitwerts bei einer Freistellungsvereinbarung ist insoweit uneinheitlich. Teilweise wird der Freistellung kein Mehrwert beigemessen (LAG Sachsen-Anhalt vom 8.Dezember 2004 8 Ta 163/04), teilweise wird der Wert der Freistellung mit etwa 25% (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20. Mai 1998 – LAGE § 12 ArbGG Nr. 113), teilweise mit 10%, teilweise aber auch mit 100% des Bruttomonatseinkommens (LAG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. September 1995 – LAGE § 12 ArbGG Nr. 104) für den Freistellungszeitraum angesetzt.
Nach bisheriger ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammer (vgl. nur: Beschlüsse vom 5.6.2000 – 7 Ta 12/00; vom 10.4.2002 – 7 Ta 8/02; vom 3.3.2004 – 7 Ta 1/04 –; vom 27.10.2009 – 7 Ta 22/09 –) richtet sich die Wertfestsetzung nach der Dauer der Freistellung.
Dabei hielt die Kammer mit dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Beschluss vom 20. Mai 1998 a.a.O.) jedenfalls dann, wenn die Vergütungsansprüche für den Freistellungszeitraum an sich unstreitig sind und durch die Freistellungsvereinbarung der Arbeitnehmer lediglich auf seinen Beschäftigungsanspruch und der Arbeitgeber auf sein Direktionsrecht verzichtet, einen deutlichen Abschlag vom Bruttomonatseinkommen im Freistellungszeitraum geboten und deshalb eine Wertfestsetzung in Höhe von 25% des in dem Freistellungszeitraum anfallenden Bruttoeinkommens im Regelfall für angemessen. Die Beschwerdekammer gibt diese Rechtsprechung nunmehr auf und schließt sich zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung beim Landesarbeitsgericht Hamburg der Auffassung der 1., 2. und 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts an (vgl. nur: Beschlüsse vom 5.12.1994 – 2 Ta 20/94; vom 7.3.2002 – 1 Ta 1/02 – juris; vom 6.9.2007 – H 3 Ta 103/07 –) an, wonach der Gegenstandswert einer Freistellung, die länger als einen Monat dauert, pauschalierend in Höhe eines Monatsgehalts festzusetzen ist.
Dies ergibt sich daraus, dass die Freistellung das rechtliche Gegenstück zum Weiterbeschäftigungsanspruch darstellt. Mit der Freistellung werden die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung einerseits wie auch der an sich bestehende Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers im gekündigten Arbeitsverhältnis aufgehoben. Würde ein Arbeitnehmer gegen eine einseitige Freistellung des Arbeitgebers seine Weiterbeschäftigung durchsetzen wollen, so wäre dies nach der herrschenden Meinung zur Bewertung des Weiterbeschäftigungsanspruchs mit einem Monatsgehalt zu bewerten. Dann kann der umgekehrte Fall, dass ein Recht auf eine Freistellung geltend gemacht wird, nicht geringer oder höher als mit einem Monatsgehalt bewertet werden.
Dies gilt auch, wenn es sich um den Verzicht auf den Beschäftigungsanspruch durch den Arbeitnehmer und den Verzicht auf das Direktionsrecht durch den Arbeitgeber im Rahmen einer Freistellungsvereinbarung geht.
Danach ist Ziffer 3. des Vergleichs mit einem Mehrwert von EUR 3.650,00, d.h. einem Bruttomonatsgehalt des Klägers, zu bewerten.
b) Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ist das in Ziff. 4 vereinbarte Sonderlösungsrecht dagegen nicht werterhöhend zu berücksichtigen. Dabei ist nicht allein entscheidend, dass die Parteien durch diese Regelung keinen Streit beigelegt haben. Auch wenn das Beendigungsrecht des Arbeitnehmers mit der gleichzeitig geregelten Erhöhung der Abfindung im Rahmen der Freistellung nichts anderes als eine im Interesse des Arbeitnehmers gewährte Leistung zum Zwecke der Erledigung des Kündigungsrechtsstreits (LAG Köln, Beschluss vom 3.3.2009 – 4 Ta 467/08) sein mag, kommt dem Sonderlösungsrecht während der Fr...