Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung. Beschlussverfahren und Wert der anwaltlichen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Für die Aufhebung einer personellen Maßnahme gem. § 101 BetrVG ist unter Rückgriff auf die Wertmaßstäbe von § 42 Abs. 4 GKG (a.F. jetzt: § 42 Abs. 3 S. 1 GKG) im Sinn einer pauschalierenden Konkretisierung grundsätzlich ein Bruttomonatsverdienst des betroffenen Arbeitnehmers als Gegenstandswert angemessen.

2. Jede Versetzung oder Einstellung ist im Einzelfall unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Besonderheiten nach Maßgabe der §§ 99, 100 BetrVG zu überprüfen. Eine Herabsetzung des Gegenstandswerts bei einer Vielzahl von Fällen ist deshalb regelmäßig nicht sachgerecht.

 

Normenkette

BetrVG §§ 99-101; RVG § 33; GKG § 42 Abs. 4

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 20.04.2010; Aktenzeichen 25 BV 17/09)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2) (Arbeitgeber) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. April 2010 – 25 BV 17/09 – abgeändert:

Der Gegenstandswert für das Beschlussverfahren 25 BV 17/09 wird auf EUR 9.490,00 festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde des Beteiligten zu 2) (Arbeitgeber) zurückgewiesen.

Eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben.

Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt.

 

Tatbestand

I.

Gegenstand des zu Grunde liegenden Beschlussverfahrens waren die Anträge des Betriebsrats, die Einstellung der Arbeitnehmer S.H., H.L., C.B. und R.W. aufzuheben (§ 101 BetrVG). Das Bruttomonatsentgelt des Arbeitnehmers S.H. betrug EUR 2.114,00, des Arbeitnehmers H.L. EUR 1.758,00, des Arbeitnehmers C.B. EUR 3.576,00 und des Arbeitnehmers R.W. EUR 2.042,00 (Gesamtbruttomonatsentgelt der vorgenannten vier Arbeitnehmer = EUR 9.490,00).

Das Arbeitsgericht hat den Gegenstandswert nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 20. April 2010 auf EUR 18.980,00 festgesetzt. Gegen diesen ihm am 22. April 2010 zugestellten Beschluss hat der Arbeitgeber unter dem 26. April 2010 Beschwerde eingelegt, die am 29. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Der Arbeitgeber sieht als Gegenstandswert ein Monatsentgelt der entsprechenden Mitarbeiter als angemessen an und regt ferner an, im Hinblick auf Parallelverfahren einen Abschlag vorzunehmen. Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 17. Mai 2010, nachdem die Beteiligten zuvor angehört worden sind, der Beschwerde des Arbeitgebers nicht abgeholfen. Es hat ausgeführt, der Gegenstandswert für den Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung eines Leiharbeitnehmers entspreche dem Entgelt, welches der Arbeitgeber für eine zweimonatige Leihe des betroffenen Arbeitnehmers aufzuwenden habe. Die Erwägungen zur Gegenstandswertermittlung im Rahmen des § 99 BetrVG gelten auch für einen Antrag nach § 101 BetrVG. Ein Abschlag allein deshalb, weil gleichzeitig über eine Mehrzahl gleichartiger Fälle zu entscheiden sei, komme regelmäßig nicht in Betracht.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Gegenstandswertfestsetzungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist statthaft gemäß §§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG und auch im Übrigen zulässig, insbesondere gemäß § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG fristgemäß eingelegt. Die Beschwer übersteigt EUR 200,00.

2. In der Sache selbst hatte die Beschwerde auch teilweise Erfolg.

Der Erfolg der Beschwerde resultiert zusammengefasst daraus, dass nach ständiger Rechtsprechung der angerufenen Beschwerdekammer der Gegenstandswert für den auf § 101 BetrVG gestützten Antrag des Betriebsrates, die ohne seine ordnungsgemäße Beteiligung erfolgte Einstellung aufzuheben, regelmäßig mit einem Bruttomonatsentgelt des betroffenen Arbeitnehmers zu bewerten ist. Eine Herabsetzung des Gegenstandswerts im Hinblick darauf, dass der Betriebsrat in vier Fällen die Aufhebung der Einstellung begehrt hat und dass weitere Verfahren zwischen den gleichen Beteiligten geführt worden sind, kommt nicht in Betracht. Im Einzelnen gelten folgende Rechtsgrundsätze:

a) Nach der ständigen Rechtsprechung der angerufenen Beschwerdekammer und des Landesarbeitsgerichts Hamburg ist der Gegenstandswert für den Antrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG regelmäßig mit zwei Monatsgehältern und derjenige für den Antrag nach § 100 Abs. 2 S. 3 BetrVG regelmäßig mit einem weiteren Monatsentgelt anzusetzen (so zuletzt Beschlüsse der erkennenden Beschwerdekammer vom 11. Januar 2010 – 4 Ta 18/09 – zitiert nach juris, vom 15. Januar 2009 – 4 Ta 29/08 – und vom 17. Juni 2008 – 4 Ta 6/08 – nv; vergl. auch bereits Beschlüsse vom 18. April 2007 – 4 Ta 4/07 – nv; 24. Juli 2006 – 4 Ta 6/06 – nv; 6. und 9. Januar 2006 – 4 Ta 16/05 und 4 Ta 17/05 – nv; 2. Dezember 2004 – 4 Ta 26/04NZA-RR 2005, 209 ff; vgl. ferner Beschluss der 8. Kammer des LAG Hamburg vom 27. September 2007 – 8 Ta 10/07 – EzAÜG RVG Nr. 5 und vom 20. November 2006 – 8 Ta 14/06 – nv sowie Beschluss der 3. Kammer des LAG Hamburg vom 09. Dezember 1996 – 3 Ta 21/95 – nv und 23. Mai 2002 – 3 Ta BV 2/01 – nv; vergl. auch LAG Düsseldorf Be...

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