Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert für Mehrvergleich bei Streit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses nach fristgemäßer Kündigung. Höhe des Mehrwerts bei vergleichsweiser Regelung einer Freistellung der Arbeitnehmerin
Leitsatz (amtlich)
1. Vereinbaren die Parteien in einem gerichtlichen Vergleich eine Freistellung des Arbeitnehmers, ohne dass die Parteien zuvor über den Gegenstand der Freistellungsregelung gestritten haben oder sich außergerichtlich bindend auf eine Freistellung verständigt haben, ist die Freistellungsregelung bei der Einigungsgebühr als Mehrvergleich zu berücksichtigen.
2. Jedenfalls dann, wenn die Dauer der vereinbarten Freistellung einen Monat übersteigt, beträgt der Vergleichsmehrwert der Freistellungsregelung ein Bruttomonatsgehalt.
Normenkette
RVG § 33; RVG-VV Nr. 1000; ZPO § 3; BGB § 779; RVG § 33 Abs. 1 Alt. 2; RVG-VV Nr. 1000 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 1003
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 30.11.2015; Aktenzeichen 5 Ca 341/15) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 30. November 2015 - 5 Ca 341/15 - abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Der Gegenstandswert wird für die Klage auf € 12.609,99 € und für den Vergleich auf 21.016,32 € (Mehrwert des Vergleichs: 8.406,66 €) festgesetzt.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren haben die Parteien über die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung, ausgesprochen zum 31. Dezember 2015, gestritten. Während des bestehenden Arbeitsverhältnisses betrug das durchschnittliche Bruttomonatsentgelt der Klägerin 4.203,33 €. Der Rechtsstreit wurde durch Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs in der Güteverhandlung am 29. Oktober 2015 erledigt, mit dem sich die Parteien auf eine Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zum 31. Juli 2016 aus betriebsbedingten Gründen verständigten. Der verfahrensbeendende Vergleich enthält unter Ziffer 3 folgende Regelung:
"Die Klägerin bleibt unwiderruflich von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung und unter Anrechnung etwaiger ihr noch zustehende (restlicher) Urlaubsansprüche bzw. Freizeitausgleichsansprüche mit der Maßgabe freigestellt, dass sie ihren restlichen Jahresurlaub 2015 zunächst antritt und der in 2016 anstehende Urlaub unmittelbar zu Beginn des Jahres 2016 genommen wird, sodass der gesamte restlich schon entstanden Urlaub und der für das Jahr 2016 entstehen Urlaub mit der Freistellung erledigt und abgegolten ist."
Mit Beschluss vom 30. November 2015, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 2. Dezember 2015, hat das Arbeitsgericht nach vorheriger Anhörung der Prozess-bevollmächtigten der Parteien für die Klage einen Gegenstandswert von 12.609,99 € angenommen. Für den Vergleich hat es einen Mehrwert in Höhe von 4.203,33 € festgesetzt. Hierbei hat es ausweislich der Anhörung der Parteien die unter Ziffer 5 getroffene Zeugnisregelung mit dem festgesetzten Betrag berücksichtigt.
Mit Schriftsatz vom 9. Dezember 2015, beim Arbeitsgericht eingegangen am 10. Dezember 2015 hat die Prozessbevollmächtigte der Klägerin Beschwerde gegen den Gegenstandswertbeschluss eingelegt und beantragt, bei der Festsetzung des Vergleichsmehrwerts zusätzlich auch die Freistellungsregelung unter Ziffer 3 des Vergleichs werterhöhend mit einem Bruttomonatsgehalt der Klägerin in Höhe von 4.203,33 € zu berücksichtigen.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2015 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht abgeholfen. In der Begründung der Nichtabhilfeentscheidung hat sich das Arbeitsgericht der Entscheidung des LAG Hamburg vom 26. August 2015 zum Aktenzeichen 1Ta 10/15 angeschlossen und ausgeführt, die Vereinbarung zur Freistellung und der damit verbundene Verzicht auf bestehende Urlaubs- und Zeitausgleichsansprüche seitens der Klägerin führe nicht zu einem Mehrwert des Vergleichs, weil es sich lediglich um einen Teil des "Preises" handele, den die Parteien gezahlt hätten, um eine Einigung über den bereits anhängigen Gegenstand zu erreichen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
1. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig.
Erledigt sich ein arbeitsgerichtlicher Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich, richtet sich die Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 Alt. 2 RVG (vgl. hierzu LAG Hessen 21.1.1999 - 15/6 Ta 630/98 - juris; LAG Schleswig-Holstein 15.12.2011 - 6 Ta 198/11 - juris m.w.N.; LAG Hamburg - 6 Ta 22/15 - juris; Schwab/Maatje NZA 2011, 769 ff., 771).
Die Berechtigung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin, den Wertfestsetzungsbeschluss als Beschwerdeführerin mit der Beschwerde anzugreifen, folgt aus § 33 Abs. 2 Satz 2 RVG. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 €. Die Frist des § 33 Abs. 3 Satz 3 RVG ist eingehalten.
2. Die Beschwerde ist begründet.
Der Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs vom 29. Oktober 2015 ist vom Arbeitsgericht zu niedrig festgesetzt worden. Zutreffend ist - wie vo...