Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch der Betriebsrat
Leitsatz (amtlich)
Auch nach der durch Gesetz vom 25.09.1996 geänderten Fassung des BetrVG hat der BR einen im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzbaren Unterlassungsanspruch gegen die Durchführung einer von dem ArbG geplanten Betriebsänderung i.S.d. § 111 BetrVG bis zum Abschluß des Verfahrens über den Interessenausgleichs gemäß § 112 Abs. 1-3 BetrVG. Dieser Anspruch ist zeitlich zu begrenzen, längstens bis zum Ablauf der in § 113 Abs. 3 S. 2 und 3 BetrVG genannten Fristen.
Normenkette
BetrVG §§ 111-113
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Beschluss vom 12.06.1997; Aktenzeichen 13 GaBV 3/97) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. Juni 1997 – 13 GaBV 3/97 – wird einschließlich des Hilfsantrages zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Von der Darstellung des Sachverhalts wird in entsprechender Anwendung des § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
II.
Die an sich statthafte und auch form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 12. Juni 1997 – 13 GaBV 3/97 – ist nicht begründet.
Die Beschwerdekammer folgt vollen Umfangs den Entscheidungsgründen des angefochtenen Beschlusses, so daß auch hierauf in entsprechender Anwendung des § 543 Abs. 1 ZPO verwiesen wird.
Hinsichtlich des Vortrages der Arbeitgeberin in der Beschwerdeinstanz soll noch folgendes hinzugefügt werden:
1. Insbesondere stimmt die Beschwerdekammer mit dem Arbeitsgericht darin überein, daß der Betriebsrat im Streitfall einen Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen kann. Im Falle einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 Betriebsverfassungsgesetz besteht gegenüber dem Betriebsrat eine Rechtspflicht, mit der Betriebsänderung zu warten, bis alle Einigungsmöglichkeiten erschöpft sind. Das Beteiligungsverfahren soll dem Betriebsrat die Möglichkeit sichern, bis in die Einigungsstelle Argumente vortragen zu können. Der Betriebsrat kann verlangen, daß alle Maßnahmen unterbleiben, bis die Einigung endgültig gescheitert ist. Der Betriebsrat kann diesen Unterlassungsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung durchsetzen (Fitting/Kaiser/Heither/Engels, Betriebsverfassungsgesetz, 18. Aufl. 1996, §§ 112, 112 a Rdnr. 17). Unterlassungsansprüche sind nur dann ausgeschlossen, wenn das Betriebsverfassungsgesetz besondere Verfahren zur Verfügung stellt, die so weitreichend und wirksam sind, daß sie als abschließende Regelung angesehen werden müssen (BAG vom 06.12.1994, AP Nr. 24 zu § 23 Betriebsverfassungsgesetz 1972). Das ist hier nicht der Fall. Der Betriebsrat kann seine Vorstellungen über die Durchführung der Betriebsänderung dann nicht mehr anbringen, wenn der Arbeitgeber einseitig vollendete Tatsachen schafft. § 113 Betriebsverfassungsgesetz kann nicht als besonderes Verfahren im vorgenannten Sinne angesehen werden. Insbesondere sind die darin enthaltenen Regelungen nicht so weitreichend und wirksam, daß sie als abschließende Regelung angesehen werden müssen. § 113 Betriebsverfassungsgesetz behandelt zumindest in seinen Absätzen 1 und 2 und in Abs. 3 Satz 1 Individualansprüche der einzelnen Arbeitnehmer für den Fall, daß ein Interessenausgleich überhaupt nicht versucht worden ist bzw. von einem Interessenausgleich ohne zwingenden Grund abgewichen wird. Die Rechte und Pflichten des Betriebsrats werden durch diese Vorschrift nicht berührt. Auch ist das Recht des einzelnen Arbeitnehmers, unter Umständen eine Abfindung bzw. einen Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile beanspruchen zu können, kein ausreichendes Äquivalent für die durch einen Interessenausgleich möglicherweise zu vermeidenden Nachteile.
Das Vorstehende gilt auch für die durch das Gesetz vom 25. September 1996 geänderte Fassung des Betriebsverfassungsgesetzes. Die §§ 111 und 112 Betriebsverfassungsgesetz haben eine Änderung nicht erfahren. Inwieweit in die Rechte des Betriebsrats durch die im Wege der Gesetzesänderung hinzugefügten Sätze 2 und 3 des § 113 Abs. 3 Betriebsverfassungsgesetz eingegriffen worden ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Unstreitig hat die Arbeitgeberin mit der Einleitung des Verfahrens nach § 111 Betriebsverfassungsgesetz frühestens am 19. Juni 1997 begonnen, in dem nach ihrem Vortrag den Betriebsrat an diesem Tage umfassend über die mit der vorgesehenen Verschmelzung einhergehenden strukturellen Maßnahmen und die damit verbundenen Änderungen für die einzelnen Arbeitnehmer unterrichtet hat. Durch die Beschränkung der Unterlassungsverfügung auf den 08. August 1997 ist auch sichergestellt, daß eine Überschreitung der in § 113 Abs. 3 Satz 2 und 3 genannten Fristen nicht zu befürchten ist. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob durch diese Fristen die kollektiven Befugnisse des Betriebsrats begrenzt werden, oder ob auch sie nur für die individuellen Ansprüche der Arbeitnehmer Geltung haben.
2. Der Betriebsrat hat im Streitfall ein Mitbestimmungsrec...