rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Leiharbeitnehmer. Einstellung. Eilbedürftigkeit. Gegenstandswert

 

Leitsatz (amtlich)

• Der Gegenstandswert für den Antrag des Arbeitgebers auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Einstellung eines Leiharbeitnehmers gemäß § 99 IV BetrVG entspricht dem Entgelt, welches der Arbeitgeber für eine zweimonatige Leihe des betroffenen Arbeitnehmers aufzuwenden hat.

• Der Gegenstandswert für den Feststellungsantrag nach § 100 II 3 BetrVG bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern dem Entgelt, welches der Arbeitgeber für eine zweimonatige Leihe des betroffenen Arbeitnehmers aufzuwenden hat.

• Eine Herabsetzung des Gegenstandswerts allein deshalb, weil gleichzeitig über eine Mehrzahl gleichartiger Fälle zu entscheiden ist, kommt regelmäßig nicht in Betracht.

 

Normenkette

BetrVG § 99 IV, § 100 II 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 23.03.2007; Aktenzeichen 19 BV 34/06)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23.03.2007 (19 BV 34/06) abgeändert. Der Gegenstandswert für das Verfahren wird auf EUR 14.760,– festgesetzt.

2. Eine Gebühr für das Beschwerdeverfahren ist nicht zu erheben.

 

Tatbestand

I. Im Ausgangsverfahren hat der Arbeitgeber beantragt, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers für den Zeitraum vom 21.08. bis zum 31.12.2006 zu ersetzen und festzustellen, dass die Einstellung aus sachlichen Gründen dringend erforderlich ist. Für die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers hatte der Arbeitgeber monatlich EUR 4.920,– aufzuwenden. Nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers erklärten die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend für erledigt. Durch Beschluss vom 27.03.2007 setzte das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das Verfahren in Anwendung von § 23 III 2 RVG auf EUR 6.000,– fest. Der Beschluss wurde den Prozessbevollmächtigten des Betriebsrats am 29.03.2007 zugestellt. Der am 12.04.2007 bei Gericht eingegangenen Beschwerde hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Beschwerde ist gemäß § 33 III RVG zulässig, sie ist insbesondere von einem Antragsberechtigten (§ 33 II 2 RVG) form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwer übersteigt EUR 200,–. Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des LAG Hamburg beträgt der Gegenstandswert für einen Antrag nach § 99 IV BetrVG, mit dem der Arbeitgeber die Zustimmung des Betriebsrat zu einer Einstellung ersetzen lassen will, 2 Monatsgehälter des betroffenen Arbeitnehmers. Für den Antrag nach § 100 II 3 BetrVG ist ein ist in diesen Fällen die Hälfte von diesem Wert, also ein weiteres Monatsgehalt in Ansatz zu bringen (LAG Hamburg v. 20.11.2006 – 8 Ta 14/06 – juris; v. 09.12.1996 – 3 Ta 21/95 – n. v.; v. 27.08. 1998 – 3 Ta 14/99 – n. v.; v. 02.12.2004 – 4 Ta 26/04 – NZA-RR 05, 209; v. 15.03.2000 – 5 Ta 2/00 – juris; ebenso LAG Düsseldorf v. 11.05.1999 – 7 Ta 143/99 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 41).

Zutreffend ist das Arbeitsgericht allerdings davon ausgegangen, dass es bei dem Streit um die Ausübung eines Mitbestimmungsrechts durch den Betriebsrat um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit handelt (LAG Hamburg v. 20.11.2006 – 8 Ta 14/06 – juris, Tz 9; v. 02.12.2004 – 4 Ta 26/04 – NZA-RR 05, 209; LAG Berlin v. 18.03.2003 – 17 Ta(Kost) 6009/03 – NZA 04, 342; LAG Bremen v. 18.08.2000 – 1 Ta 45/00 – LAGE § 8 BRAGO Nr. 46). Bei der Festsetzung des Gegenstandswerts für eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit ist in erster Line auf die materielle Bedeutung der Sache und auf die wirtschaftlichen Auswirkungen des Rechtsstreits abzustellen. Darüber hinaus können rechtliche und tatsächliche Besonderheiten des Falles angemessen berücksichtigt werden, soweit dafür objektivierbare Anhaltspunkte erkennbar sind.

Eine Orientierung an dem in § 23 III RVG genannten Hilfswert, wie sie das Arbeitsgericht im angefochtenen Beschluss vorgenommen hat, hält die Beschwerdekammer bei Anträgen nach § 99 IV BetrVG im Regelfall nicht für sachgerecht. Sie berücksichtigt zu wenig, dass Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nicht um ihrer selbst willen bestehen. Sie dienen vielmehr dazu, den Arbeitgeber dazu zu veranlassen, neben den eigenen Interessen auch die Belange der durch den Betriebsrat repräsentierten Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Bei einer Einstellung richtet sich das Interesse des Arbeitgebers darauf, den betroffenen Arbeitnehmer tatsächlich zu beschäftigen und in den betrieblichen Ablauf zu integrieren. Das wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Einstellung kommt deshalb regelmäßig in der Höhe der vereinbarten Vergütung zum Ausdruck (LAG Hamburg v. 20.11.2006 – 8 Ta 14/06 – juris, Tz 12; ebenso LAG Hamburg v. 09.12.1996 – 3 Ta 21/95 – n.v.). Die vereinbarte Vergütung ist deshalb auch als Anknüpfungspunkt für die Festsetzung des Gegenstandswert beim Streit um die Mitwirkung des Betriebsrats geeignet, weil dessen Zustimmung – oder deren Ersetzung im gerichtlichen...

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