Verfahrensgang

ArbG Hamburg (Beschluss vom 20.06.1991; Aktenzeichen 7 Ca 118/91)

 

Tenor

Die Beschwerde der Herren Rechtsanwälte … vom 02.07.1991 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20.06.1991 – 7 Ca 118/91 – wird zurückgewiesen.

 

Gründe

Die von den im Tenor bezeichneten Herren Rechtsanwälten, den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin, eingelegte Beschwerde war an sich gemäß § 10 Abs. 3 S. 1 BRAGO statthaft und, weil sie nach § 10 Abs. 3 BRAGO frist- und formgerecht eingelegt worden ist (§§ 10 Abs. 4 BRAGO, 569 ZPO), auch zulässig.

Sie war als im eigenen Namen der vorgenannten Herren Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eingelegt anzusehen, weil nur sie, nicht aber auch die Klägerin, durch den angefochtenen Beschluß des Arbeitsgerichts Hamburg beschwert sind.

Sachlich konnte sie jedoch keinen Erfolg haben; die Beschwerde erwies sich als unbegründet.

Das Beschwerdegericht folgt der Ansicht der Beschwerdeführer nicht, wonach in einem Rechtsstreit auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit einer Versetzung und der Zuweisung einer anderen Tätigkeit der Gegenstandswert des § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG, nämlich drei Bruttomonatsverdienste, anzusetzen sei.

In entsprechender Anwendung des § 313 Abs. 3 ZPO werden die Erwägungen, auf denen die Entscheidung beruht, kurz zusammengefaßt:

Bei dem Streit um die Wirksamkeit einer Versetzung und Zuweisung einer anderen Tätigkeit handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit, deren Bewertung nach § 3 ZPO stattzufinden hat.

Für die Bemessung des Gebührenstreitwertes ist entsprechend einer Änderungsschutzklage, die Ansprüche des Arbeitnehmers betrifft, der Wert gemäß § 3 ZPO vom Gericht nach freiem Ermessen festzusetzen. Das Beschwerdegericht ist dabei nicht auf die Überprüfung beschränkt, ob bei der Festsetzung des Gegenstandswertes durch das Vordergericht von dem Ermessen richtig Gebrauch gemacht oder ob es willkürlich ausgeübt worden ist (OLG München, Beschluß vom 22.05.1968 – W 1/87 –, NJW 1968, S. 1937). Vielmehr tritt das Beschwerdegericht hinsichtlich der Ausübung des freien Ermessens an die Stelle des Vordergerichts.

Für die Bemessung des Betrages ist entscheidend, was den Streitgegenstand der Klage bildet, insbesondere also die Frage, inwieweit die Arbeitsbedingungen auf der Seite der vom Arbeitnehmer zu erbringenden Leistungen und/oder auf der Seite der von ihm zu fordernden Leistungen gegenüber dem bisherigen Stand verändert werden sollen (vgl. BAG, Beschluß vom 23.03.1989 – 7 AZR 527/85 – in EzA Nr. 64 zu § 12 ArbGG, Streitwert).

Da Versetzungen, Änderungen von Arbeitsbedingungen ebenso wie Änderungskündigungen sehr unterschiedliche Sachverhalte betreffen können, wie z.B. nur eine geringfügige Änderung des Arbeitsverhältnisses, die dem Arbeitnehmer ohne weiteres zuzumuten ist, zum Inhalt haben können, aber auch sehr weitreichende Änderungen, die dem Arbeitnehmer unzumutbar sind, kann das Interesse der Parteien am Ausgang des Verfahrens sehr unterschiedliches Gewicht haben. Eine nivellierende Festsetzung des Gebührenstreitwertes würde diesem unterschiedlichen wirtschaftlichen und ideellen Interesse der Parteien nicht gerecht werden (vgl. zur ähnlichen Problematik bei Klagen gegen Änderungskündigungen, BAG, a.a.O.).

Zur Beurteilung des Interesses der Klägerin im Rahmen, dieses Rechtsstreits sind die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Beschluß vom 29.09.1988 – 1 ABR 37/87 – (in NZA 1989, S. 188 f) heranzuziehen, in dem es um die Mitwirkung des Betriebsrates bei Versetzungen bzw. Abordnungen ging. Danach liegt eine Versetzung i.S.v. § 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG dann vor, wenn die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet oder mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Die Zuweisung eines „anderen Arbeitsbereiches” soll dann vorliegen, wenn dem Arbeitnehmer ein neuer Tätigkeitsbereich zugewiesen wird, so daß der Gegenstand der nunmehr geforderten Arbeitsleistung, also der Inhalt der Arbeitsleistung, ein anderer wird und sich das Gesamtbild der Tätigkeit des Arbeitnehmers ändert (vgl. BAG, Urteil vom 21.01.1987 – 4 AZR 547/86 –, NZA 1987, S. 233).

Diese Ausführungen sind nicht nur für die Frage nach dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, sondern auch für die Beurteilung der Bedeutung einer Versetzung für den jeweils betroffenen Arbeitnehmer heranzuziehen. Auch bei Versetzungen hängt der Wert des Gegenstandes von deren Auswirkung auf das Arbeitsverhältnis der betroffenen Arbeitnehmer ab (vgl. Wenzel, Der Streitwert des arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahrens, DB 1977, S. 722 f).

Insbesondere die Ausführungen des BAG, a.a.O., zu den Anforderungen an eine Bewertung als „erhebliche Änderung der Umstände” enthalten allgemeingültige Beurteilungskriterien. Die Arbeit an einem anderen Ort führt zwar stets zu einer Veränderung der Umstände, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Der Weg zum Arbeitsort wird ein anderer. Er kann länger sein und daher mehr Wegezeit in...

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