Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrentenanpassung aufgrund einer Gesamtbetriebsvereinbarung mit Anpassungsvorbehalt. Zahlungsklage auf wiederkehrende Leistungen bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitgeberin zu den finanziellen Gründen ihrer Anpassungsentscheidung und Missachtung der Verteilungsgrundsätze
Leitsatz (amtlich)
1. Ist in einer Gesamtbetriebsvereinbarung vorgesehen, dass der Vorstand von einer in der Vereinbarung vorgesehenen Erhöhung der Betriebsrente entsprechend der Erhöhung der gesetzlichen Altersrente absehen kann, wenn er diese nicht für vertretbar hält, bedarf dieses auf das Unternehmen bezogener wirtschaftlicher, in der Regel finanzieller Gründe.
2. Ist in der Gesamtbetriebsvereinbarung die Erhöhung der Gesamtversorgungsbezüge geregelt, so verstößt die Entscheidung der Arbeitgeberin, nur einen Bestandteil der Gesamtversorgungsbezüge zu erhöhen, gegen die Verteilungsgrundsätze der Gesamtbetriebsvereinbarung und ist damit unwirksam.
Normenkette
BetrVG § 77; BGB §§ 133, 157; BetrAVG § 16; BetrVG § 77 Abs. 4 S. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 10; BGB § 315; ZPO § 258
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 02.05.2017; Aktenzeichen 25 Ca 490/16) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 02. Mai 2017 - 25 Ca 490/16 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger beginnend mit dem 01. Juli 2017 über den Betrag von 7.832,77 € hinaus jeweils zum ersten eines Monats einen Betrag in Höhe von 424,53 € brutto zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 6.498,24 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins auf 124,93 € seit dem seit dem 02. Juli 2015, auf 124,93 € seit dem 02. August 2015, auf 124,93 € seit dem 02. September 2015, auf 124,93 € seit dem 02. Oktober 2015, auf 124,93 € seit dem 02. November 2015, auf 124,93 € seit dem 02. Dezember 2015, auf 124,93 € seit dem 02. Januar 2016, auf 124,93 € seit dem 02. Februar 2016, auf 124,93 € seit dem 02. März 2016, auf 124,93 € seit dem 02. April 2016, auf 124,93 € seit dem 02. Mai 2016, auf 124,93 € seit dem 02. Juni 2016, auf 416,59 € seit dem 02. Juli 2016, auf 416,59 € seit dem 02. August 2016, auf 416,59 € seit dem 02. September 2016, auf 416,59 € seit dem 02. Oktober 2016, auf 416,59 € seit dem 02. November 2016, auf 416,59 € seit dem 02. Dezember 2016, auf 416,59 € seit dem 02. Januar 2017, auf 416,59 € seit dem 02. Februar 2017, auf 416,59 € seit dem 02. März 2017, auf 416,59 € seit dem 02. April 2017, auf 416,59 € seit dem 02. Mai 2017, auf 416,59 € seit dem 02. Juni 2017 zu zahlen.
Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird für die Beklagte zugelassen. Für die Klägerin wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe der Anpassung der Betriebsrente des Klägers zum 01. Juli 2015, 01. Juli 2016 und 01. Juli 2017.
Der Kläger war vom 01. April 1958 bis zum 31. Dezember 1995 bei der B. D. L. AG beschäftigt. Die Beklagte ist als Rechtsnachfolgerin der B. D. L. AG die Versorgungsschuldnerin.
Zuletzt war der Kläger als leitender Angestellter auf Grundlage eines Dienstvertrages vom 23. Dezember 1982 (Anlage B 3, Bl. 149 ff. d. A.) tätig. Nach den Bestimmungen dieses Dienstvertrags hat der Kläger einen Versorgungsanspruch gegen die Beklagte. Der Versorgungsanspruch beträgt gemäß § 7 Ziffer 1 des Dienstvertrages nach 10 Dienstjahren 50 %, steigend mit jedem weiteren Dienstjahr um 1 % bis höchstens 70 % des durchschnittlichen versorgungsberechtigten Gehalts gemäß § 5 Ziffer 2. Nach § 8 des Dienstvertrags werden auf den Versorgungsanspruch die dort aufgeführten Leistungen angerechnet, u.a. die Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung (lit. b) und aus der Versorgungskasse der B. VVaG (lit. c). § 9 des Dienstvertrages (Anlage B 3, Bl. 153 d. A.) lautet wie folgt:
"Werden die betrieblichen Versorgungsansprüche gemäß den Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerks an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse angepaßt, so verändern sich die Versorgungsansprüche des Vertragsinhabers oder die seiner Witwe und Waisen in dem gleichen Verhältnis."
Bei den in § 9 des Dienstvertrags in Bezug genommenen Bestimmungen des Betrieblichen Versorgungswerkes (im Folgenden: BVW) und den dazu erlassenen Ausführungsbestimmungen (im Folgenden: Ausführungsbestimmungen) handelt es sich um eine Betriebsvereinbarung.
Die Grundbestimmungen des BVW in der Fassung vom 19. April 2002 enthalten unter anderem folgende Regelungen (Anlage K 1, Bl. 18 ff. d.A. / Anlage B 4, Bl. 154 ff. d.A.):
"§ 1 Zweck des Pensionsergänzungsfonds
Der Zweck des Pensionsergänzungsfonds ist, den anspruchsberechtigten Betriebsangehörigen bzw. ihren versorgungsberechtigten Hinterbliebenen eine Pensionsergänzung zu...